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Vorwort

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Im Sommer 2011 traf ich Thomas Milleker das erste Mal. Ein gut gebauter, durchtrainierter, braun gebrannter, sportlich elegant gekleideter Mittfünfziger mit glattrasiertem Kopf und Sonnenbrille saß vor mir und erzählte mir in schwäbisch eingefärbtem Hochdeutsch seine Lebensgeschichte. Seine anfängliche Bemerkung, ich solle mich von seinem harten Äußeren nicht täuschen lassen, weil in ihm ein ganz weicher Kern schlummere, bewahrheitete sich bei jedem Satz. Er erzählte mir, wie er „aus purer Dummheit“ in einen millionenschweren Drogencoup hineingeschlittert war. Dabei wollte er vor 14 Jahren bei seiner Reise nach Recife in Brasilien eigentlich nur mit seinem Freund und Bodybuilding-Kollegen eine Kebab-Imbisskette eröffnen und ein neues Leben anfangen. Seine innere Betroffenheit klang in seiner Stimme wider, als er mir von seiner Verhaftung und der anschließenden Verwahrung im Anibal Bruno, dem wohl schlimmsten Gefängnis der Welt, erzählte. Und als er mir beschrieb, wie er im Gefängnis fast gestorben wäre, dann aber dort, an dem dunkelsten aller Orte, in tiefster Finsternis, eine Begegnung mit Gott gehabt hatte, die sein Leben im wahrsten Sinne des Wortes völlig veränderte, war er tief berührt. Wischte er sich an dieser Stelle eine Träne weg oder rieb er sich einfach nur so die Augen? Ich machte mir eifrig Notizen und war fasziniert von dieser Welt, die sich mir gerade durch die kurzen Erzählungen des Thomas Milleker eröffnete. Meine Neugier war geweckt und ich wollte mehr hören, detailliertere Beschreibungen des Erlebten, und ich bekam große Lust, das Gehörte für die große, weite Welt niederzuschreiben. Ich wollte sie Anteil nehmen lassen an einer einzigartigen Lebensgeschichte, in der Drogen, Korruption, Überlebenskampf und ein liebender Gott die Hauptrollen spielten.

Wieder zu Hause, schickte Thomas Milleker mir einen Ordner zu, in dem er sämtlichen Schriftverkehr, alle Dokumente und auch Zeitungsberichte, die mit seinem Fall zu tun gehabt hatten, aufbewahrte. Diese Zeitzeugen tauchen immer wieder in meiner Erzählung auf. Alle zitierten Briefe und Briefauszüge sind ebenfalls authentisch. Außerdem telefonierten Thomas und ich regelmäßig. Ich ließ mir von ihm eine Episode nach der anderen erzählen, die ich dann zu Papier brachte und ihm entweder zuschickte oder beim nächsten Telefonat vorlas.

Als ich ihm wieder einmal ein Buchkapitel nach Fertigstellung vorgelesen hatte, herrschte erst einmal große Stille am anderen Ende der Leitung. Dann sagte Thomas: „Ist das schon alles? Ich würde gerne noch mehr hören. Es ist gerade so spannend!“

Das war das größte Lob, das mir jemand hätte aussprechen können. Er, der Protagonist dieses Buches, konnte es nicht abwarten, das nächste Kapitel vorgelesen zu bekommen!

Um möglichst viele Seiten des Erlebten zu beleuchten, telefonierte ich mit der damals zuständigen Polizeibehörde, dem Anwaltsbüro Rose und sprach mit Thomas’ Schwestern. Bei meinen Internet-Recherchen stieß ich sogar auf „den Kannibalen“, den ich aus Thomas Erzählungen schon kannte, und auch auf eine detaillierte Beschreibung seiner „Zelle“. Keine dieser Detailbeschreibungen ist also dazugedichtet. Allerdings habe ich einige Stellen, die niemand der Beteiligten durch eigene Erzählungen schildern konnte, selbst aufgefüllt. Damit der Leser sie von den authentischen Berichten unterscheiden kann, habe ich sie in kursive Form gesetzt. Die Namen aller Beteiligten habe ich verfremdet, außer die der Familie unseres Protagonisten: Thomas Milleker.

Esther Dymel-Sohl

Es war im Sommer 2006. Deutschland war im Fußballfieber. Ein Freund lud mich zu einer Public-Viewing-Veranstaltung in eine Kirche ein. „In einer Kirche Fußball schauen, darf man das?“, war mein erster Gedanke. Ich hatte eine bestimmte Vorstellung, wie Kirche und Christen sein sollten.

Ich nahm die Einladung dennoch an und staunte nicht schlecht. Die Veranstaltungen waren anders als erwartet, und auch wenn ich mich so gar nicht für den Fußball interessierte, für die Menschen, die vor Ort waren, umso mehr.

In mir begann etwas aufzukeimen: Der Wunsch nach Glauben und Leben. Was mir schon immer Mühe gemacht hatte, war die Widersprüchlichkeit zwischen Frömmigkeit und Alltag im Leben vieler Menschen. Oft hatte ich den Eindruck, man kann nur in einer Kirche richtig fromm sein. Das machte mich sehr betroffen. Denn in meinem Leben habe ich auf dramatische Art und Weise erlebt, dass Gott mitten im Leben zu Hause ist. Ja, mitten in meinem Leben! Diese Kirche zeigte mir, dass es eben kein Widerspruch sein muss! Ich schloss mich dieser Kirche an und erlebte wertvolle Jahre der Ermutigung und Stärkung meines Glaubens.

Der kleine Keim von damals wuchs zu einer immer stärkeren Pflanze heran. Der Wunsch, meinen Mitmenschen die Geschichte einer bestimmten Phase meines Lebens mitzuteilen, mündete in dem Anliegen, dieses Buch zu verfassen. Was ich hier dokumentiere, soll deutlich machen: Gott ist da. Immer. Zu jeder Zeit. Er ist kein Gott des Widerspruches, sondern des Lebens. Auch wenn scheinbar alles aus den Fugen gerät: Er ist da.

Ich möchte den Leser einladen, sich mit mir auf das Wagnis einzulassen, Glauben und Leben im Alltag zu erleben. Meine Geschichte ist speziell, dramatisch, notvoll und doch voller Hoffnung. Und ich bin von dem Wunsch getragen, dass sich auch für den Leser Widersprüche des Lebens auflösen und dass Hoffnung wieder in den Fokus gerückt wird.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich Frau Esther Dymel-Sohl danken. Ohne sie wäre das Buch nicht das, was es jetzt ist: Ein Dokument meines Herzens! Sie wurde mir als Autorin empfohlen und ich bin ausnahmslos von ihrer Kompetenz überzeugt. Am meisten hat mich ihre Fähigkeit beeindruckt, sich emotional und mental auf meine Geschichte einzulassen.

Irgendwann fragte ich sie einmal: „Sag mal, warst du im Gefängnis oder ich?!“ Es ist ihr tatsächlich gelungen, aus meinem Herzen heraus zu schreiben. Außerdem hat sie in überdurchschnittlicher Fleißarbeit Recherchen angestellt und mit Behörden, Büros und meiner Familie telefoniert, um die Authentizität meiner Geschichte zu untermauern. Dinge, die „zwischen den Zeilen“ geschehen sind, haben wir miteinander rekonstruiert und interpretiert und in kursive Schrift gesetzt.

Noch einmal will ich es unterstreichen: Gott ist kein Widerspruch. Im Gegenteil: Auf einmal ist er da!

Thomas Milleker, Langenbrand, 2016

Freiheit hinter Gittern

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