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Multinationale Unternehmen als Antriebskräfte der Globalisierung

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Die Globalisierung wird in öffentlichen Debatten oft als allumfassender Sachzwang beschrieben, der quasi von selbst abläuft.37 Sie scheint – ganz nach der klassischen Wirtschaftstheorie von Adam Smith – von einer «unsichtbaren Hand des Marktes» gelenkt zu werden. In diesem Wirtschaftsmodell funktioniert der Markt als ein sich selbst regulierendes Zusammenspiel von Anbietern und Nachfragern, die als gleichrangig betrachtet werden. Durch den Marktmechanismus festgelegte Gleichgewichtspreise sind das einzige Koordinationsinstrument, wobei davon ausgegangen wird, dass die wirtschaftlichen Prozesse unter Bedingungen perfekt funktionierender Märkte ablaufen, das heisst, dass sich alle Marktteilnehmer rational verhalten, freien Zugang zu allen relevanten Informationen besitzen, der Marktablauf keine Kosten verursacht und überall vollständige Konkurrenz herrscht.38 Unter diesen Bedingungen lassen sich weder Marken noch Unternehmen – geschweige denn multinationale Grosskonzerne – erklären: Da in diesem Modell alle notwendigen Marktinformationen vorhanden sind, wären Marken und Werbung ebenso überflüssig wie Unternehmen als Koordinationseinheiten.39

Empirisch betrachtet, gab es diesen vollkommenen Markt der klassischen Ökonomie allerdings nie. Märkte waren und sind immer in soziokulturelle, politische und rechtliche Strukturen eingebunden, weshalb die Wirtschaft gleichermassen auf Markt- und Machtbeziehungen zwischen Akteuren basiert.40 Neben der «unsichtbaren Hand des Marktes» scheint die Weltwirtschaft also auch von «sichtbaren Händen»41 gesteuert zu werden. Entscheidende Ansätze zu einer solchen Theorie entwickelten in den 1930er-Jahren Joseph Schumpeter in seiner «Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung»42 sowie Ronald Coase in seinem Aufsatz «The Nature of the Firm» (1937). Während bei Schumpeter Unternehmer mit ihren strategischen Entscheidungen bedeutende Wachstumsschübe in der Wirtschaft auslösen,43 widersprach Coase der bisherigen Annahme, dass alle Entscheidungssubjekte die gewünschten Informationen augenblicklich und kostenlos erhalten und verbreiten können, und wies auf die Wichtigkeit von sogenannten Transaktionskosten hin, die bei Austauschprozessen auf Märkten anfallen.44

Ausgehend von der Grundfrage, ob eine Volkswirtschaft zentral oder dezentral gesteuert werden soll, stellte er fest, dass es nicht nur eine, sondern zwei Formen des wirtschaftlichen Handelns gibt: auf der einen Seite die zentralistische, hierarchische Struktur des Unternehmens, auf der anderen Seite die dezentrale Struktur des Marktes. Um die beiden parallel zueinander existierenden Organisationsformen zu erklären, setzte Coase Transaktionskosten als Analyseinstrument ein: Unternehmen existieren, weil bei Austauschprozessen Informations-, Vertrags- und Überwachungskosten45 entstehen. Der Vorteil der Internalisierung dieser Austauschprozesse innerhalb des Unternehmens liegt darin, dass Unternehmen in einem chaotisch funktionierenden Marktsystem durch ihre festen Strukturen Ordnung schaffen und damit Unsicherheiten reduzieren. Umgekehrt fallen bei der firmeninternen Organisation Kosten hierarchischer Koordination an. Mit wachsender Grösse wird es daher für ein Unternehmen immer schwieriger, den Überblick über seine Aktivitäten zu behalten und die Produktionsfaktoren effizient einzusetzen. Ein Unternehmen kann sich deshalb nur so lange ausdehnen, bis die hierarchischen Koordinationskosten den Vorteilen der Informations- und Vertragskosten entsprechen.46

Folglich lassen sich Grossunternehmen dadurch erklären, dass innerhalb dieser Unternehmen Güter gehandelt werden, die hohe Transaktionskosten verursachen. Dies gilt insbesondere für unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteile, die nur schwer oder mit grossen Risiken auf Märkten gehandelt werden können. Sie werden daher unternehmensintern ins Ausland transferiert, wodurch sich multinationale Unternehmen herausbilden, die für Geoffrey Jones als wichtigste Förderer von Investitionen, Handel und Wissen über nationale Landesgrenzen hinaus die zentralen Antriebskräfte des Globalisierungsprozesses sind.47 Um die Ursachen der Globalisierung zu verstehen ist es daher wichtig, diese nicht nur als makroökonomische Waren- und Finanzströme zu betrachten, sondern auch mikroökonomisch aus der Sicht multinationaler Unternehmen zu begreifen.48

Flagschiff Nescafé - Nestlés Aufstieg zum grössten Lebensmittelkonzern der Welt

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