Читать книгу Flagschiff Nescafé - Nestlés Aufstieg zum grössten Lebensmittelkonzern der Welt - Thomas P Fenner - Страница 9

Wettbewerbsvorteile als Grundlage multinationaler Grosskonzerne

Оглавление

Warum entstehen multinationale Unternehmen überhaupt, und was treibt sie zu Wachstum an? Aufbauend auf den Theorien von Schumpeter und Coase entwickelte Alfred D. Chandler in seinen Werken «The visible Hand»49 und «Scale and Scope»50 die heute bedeutendste Erklärung für Grossunternehmen, während John H. Dunning die Wettbewerbsvorteile von multinationalen Unternehmen weiter spezifizierte und damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis multinationaler Grosskonzerne lieferte.

In «Scale and Scope» begründete Chandler den Erfolg von Grosskonzernen mit sogenannten Grössenvorteilen, die er in drei Komponenten teilt: Erstens «Economies of Scale» oder Skalenerträge, welche die Produktionskosten pro Einheit senken, weil die Fixkosten mit steigender Ausstossmenge auf immer mehr Einheiten verteilt werden. Zweitens «Economies of Scope» oder Verbundsvorteile, die eine bessere Auslastung bestehender Kapazitäten ermöglichen, indem Produkte mit verbindenden Elementen wie gemeinsamen Rohstoffen, Verfahren und Vertriebsstrukturen auf denselben Produktionsanlagen hergestellt werden. Drittens reduziert die vertikale Internalisierung des Ressourcenflusses die Transaktionskosten. Grosse Fabriken können dadurch ihre Produkte billiger produzieren als kleine Produktionsanlagen.

Um diese Kostenvorteile im Bereich der Produktion zu nutzen, muss das Verkaufsvolumen allerdings mit dem Produktionsvolumen Schritt halten. Deshalb bauten Grossunternehmen internationale Verkaufs- und Vermarktungsapparate auf. Auch hier können wiederum «Economies of Scale» und «Economies of Scope» erzielt werden, indem bei steigenden Stückzahlen die Fixkosten von Handelsniederlassungen sinken, die Produkte rationell über grosse Warenhäuser oder Supermärkte verkauft werden und verschiedene Produkte dieselben Distributionskanäle nutzen. Die Massenproduktion führte zu Massenvertrieb und Massenkonsum, der wiederum durch Vermarktungsmassnahmen sichergestellt werden musste.51

Bei der Harmonisierung der Produktion und Distribution betonte Chandler die Bedeutung der Manager, die innerhalb des Unternehmens als «sichtbare Hand» die Koordinationsfunktion von Märkten übernehmen. Laut Chandler entwickelten sich moderne Grossunternehmen dadurch zu den stärksten Institutionen und Entscheidungsträgern der Wirtschaft. Sie veränderten Strukturen und begannen Wirtschaftssektoren zu dominieren,52 was schliesslich zu Oligopolen führte: Branchen wurden von wenigen Grosskonzernen beherrscht, die ihre Produkte gegenüber der Konkurrenz kontinuierlich verbesserten, Unternehmen im gleichen Marktsegment aufkauften (horizontale Integration), vorgelagerte oder nachgelagerte Verarbeitungsprozesse ins Unternehmen integrierten (vertikale Integration), in andere Länder expandierten und ihre Produktpalette diversifizierten. Dabei stellte Chandler fest, dass die ersten Unternehmen in diesem Prozess gegenüber später folgenden Vorteile besassen, die er «First-Mover-Advantages» nannte.53

Gleichzeitig stehen diesen Managern und multinationalen Unternehmen Konsumenten gegenüber, die keine beliebig beeinflussbaren Marionetten sind, sondern als Akteure mit eigenen Geschmacks- und Konsumpräferenzen das Marktgeschehen mitbeeinflussen.54 Multinationale Grosskonzerne werden daher nicht nur durch Managementstrategien hierarchisch von oben nach unten, sondern durch Marktbedingungen, Produkteigenschaften und Konsumpräferenzen ebenfalls von unten nach oben gesteuert. Dunning begründet multinationale Grosskonzerne deshalb nicht nur mit der globalen Verwertung von Wettbewerbsvorteilen wie Grössenvorteilen, einer überlegenen Technologie oder stillem Wissen, die er als «Owner-specific Advantages» bezeichnet, sondern auch mit dezentral an einen Ort gebundenen «Local-specific Advantages» wie lokalen Marktkenntnissen oder lokalen Produktionsstätten, mit denen sich Handelshemmnisse umgehen lassen.55 In diesem Spannungsfeld zwischen globalem Unternehmen und lokalen Marktbedingungen steht das Markenprodukt, an dem sich sowohl die globalen Wettbewerbsvorteile multinationaler Unternehmen als auch die Adaption an die lokalen Konsumentenwünsche spiegeln, auf denen multinationale Unternehmen gründen.

Flagschiff Nescafé - Nestlés Aufstieg zum grössten Lebensmittelkonzern der Welt

Подняться наверх