Читать книгу Handbuch Medizinrecht - Thomas Vollmöller - Страница 132

3. Neue Aufgaben und Strukturen der Selbstverwaltung in der Gesetzlichen Krankenversicherung

Оглавление

113

Weitere Veränderungen kamen mit den zum 1.4.2007 in Kraft getretenen Regelungen im Rahmen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG)[146] auf die vertragsärztliche Selbstverwaltung zu, hier insbesondere durch die Einführung des Gesundheitsfonds ab dem 1.1.2009, § 271 SGB V. Die gesetzliche Krankenversicherung hat danach die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 314 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 315 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sicherzustellen, § 75 Abs. 3a SGB V.

114

Zwar hat das BVerfG eine Klage von Unternehmen der privaten Krankenversicherung gegen die Neuregelungen insbesondere zum so genannten Basistarif abgewiesen, zugleich jedoch dem Gesetzgeber eine „Beobachtungspflicht“ hinsichtlich der Gefährdung des Geschäftsmodells der privaten Krankenversicherung ins Stammbuch geschrieben.[147]

115

Die KV dürfen Dienstleistungsgesellschaften gründen, die beim Abschluss von Verträgen, welche die Versorgung der Versicherten mit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betreffen, bei Datenverarbeitung, Datensicherung und Datenschutz, in allgemeinen wirtschaftlichen Fragen, welche die Vertragsarzttätigkeit betreffen, bei der Vertragsabwicklung für Vertragspartner von Verträgen, welche die Versorgung von Versicherten mit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betreffen und bei der Übernahme von Verwaltungsaufgaben von Praxisnetzen tätig werden können, § 77a Abs. 2 Nr. 1–5 SGB V.

116

Hinweis

Eine Finanzierung der Dienstleistungsgesellschaften aus Mitteln der KV oder KBV ist ausgeschlossen, § 77a Abs. 3 S. 2 SGB V.

117

KBV und Spitzenverbände der Krankenkassen wurden gesetzlich verpflichtet, ein Institut zu gründen, das den Bewertungsausschuss bei seinen Aufgaben unterstützt; das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse des Bewertungsausschusses beanstanden und ergänzende Stellungnahmen anfordern, § 87 Abs. 3b, 6 SGB V. Bei den vom G-BA zu beschließenden Richtlinien ist u.a. der Punkt „Qualitätssicherung“ neu aufgenommen worden, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 13 SGB V. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die beschlossenen Richtlinien beanstanden und zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen fordern, § 94 Abs. 1 S. 2, 3 SGB V.

118

Die bisherigen §§ 136a und 136b SGB V zur Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung wurden neu geregelt: Nach § 137 Abs. 1 S. 2 SGB V erlässt der G-BA auch die notwendigen Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen „insbesondere für Vergütungsabschläge der Leistungserbringer, die ihre Verpflichtung zur Qualitätssicherung nicht einhalten.“ Dabei sind die Richtlinien sektorenübergreifend zu erlassen, Abs. 2 S. 1.[148] Die Richtlinie über die einrichtungs- und sektorenübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 13 i.V.m. § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aus dem Jahr 2010 ist 2019 in der Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung aufgegangen.[149]

119

Der G-BA legt zur Förderung der Qualität ein gestuftes System von Folgen der Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen in Form von Richtlinien fest, § 137 Abs. 1 SGB V. Er ist ermächtigt, neben Maßnahmen zur Beratung und Unterstützung bei der Qualitätsverbesserung je nach Art und Schwere von Verstößen gegen wesentliche Qualitätsanforderungen angemessene Durchsetzungsmaßnahmen vorzusehen, als da sind Vergütungsabschläge, Wegfall des Vergütungsanspruchs für Leistungen, bei denen Mindestanforderungen nicht erfüllt sind, die Information Dritter über die Verstöße, sowie die einrichtungsbezogene Veröffentlichung von Informationen zur Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen.

120

Um Verfahren zur Messung und Darstellung der Versorgungsqualität für die Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung zu entwickeln, beauftragt der G-BA ein Institut, das sich auch an der Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung zu beteiligen hat, § 137a Abs. 1 SGB V. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat nicht nur den Nutzen, sondern auch die Kosten von Arzneimitteln zu bewerten, § 139a Abs. 3 Nr. 5 SGB V. Die Nutzenbewertung von Arzneimitteln wurde unter Verantwortung des G-BA durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), das zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, neu geregelt.[150]

121

Mehr denn je droht dem Arzt die Reduzierung seiner Funktion als „einer verteilenden Instanz auf unterster Ebene im System der Daseinsvorsorge einer medikalisierten Gesellschaft.“[151]

122

Ebenso bedenklich ist die schleichende Aushöhlung des Aufgabenbestandes der KV, die diesen Körperschaften sowohl als Träger funktionaler Selbstverwaltung, als auch im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Pflichtmitgliedschaft die Grundlage entziehen kann.[152]

6. Kapitel Berufsrecht der Gesundheitsberufe unter Einschluss der Darstellung des Rechts der SelbstverwaltungC. Selbstverwaltung › VIII. Weitere Selbstverwaltungseinrichtungen der Heilberufe – Berufsständische Versorgungswerke

Handbuch Medizinrecht

Подняться наверх