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1. Berufszugang

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Um zum Arztberuf zugelassen zu werden, muss nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Bundesärzteordnung (BÄO)[33] ein mindestens 6-jähriges Studium der Medizin absolviert werden, das entsprechende praktische Ausbildungsinhalte aufweist. Näheres ist in der Approbationsordnung (ÄAppO)[34] geregelt.

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Die Approbation als Arzt ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2–5 BÄO auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt, nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist, nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat, sowie über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

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Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen – BQFG“[35] wurde das bis dahin geltende Staatsangehörigkeitsprinzip aufgegeben; eine (gewollte ?) deutliche Zunahme an Bewerbern aus sog. Drittstaaten ist die Folge.

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Die bereits in einer voran gegangenen Auflage[36] erhobene Frage, wie denn mögliche Ausbildungsdefizite ausländischer Bewerber durch berufspraktische Kenntnisse ausgeglichen werden können, unabhängig davon, in welchem Staat der Antragsteller tätig war, bleibt nach wie vor offen.

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Wer die Approbation beantragt, darf weder „unwürdig“ noch „unzuverlässig“ sein. Beides sind auch Widerrufsgründe gem. § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO. Unwürdigkeit im vorgenannten Sinne ist dann anzunehmen, wenn der Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Ansehen und Vertrauen besitzt. Ob die Öffentlichkeit von dem Verhalten des Arztes Kenntnis erlangt hat, ist nicht entscheidend. Ausschlaggebend ist, ob das Verhalten objektiv geeignet ist, einen Ansehens- und Vertrauensverlust der Ärzteschaft zu begründen.[37] Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung[38] geht davon aus, dass bei einem Arzt, der wegen Abrechnungsbetrugs strafrechtlich verurteilt worden ist, regelmäßig das Merkmal der Unwürdigkeit und damit der zwingende Widerruf der Approbation vorliegt. Von einem Arzt erwarte man wegen des Vertrauensverhältnisses zu seinen Patienten in aller Regel nicht nur eine sorgfältige, ordnungsgemäße Behandlung, sondern auch eine ansonsten integre Berufsausübung; hierzu gehört es auch, dass der Arzt den vermögensrechtlichen Interessen des Patienten keinen Schaden zufügt.[39] Im Übrigen muss für die Annahme der Unwürdigkeit kein unmittelbarer Berufsbezug vorliegen.[40] Dies ist ein ganz anderer Ansatz als für das strafrechtliche Berufsverbot, das zwingend einen Zusammenhang zwischen der Straftat und dem ausgeübten Beruf voraussetzt.[41] Insbesondere unter dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit[42] ist es allerdings geboten, die zwingende Folge des § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO („ist zu widerrufen“) von der Schwere des Vergehens abhängig zu machen. Es ist nicht einzusehen, weshalb ein Arzt bei einem relativ geringen Schaden und Aburteilung mittels Strafbefehls, nach Wiedergutmachung des Schadens – womöglich noch nach entzogener Kassenzulassung – zusätzlich die Approbation verlieren soll. Eine derartige Auslegung, die jede strafgerichtliche Verurteilung im Abrechnungsverkehr mit der Kasse bzw. dem Patienten ohne Einschränkung für den Widerruf einer Approbation ausreichen lässt, wirft die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf. Das Bundesverwaltungsgericht weist in diesem Zusammenhang auf den Aspekt der Gefahrenabwehr hin; insoweit stelle der Approbationsentzug keine „doppelte“ Bestrafung dar.[43] Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist, dass der Widerruf der Approbation wegen Abrechnungsbetrügerei nicht mit einem Sofortvollzug versehen werden muss.[44] Wie häufig gibt es allgemeine Kriterien, an denen der Einzefall zu messen ist[45], wie z.B.: das verhängte Strafmaß, Zahl, Art und Dauer der Verstöße, Vorbelastung des Arztes, Berufsbezug des Fehlverhaltens, Schadenshöhe und Schadenswiedergutmachung, Einsicht und Reue, Bekanntwerden der Vorwürfe und Reaktion der Öffentlichkeit, Zeitablauf.

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Der Begriff der „Unzuverlässigkeit“ unterscheidet sich vom Begriff der „Unwürdigkeit“ dadurch, dass hierbei nicht auf den Unrechtsgehalt eines Verhaltens abgestellt wird, sondern auf einen charakterlichen Mangel, der befürchten lässt, dass der betreffende Arzt seinen Beruf nicht durchgehend ordnungsgemäß ausüben wird. Dabei ist für die Frage des Widerrufes der Approbation nicht nur auf das Verhalten in der Vergangenheit abzustellen, es muss auch eine Prognose hinsichtlich des künftig zu erwartenden Verhaltens erfolgen.[46] Wenn die berufsunwürdige Handlung bereits einige Zeit zurück liegt, kann ein Widerruf ebenfalls entbehrlich sein.[47] Der Widerruf ist auch dann möglich, wenn der Berufsträger altersbedingt seinen Beruf nicht mehr sachgerecht ausüben kann und es daher z.B. zur missbräuchlichen Abgabe von Schmerz- und Betäubungsmitteln kommt.[48]

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Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, u.a. wenn gegen den Arzt wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet worden ist. Diese Vorschrift ist mit § 3 Abs. 5 BÄO strukturell vergleichbar. Sie soll der Behörde eine Handhabe geben, den Schutz des Publikums vor unzuverlässiger Berufsausübung durch eine vorsorgliche Maßnahme sicherzustellen, wenn das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Arztes durch einen schwerwiegenden, wenn auch noch nicht völlig erhärteten Verdacht erschüttert ist.[49] Zugleich soll die Behörde unter Entlastung von eigenen Ermittlungen auf die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse zurückgreifen können.[50] Die strafgerichtliche Verurteilung muss wahrscheinlich sein. Es genügt allerdings bereits ein schwerwiegender, wenn auch noch möglicherweise ausräumbarer Verdacht, z.B. wegen des Verdachts unzulässiger Sterbehilfe.[51] Das Ruhen der Approbation kommt auch dann in Betracht, wenn zunächst nur eine strafrechtliche Würdigung als fahrlässige Tötung vorliegt, jedoch gewichtige Gründe im Raum stehen, dass der Arzt zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat.[52] Selbst wenn es nicht zu einer Verurteilung kommt, können die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse für die Anordnung des Ruhens der Approbation relevant sein, wenn sie ein Berufsvergehen begründen.[53] Andererseits kann sich die Sofortvollziehung durchaus als unverhältnismäßig erweisen, wenn dem Täter eine gute Prognose attestiert wird.[54] Das Ruhen der Approbation kommt schließlich dann in Betracht, wenn der Arzt sich weigert, seinen Gesundheitszustand überprüfen zu lassen[55] oder schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen bestehen, § 6 Abs. 1 Nr. 2 BÄO.[56] Die Feststellungslast für die Ungeeignetheit des Arztes und den Sofortvollzug der Ruhensanordnung trägt die Approbationsbehörde.[57] Um unzumutbare Nachteile für den Betroffenen zu vermeiden, kann z.B. seine Praxis für die Schwebezeit von einem anderen Arzt weitergeführt werden (§ 6 Abs. 4 BÄO). Im Übrigen wird die Befugnis eines EU-Bürgers zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen (oder zahnärztlichen) Berufs in Deutschland durch das Ruhen der ihm erteilten deutschen Approbation nicht berührt (§ 2 Abs. 3 BÄO, § 1 Abs. 2 ZHG).[58]

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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Unzuverlässigkeit bzw. Unwürdigkeit ist der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides.[59] Während des gerichtlichen Verfahrens gezeigtes Wohlverhalten, auch wenn es sich hierbei auf einen verhältnismäßigen langen Zeitraum erstreckt, rechtfertigt nicht die Annahme, der Betroffene habe einen Persönlichkeitswandel vollzogen.[60] Die erneute Erteilung der Approbation setzt einen „längeren Reifeprozess“ voraus.[61]

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