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2. Vorsatzlösung

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Ebenfalls eine Tatbestandsmodifizierung betrifft die sog. Vorsatzlösung. Nach dieser wird die Verantwortlichkeit i.S.d. TMG „als Einstehenmüssen für eigenes vorsätzliches Verhalten“ verstanden, was sich daraus ergebe, dass der Diensteanbieter nicht verantwortlich ist, wenn er keine Kenntnis von der Information hat.421 Jedenfalls im Hinblick auf § 10 Satz 1 TMG erscheint bei Annahme einer Tatbestandsmodifizierung die Modifizierung des subjektiven Tatbestands überzeugend.422 Das Tatbestandsmerkmal der „Kenntnis“ in § 10 Satz 1 TMG führt dazu, dass ein bedingter Vorsatz im Rahmen des subjektiven Tatbestands nicht ausreichend ist. Vielmehr muss der Hostprovider nach dieser Auffassung mindestens direkten Vorsatz (dolus directus 2. Grades) besitzen.423

Im Falle der Vorsatzlösung müsste sich der Vorsatz (§ 15 StGB, § 10 OWiG) des Diensteanbieters zwar nicht auf die Anforderungen der Haftungsprivilegierung beziehen, die an den Vorsatz zu stellenden Anforderungen würden aber direkt durch die Haftungsprivilegierung modifiziert. Die Irrtümer nach §§ 16, 17 StGB und § 11 OWiG wären jedenfalls nicht direkt anwendbar, da die Voraussetzungen der Haftungsprivilegierungen im Rahmen des Vorsatzes zu prüfen wären und darüber entscheiden, ob eine Vorsatzmodifizierung erfolgt oder nicht. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich der Vorsatz auf die Voraussetzungen bezieht, sondern diese müssen rein objektiv vorliegen. Die Bejahung einer Privilegierung im Rahmen einer Vorsatzmodifikation würde zudem dazu führen, dass auf den ersten Blick eine Teilnahme an der Tat des Diensteanbieters nicht möglich wäre, da der Vorsatz verneint und damit keine vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat vorliegen würde. Aber auch hier beruht die Modifikation des Vorsatzes auf der Diensteanbietereigenschaft und damit auf einem besonderen persönlichen Merkmal. Insoweit findet auch hier die Regelung des § 28 Abs. 2 Var. 3 StGB und § 14 Abs. 3 Satz 2 OWiG Anwendung, sodass eine Teilnahme unter deren Voraussetzungen trotz einer Privilegierung des Diensteanbieters weiterhin möglich ist. Die Annahme eines „Defekts“ für eine mittelbare Täterschaft wäre grundsätzlich möglich, wenn der Diensteanbieter aufgrund der Haftungsprivilegierung nicht den für eine Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Vorsatz aufweist und der mittelbare Täter dies gezielt ausnutzt.424

Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet

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