Читать книгу Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet - Timo Handel - Страница 123
h. Kein tatbestandsintegrierter Filter
ОглавлениеHingegen würde eine Qualifizierung als tatbestandsintegrierter Filter, der innerhalb des Tatbestands der Haftungsnorm, aber unabhängig von deren Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen ist, eine neue Prüfungskategorie schaffen. Die sog. verhaltensnormintegrierte bzw. tatbestandsintegrierte Vorfilterlösung ist deshalb abzulehnen.466
Gegen eine solche Einfügung in die Haftungsnorm spricht auch, dass die Tatbestände des materiellen Strafrechts und Ordnungswidrigkeitenrechts grundsätzlich keinen Verweis – ähnlich einer Blankettnorm – beinhalten, der eine Prüfung der Haftungsprivilegierungen des TMG nahelegt.467 Sofern in diesem Zusammenhang zum Teil eine Prüfung im Rahmen der objektiven Zurechnung angenommen wird,468 ist diese bereits deshalb ungeeignet zu einer einheitlichen Prüfung bzw. Anwendung der Haftungsprivilegierungen zu führen, da die abstrakten und abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikte nach strittiger, aber h.M. grundsätzlich keinen zum Tatbestand gehörenden Erfolg besitzen.469 Die Prüfung der objektiven Zurechnung eines tatbestandlichen Erfolgs scheidet deshalb, folgt man der h.M., bei diesen Delikten aus.470 Denn der Erfolg ist nach der Lehre von der objektiven Zurechnung nur dann zurechenbar, wenn ein menschliches Verhalten zu einer rechtlich missbilligten Gefahr geführt und sich diese Gefahr gerade im tatbestandlichen Erfolg realisiert hat.471 Demgegenüber bestrafen die abstrakten und abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikte gerade ein Verhalten, das die Entstehung einer durch sie rechtlich missbilligten Gefahr zur Folge haben kann, wobei die Gefahr selbst nicht eintreten muss.472
Zudem müssten bei einer Einordnung in den Tatbestand auch die Voraussetzungen der §§ 8ff. TMG vom Vorsatz des Diensteanbieters umfasst sein. Dies würde zu einer Steigerung der Anforderungen an ein Entfallen der Haftungsprivilegierung führen. Der Gesetzgeber hat nämlich in § 9 Satz 1 Nr. 5 und § 10 Satz 1 TMG nur auf die Kenntnis des Diensteanbieters abgestellt, die allein das kognitive Element des Vorsatzes betrifft. Das voluntative Element des Vorsatzes wurde vom Gesetzgeber gerade ausgespart.473 Wenn die Voraussetzungen der Haftungsprivilegierungen aber vom Vorsatz umfasst sein müssen, muss insoweit auch das voluntative Element vorliegen.