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gg) Verarbeitung aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit (Art. 9 Abs. 2 lit. i DSGVO)

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Nach Art. 9 Abs. 2 lit. i DSGVO ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zudem nicht untersagt, wenn sie aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, erforderlich ist. Auch die Verarbeitung zu diesen Zwecken ist nur zulässig, wenn das EU-Recht oder das Recht des Mitgliedstaats die Datenverarbeitung erlaubt, das zudem angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person, insbesondere des Berufsgeheimnisses, vorsehen muss.

Nationale Regelungen in Deutschland

§ 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BDSG: Verarbeitung „sensibler“ Daten aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit

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Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit in § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BDSG Gebrauch gemacht. Demnach ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zulässig, wenn sie „aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie des Schutzes vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten erforderlich ist“. Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. c Hs. 2 BDSG müssen hierfür aber sowohl nach Maßgabe von § 22 Abs. 2 BDSG angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Personen vorgesehen werden296 als auch in deren Ergänzung insbesondere die berufsrechtlichen und strafrechtlichen Vorgaben zur Wahrung des Berufsgeheimnisses eingehalten werden, z.B. nach § 203 StGB und den anwendbaren Berufsordnungen.297

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Allerdings ist es umstritten, ob diese Norm europarechtskonform ist. So beschränkt sich diese Norm im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Wortlauts von Art. 9 Abs. 2 lit. i DSGVO, legt aber selbst kein erhebliches öffentliches Interesse fest, wie es der Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 lit. i DSGVO eventuell erfordert. Vor diesem Hintergrund könnte die Norm zu unbestimmt und damit unwirksam sein.298 Auch ob § 22 Abs. 2 BDSG, wie von § 9 Abs. 2 lit. i DSGVO gefordert, (selbst) hinreichend spezifische Maßnahmen vorsieht, ist zweifelhaft.299

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Unternehmen ist vor diesem Hintergrund zu empfehlen, genau zu prüfen, ob eine geplante Datenverarbeitung eventuell auch auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden kann. Ist dies nicht der Fall, sollten Unternehmen Datenverarbeitungen, die eine gewisse Relevanz aufweisen und auf diese Rechtsgrundlage gestützt werden sollen, – wenn möglich und praktisch durchführbar – mit den zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden abstimmen und in jedem Fall prüfen, ob in der Zwischenzeit relevante Rechtsprechung oder Hinweise der Datenschutzaufsichtsbehörden hierzu ergangen sind. Endgültige Klarheit wird in diesem Fall wahrscheinlich erst eine Entscheidung des EuGH bringen können.

Praxishandbuch DSGVO

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