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f) Widerruflichkeit

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Eine einmal erteilte Einwilligung in die Datenverarbeitung muss jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden können. Das ist nicht nur eine Voraussetzung für die Freiwilligkeit der Einwilligung.493 Es wird in Art. 7 Abs. 3 DSGVO auch ausdrücklich als Recht der betroffenen Person ausgewiesen, über das vor Abgabe der Einwilligung belehrt werden muss. In der Praxis ist es ratsam, vorsorglich gemäß der Normüberschrift von einer echten Bedingung und damit bei fehlender Belehrung von der Unwirksamkeit der Einwilligung auszugehen. Vorsorglich deshalb, weil eine systematische Gesetzesauslegung insoweit zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Denn jedenfalls die Nichteinhaltung der inhaltlich gleichen Informationspflicht in § 13 Abs. 2c DSGVO bzw. § 14 Abs. 2d DSGVO führt nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung, weil § 6 DSGVO für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung auf die §§ 13 und 14 DSGVO nicht Bezug nimmt.494 Allerdings dürfte Unternehmen das bei Verstoß in jedem Fall drohende Bußgeld von bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes495 Ansporn genug sein, die Belehrung über die Widerruflichkeit als unverzichtbaren Bestandteil in jede vorformulierte Einwilligungserklärung fest zu verankern.

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Der zwingenden Widerruflichkeit von Einwilligungen könnte bei Vertragsverhältnissen, in denen Nutzungsrechte an personenbezogenen Daten die Gegenleistung etwa für den Zugang zu digitalen Inhalten496 darstellen, ein entsprechender schuldrechtlicher Anspruch auf Erteilung entgegen stehen.497 Fraglich ist, ob der Widerruf einer Einwilligung nach Treu und Glauben ausnahmsweise ausgeschlossen sein kann, wenn die Erteilung Hauptpflicht oder wesentlicher Inhalt eines Vertrages ist.498 Klärung wird die Rechtsprechung bringen. Diese Unwägbarkeit ist aus Praktikersicht aber ein weiterer Grund, Datenverarbeitungen in diesem Umfeld wenn möglich auf Art. 6 Abs. 1 S. 1b DSGVO und allenfalls zusätzlich auf eine Einwilligung zu stützen.

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Soweit vorsorglich auch eine Einwilligung als Rechtsgrundlage für eine vertraglich erforderliche Verarbeitung bemüht wird, muss jedoch von vornherein darauf hingewiesen werden, dass der Widerruf dazu führt, dass die geschuldete Leistung nicht mehr erbracht werden kann. Sollte man den Ausschluss nach Treu und Glauben nicht zulassen, kann der Widerruf einer Einwilligung daher die Wirkung einer Vertragskündigung haben, wenn die von ihr gerechtfertigte Datenverarbeitung für die Vertragserfüllung unerlässlich ist. Anderenfalls wäre der Widerruf faktisch wirkungslos, weil die weitere Verarbeitung über Art. 6 Abs. 1 S. 1b DSGVO legitimiert werden kann. Auch um den Betroffenen in solch einer Konstellation nicht über die Beachtlichkeit seiner Einwilligung zu täuschen,499 sollte aber stets auf die gegebenenfalls ausbleibende Folge des Widerrufs hingewiesen werden:

Beispiel

„Sie können Ihre Einwilligungen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, soweit die betroffene Datenverarbeitung für die Vertragserfüllung nicht erforderlich ist.“

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Über das Zusammenspiel der Rechtsgrundlagen muss gemäß Art. 13 Abs. 1c bzw. Art. 14 Abs. 1c DSGVO informiert werden. Ein Rückgriff auf die Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses gemäß Art. 6 Abs. 1f DSGVO kommt nach Widerruf einer Einwilligung allerdings nicht in Betracht.500 Eine Interessenabwägung wird nicht zu Gunsten des Verantwortlichen ausfallen, wenn die betroffene Person durch Ausübung ihres Widerrufsrecht zu erkennen gegeben hat, dass sie mit der Weiterverarbeitung ihrer personenbezogenen Daten gerade nicht einverstanden ist.501

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Fehlt es hingegen an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung, kann die betroffene Person vom Verantwortlichen aufgrund des Widerrufs der Einwilligung auch die unverzügliche Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten verlangen, Art. 17 Abs. 1b DSGVO, soweit keine der Ausnahmen in Art. 17 Abs. 3 DSGVO vorliegen.

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Zu beachten ist, dass Art. 13 Abs. 2c DSGVO bzw. Art. 14 Abs. 2d DSGVO nicht nur eine Belehrung über die Widerruflichkeit der Einwilligung, sondern auch über die Rechtsfolge vorschreiben, dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Zeitpunkt des Widerrufs erfolgten Verarbeitung unberührt bleibt.502 Insofern dürfte der Hinweis genügen, dass die Einwilligung „mit Wirkung für die Zukunft“ widerrufen werden kann.

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Der Widerruf der Einwilligung muss so einfach wie die Erteilung der Einwilligung sein, Art. 7 Abs. 3 S. 4 DSGVO. Gegen diese Bestimmung würde etwa verstoßen, wer für den Widerruf einer elektronisch im Internet gegebenen Einwilligung die strenge Schriftform verlangte. Für den Widerruf muss genau das gleiche Medium/Mittel bereitgestellt werden, welches für die Einholung der Einwilligung zum Einsatz kam.503

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