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a) Verarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten der Niederlassung eines Verantwortlichen

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In Bezug auf die Niederlassung eines Verantwortlichen weisen der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 DSGVO und der Wortlaut der Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 1 lit. a DSRL ebenso wie die entsprechenden Erwägungsgründe große Ähnlichkeiten auf.

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Angesichts dieser Parallelen dürfte die Rechtsprechung des EuGH zum Begriff der Niederlassung in der Richtlinie auch für die DSGVO weiterhin Bedeutung haben.39 Zuletzt hat der EuGH im Fall „Weltimmo“ die Grenzen dieses Begriffs ausgedehnt und eine sehr niedrige Schwelle für das Eingreifen des Niederlassungsprinzips angelegt. Nach dieser Entscheidung kann schon das Betreiben einer Webseite in der Sprache eines Mitgliedstaates mit auf den Mitgliedstaat bezogenen Angeboten als „effektive und tatsächliche Ausübung einer Tätigkeit“ eines Unternehmens in dem Mitgliedstaat angesehen werden. Und ein einziger Vertreter des Unternehmens in diesem Mitgliedstaat, der im Zusammenhang mit der Website tätig wird, kann eine „feste Einrichtung“ des Unternehmens sein.40 Lediglich vorübergehend verortete Einrichtungen, wie z.B. Messestände, reichen hingegen nicht aus. Auch die Beauftragung eines Auftragsverarbeiters in der Union lässt keine Niederlassung des Verantwortlichen entstehen.41

Praxishinweis

Es reichen bereits sehr geringe Aktivitäten in einem Mitgliedstaat der EU, um eine Niederlassung des Verantwortlichen im Sinne der Verordnung entstehen zu lassen. Der Umstand, dass keine Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen in der EU existieren, schließt die Anwendbarkeit der Verordnung nicht aus.

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Liegt eine Niederlassung in der EU vor, ist weiterhin zu prüfen, ob die jeweilige Verarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten dieser Niederlassung erfolgt.

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Dies ist in der Regel unschwer zu bejahen, wenn die in Betracht gezogene Niederlassung in der EU zugleich der satzungsmäßige Sitz des Verantwortlichen ist (bzw. bei einer Einzelperson der Geschäfts- oder Wohnsitz). Denn mit Ausnahme von reinen Briefkastenfirmen ist der Sitz des Verantwortlichen in der Regel eine Niederlassung, an der sich eine Tätigkeit festmachen lässt, im Rahmen derer die Datenverarbeitung durch den Verantwortlichen erfolgt.

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Die Datenverarbeitung erfolgt auch stets dann im Rahmen der Tätigkeit einer Niederlassung, wenn die Niederlassung an der betrachteten Datenverarbeitung direkt beteiligt ist.

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Schwieriger ist die Prüfung dieses Merkmals in Fällen, in denen der Sitz des Verantwortlichen in einem Drittstaat liegt und keine Niederlassung in der EU an der Datenverarbeitung direkt beteiligt ist. Diese Konstellation liegt in der Praxis insbesondere bei über das Internet aus einem Drittland angebotenen Dienstleistungen vor. Solche Fälle waren während der Geltungsdauer der Richtlinie lange umstritten. Der EuGH hatte in der Entscheidung „Google-Spain“ jedoch klargestellt, dass eine Verarbeitung durch die Niederlassung selbst nicht erforderlich ist und es schon ausreicht, wenn die Niederlassung mit ihrer Tätigkeit in einem Mitgliedstaat zur Rentabilität der betrachteten Datenverarbeitung beiträgt.42 Dies begründet nach Ansicht des EuGH eine „untrennbare Verbindung“ zwischen der Tätigkeit der Niederlassung und der betrachteten Datenverarbeitung, was dazu führt, dass die Datenverarbeitung im Rahmen dieser Tätigkeit erfolgt.43 Seit dieser Entscheidung fielen eine Vielzahl zuvor strittiger Szenarien klar in den räumlichen Anwendungsbereich der Richtlinie. Aufgrund der Parallelen zur Richtlinie kann auch im Rahmen der Verordnung auf diese Rechtsprechung des EuGH zurückgegriffen werden. Dagegen ließe sich zwar einwenden, dass mit der Einführung des Marktortprinzips durch Art. 3 Abs. 2 ein wesentlicher Grund für die extensive und flexible Auslegung der Vorgängerregelung durch den EuGH weggefallen ist. An dem Ansatz des EuGH, zur Gewährleistung eines wirksamen und umfassenden Schutzes des Rechts auf Privatleben eine weite Auslegung der Vorschriften zur Anwendbarkeit vorzunehmen, hat dies jedoch nichts geändert.44

Praxishandbuch DSGVO

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