Читать книгу Big Ideas. Das Astronomie-Buch - Tom Jackson - Страница 35
ОглавлениеTYCHOS UNGEWÖHNLICHER STERN
DAS TYCHO’SCHE MODELL
IM KONTEXT
SCHLÜSSELFIGUR
Tycho Brahe (1546–1601)
FRÜHER
1503 Die bisher genauesten Sternpositionen stammen von Bernhard Walther in Nürnberg.
1543 Kopernikus stellt das Konzept eines heliozentrischen Kosmos vor, das die Vorhersage der planetaren Positionen entscheidend verbessert. Sie sind jedoch immer noch ungenau.
SPÄTER
1610 Mit Galileos Gebrauch des Teleskops beginnt eine Revolution, die letztlich die »Astronomie des bloßen Auges« ablöst.
1620 Johannes Kepler vollendet seine Gesetze von den planetaren Bahnbewegungen.
1670er-Jahre In allen bedeutenden Hauptstädten Europas werden Observatorien gebaut.
Noch im 16. Jahrhundert waren die exakten Umlaufbahnen der Planeten ein Rätsel. Der dänische Adlige Tycho Brahe erkannte, dass man die Planeten längerfristig genau beobachten müsste, um dieses Problem zu lösen. Der Bedarf an besseren Daten wurde noch dadurch unterstrichen, dass eine Konjunktion von Jupiter und Saturn im Jahr 1562 um Tage von dem Zeitpunkt abwich, der von den besten damaligen astronomischen Tabellen vorhergesagt wurde. Daher nahm sich Tycho vor, von allen Planetenbahnen Messungen anzufertigen.
Die Astronomie zur Zeit Tychos folgte immer noch den Lehren, die Aristoteles vor fast 1900 Jahren aufgestellt hatte. Diese besagten, dass die Sterne im Himmel fest, dauerhaft und unveränderlich seien. Im Jahr 1572, als Tycho 26 Jahre war, wurde ein heller neuer Stern entdeckt. Er gehörte zum Sternbild Cassiopeia und blieb 18 Monate sichtbar. Aufgrund des aristotelischen Dogmas nahmen die meisten Beobachter an, ein Objekt hoch in der Atmosphäre zu sehen, aber unterhalb des Monds. Tychos sorgfältige Messungen des neuen Objekts überzeugten ihn, dass es sich in Bezug auf nahe gelegene Sterne nicht bewegte. So schloss er, dass es kein atmosphärisches Phänomen war, sondern ein echter Stern. Der Stern stellte sich später als Supernova heraus, der Überrest dieser stellaren Explosion ist als Cassiopeia B noch gut zu sehen. Die Beobachtung eines neuen Sterns war ein äußerst seltenes Ereignis. Nur acht Augensichtungen von Supernovae wurden je aufgezeichnet. Diese hier bewies, dass die damaligen Sternkataloge noch nicht vollständig waren. Größere Präzision war nötig – eine Herausforderung für Tycho.
Präzisionsinstrumente
Um diese Aufgabe zu erfüllen, hatte sich Tycho den Aufbau einer Sammlung zuverlässiger Instrumente (Quadranten, Sextanten und Armillarsphären) vorgenommen, die die Position eines Planeten mit einer Genauigkeit von etwa einer halben Bogenminute (± 1/1200) messen konnten. Er maß über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren höchstpersönlich die Planetenpositionen – zu diesem Zweck beaufsichtigte er im Jahr 1576 den Bau einer großen Sternwarte auf der kleinen Insel Ven in der Öresundstraße (Dänemark).
Tycho setzte sein Vermögen für den Entwurf und den Bau empfindlicher Instrumente – wie dieser Armillarsphäre – ein. Diese diente der Darstellung des Nachthimmels aus Sicht der Erde.
Tycho vermaß die Positionen der Sterne und notierte sie auf den Messingplatten einer 1,6 m großen Holzkugel in seinem Observatorium auf Ven. Um 1595 umfasste sein »Globus« rund 1000 Sterne. Dieser konnte sich um eine Polachse drehen, und ein horizontaler Ring diente dazu, dass die Sterne oberhalb des Horizonts zu jeder beliebigen Zeit von denen unterhalb des Horizonts unterschieden werden konnten. Tycho nahm den Globus mit auf eine Reise nach Kopenhagen, wo er 1728 bei einem Feuer zerstört wurde.
Weitere Hinweise auf einen sich wandelnden Kosmos kamen auf, als Tycho 1577 den Großen Kometen entdeckte. Bis dahin war noch immer Aristoteles’ Ansicht, dass diese Kometen atmosphärische Phänomene seien, allgemeiner Konsens. Doch nun verglich Tycho Messungen der Kometenposition, die er auf Ven vorgenommen hatte, mit denen, die der böhmische Astronom Thaddaeus Hagecius zur gleichen Zeit in Prag gemacht hatte. In beiden Fällen wurde der Komet an etwa demselben Ort beobachtet. Diese fehlende Parallaxe deutete darauf hin, dass der Komet viel weiter weg – außerhalb der Atmosphäre – war. Tychos Beobachtungen über die Art und Weise, wie der Komet monatelang über den Himmel gezogen war, überzeugten ihn auch davon, dass dieses Objekt das Sonnensystem durchquerte. Diese Erkenntnis stürzte eine andere Theorie, die die vergangenen 1500 Jahre maßgeblich war. Der große griechisch-ägyptische Astronom Ptolemäus war davon überzeugt, dass die Planeten in echte, feste, ätherische, transparente, kristalline Sphären eingebettet waren und dass deren Drehung die Planeten über den Himmel bewegte. Allerdings beobachtete Tycho, dass der Komet sich ungehindert zu bewegen schien, und folgerte, dass die Sphären nicht existieren konnten. Er schlug also vor, dass die Planeten frei durch den Raum zogen – ein zu jener Zeit gewagtes Konzept.
Tycho Brahes Sternwarte auf der Insel Ven zog zwischen seiner Gründung im Jahr 1576 und seiner Schließung im Jahr 1597 Gelehrte und Studenten aus ganz Europa an.
Keine Parallaxe
Tycho war zudem von Kopernikus’ Vorschlag, dass statt der Erde die Sonne im Mittelpunkt des Kosmos steht, sehr angetan. Sollte Kopernikus recht haben, sollten nahe Sterne zur Seite schwingen, wenn die Erde jährlich auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne reiste – ein Phänomen, das als Parallaxe bekannt ist. Tycho suchte, konnte aber keine Sternparallaxe finden. Es gab zwei mögliche Erklärungen: Erstens, dass die Sterne zu weit weg waren, was bedeutet, dass jede Positionsveränderung zu klein war, um sie mit den damaligen Instrumenten zu messen. (Mittlerweile ist bekannt, dass die Parallaxe des nächsten Sterns sogar 100-mal so klein ist wie die typische Genauigkeit der Beobachtungen von Tycho.) Die zweite Möglichkeit war, dass Kopernikus falschlag und die Erde sich nicht bewegt.
Tychos Modell
Nach diesem Fazit vertraute Tycho auf seine eigene Erfahrung. Er fühlte nicht, dass sich die Erde bewegt, er sah sie als stationär an, und das Universum war das Einzige, was sich zu bewegen schien. Da auch sonst nichts auf eine Bewegung der Erde schließen ließ, verwarf Tycho den kopernikanischen Kosmos und führte seinen eigenen ein. In seinem Modell umkreisten alle Planeten außer der Erde die Sonne, aber die Sonne und der Mond umkreisten eine stationäre Erde.
Viele Jahrzehnte nach seinem Tod im Jahr 1601 blieb das Modell von Tycho bei Astronomen beliebt, die mit dem geozentrischen System des Ptolemäus haderten, aber die katholische Kirche nicht verärgern wollten, indem sie das verbotene kopernikanische Modell vertraten. Allerdings führte Tychos eigene Beobachtungsgenauigkeit dazu, dass seine Idee kurz nach seinem Tod diskreditiert wurde. Diese Beobachtungen halfen Johannes Kepler, zu zeigen, dass die Planetenbahnen in Wirklichkeit Ellipsen sind und ein Konzept ermöglichen, das sowohl die Tycho’schen als auch die kopernikanischen Modelle verdrängen würde.
Tychos Modell Tychos Modell stellte wie das ptolemäische die Erde in die Mitte des Kosmos’, allerdings umkreisten bei Tychos Modell die fünf bekannten Planeten nun die Sonne. Obwohl Tycho von dem kopernikanischen Modell beeindruckt war, glaubte er, dass sich die Erde nicht bewegte.
Tychos verbesserte Messungen erlaubten es auch dem englischen Astronomen Edmond Halley im Jahr 1718, die korrekte Bewegung der Sterne zu entdecken. Halley erkannte, dass die hellen Sterne Sirius, Arktur und Aldebaran sich um ein halbes Grad von den Positionen wegbewegt hatten, an denen sie Hipparchos vor 1850 Jahren verzeichnet hatte. Es waren also nicht nur die Sterne nicht am Himmel fixiert, sondern nun konnten auch die wechselnden Positionen der näheren Sterne gemessen werden.
Tycho Brahe
Als Adliger im Jahr 1546 in Scania (damals Dänemark, heute Schweden) geboren, wurde Tyge Ottesen Brahe (Tycho ist lateinisiert), nachdem er eine Sonnenfinsternis im Jahr 1560 vorhergesagt hatte, Astronom.
1575 gab König Frederick II. Tycho die Insel Ven in der Öresundstraße, wo er ein Observatorium baute. Tycho verkrachte sich später mit Fredericks Nachfolger, Christian IV., wegen der Überlassung der Insel an dessen Kinder und schloss das Observatorium. 1599 wurde er von Rudolph II. in Prag zum Hofmathematiker ernannt. Dort bestellte Tycho Johannes Kepler zu seinem Assistenten.
Tycho war für seine Messingnase bekannt, ein bleibendes Erbe eines Duells zu Studentenzeiten. Er starb 1601 angeblich an einem Blasenriss, weil er sich während eines Banketts gemäß der Hofetikette untersagt hatte, sich vor dem Kaiser von der Tafel zu erheben.
Hauptwerk
1588 Astronomiæ Instauratæ Progymnasmata (Einführung in die Neue Astronomie)