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1 Das 18. Jahrhundert – Vorabend der Neuzeit

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Für den Nahen und Mittleren Osten bedeutet das 18. Jahrhundert einen Zeitraum des Übergangs. In ihm werden die Weichen für seinen Eintritt in die Neuzeit gestellt. Die beiden Mächte, die über Jahrhunderte die Geschichte geprägt haben, haben längst an Vitalität verloren. Das Safawidenreich erlischt 1722. Auf seinem Boden schaffen lokale »Condottieri« Staatswesen, die ihre Gründer kaum überleben. Erst gegen Ende des Jahrhunderts entsteht mit der Dynastie der Qadscharen ein dauerhafter und relativ stabiler iranischer Staat. Das Osmanische Reich ist mit der gescheiterten zweiten Belagerung von Wien (1683) in eine Epoche fortschreitender äußerer und innerer Schwäche eingetreten. Es verliert zunehmend an machtpolitischem Gewicht. Mit der »orientalischen Frage« verbindet sich der Ausgang des Ringens der europäischen Mächte um die Aufteilung des Erbes des Reichs. Unter den Vorzeichen dieses Ringens ist der Gang der Geschichte seit dem Ende des Jahrhunderts verlaufen.

Neben der politischen Macht ist zugleich die wissenschaftlich-technologische und wirtschaftliche Überlegenheit unabweisbar, welche die Grundlage der europäischen Expansion werden sollte. Damit ist für die islamisch geprägten Völker die Frage aufgeworfen, was die Gründe für die Unterlegenheit sind. Neben der Herausforderung zu politischer Selbstbehauptung stellt sich die Herausforderung der geistigen Modernisierung. Für die Menschen im Raum zwischen Marokko und dem Hindukusch beginnt die Suche nach einer Identität, in der die Tradition, und d. h. wesentlich die islamische Religion, und europäische geprägte Normen und Institutionen koexistieren. Diese Frage nach der Identität sollte über zwei Jahrhunderte unterschiedlich beantwortet werden und ist selbst in der Gegenwart noch die Wurzel für nicht nur geistig-kulturelle, sondern auch für politische Konflikte.

Mit der Schwäche der politischen Ordnungen im Vorderen Orient und Nordafrika gehen der machtpolitische und wirtschaftliche Aufstieg europäischer Mächte in der Region und deren immer nachhaltigere Einflussnahme auf die Mächtekonstellation im Nahen Osten einher. Am Ende des Jahrhunderts lässt die napoleonische Expansion nach Ägypten (1798) die politische, militärische und wirtschaftliche Überlegenheit der europäischen Mächte über das Osmanische Reich erkennen. Zugleich beginnen sich Frankreich, England und Russland immer stärker in die Innen- und Außenpolitik Persiens einzumischen. Mit dem Friedensschluss von Küςük Kaynarca 1774 und der Festigung seiner Machtstellung im südlichen Kaukasus ist auch Russland zu einer Nahostmacht geworden.

Tradition und Erneuerung im Ringen um die Zukunft

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