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3. Kapitel Verfahren bei Wirtschaftsdelikten › II. Betroffene von Wirtschaftsstrafverfahren

II. Betroffene von Wirtschaftsstrafverfahren

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Wirtschaftsstrafverfahren richten sich – wie andere Strafverfahren auch – gegen verantwortlich handelnde Einzelpersonen. Die Bestimmung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit dieser Personen erfolgt anhand der Regelungen des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs („StGB“).[1] Aufgrund der tatsächlichen Komplexität wirtschaftlicher Vorgänge und des damit (zwangsläufig) verbundenen arbeitsteiligen Vorgehens mehrere Personen kommt den strafgesetzlichen Regelungen zur (Mit-)Täterschaft, der Anstiftung und der Beihilfe (§§ 25, 26 und 27 StGB) wesentliche Bedeutung zu. Dies gilt gleichermaßen für die Regelung des § 14 StGB (Handeln für einen anderen), der den persönlichen Anwendungsbereich bestimmter Straftatbestände – insbesondere im Falle nebenstrafrechtlicher Sonder- und Pflichtdelikte[2] – auf die vertretungsberechtigten Organe bzw. Vertreter juristischer Personen bzw. Betriebsleiter ausdehnt.

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Ein Unternehmens– bzw. Verbandsstrafrecht für juristische Personen existiert – im Gegenteil zu vielen anderen europäischen Staaten[3] – hingegen (noch) nicht.[4] Die mannigfaltigen Forderungen, eine Verbandsstrafbarkeit, insbesondere im Bereich des Wirtschafts- und Umweltstrafrechts, nach dem Vorbild anderer Staaten einzuführen, wurden bislang nicht von dem Gesetzgeber aufgegriffen.[5]

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Ungeachtet dessen können sich (auch) aus wirtschaftsstrafrechtlichen Verfahren ordnungswidrigkeitenrechtliche Risiken[6] für Unternehmen[7] (und Betriebe) in der Form eines Bußgeldes gem. § 30 i.V.m. § 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten („OWiG“) ergeben, wenn festgestellt wird, dass der Inhaber des Betriebes, dessen Vertreter oder eine Führungskraft i.S.d. § 9 OWiG eine gebotene Aufsichtsmaßnahme zur Verhinderung betriebsbezogener Pflichten unterlassen hat, die – im Falle ihrer Durchführung – die Zuwiderhandlung verhindert oder zumindest wesentlich erschwert hätte. Geschieht dies nicht und stellt die betriebsgezogene Pflicht zugleich eine Straftat dar, kann die Geldbuße gem. § 130 OWiG grds. bis zu 1 Mio. € betragen.

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Die Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen die juristische Person mit dem Ziel der Festsetzung einer Unternehmensgeldbuße erfolgt dabei grds. in zwei Schritten.

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In einem ersten Schritt wird – bspw. im Rahmen des zuvor beschriebenen Wirtschaftsstrafverfahrens – festgestellt, dass eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat begangen wurde, um sodann in einem zweiten Schritt festzustellen, dass dies im Falle einer ordnungsgemäßen Organisation der Gesellschaft und einer ordnungsgemäßen Überwachung der sorgfältig ausgewählten, dort tägigen Personen ausgeblieben oder aber zumindest wesentlich erschwert worden wäre.

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Stellt sich hierbei heraus, dass Vertreter oder Führungskräfte mit Leitungsverantwortung eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben, so kann nach § 30 OWiG eine Geldbuße gegen das Unternehmen festgesetzt werden. Diese Geldbuße beträgt im Falle einer vorsätzlichen Tatbegehung bis zu 10 und im Falle einer fahrlässigen Straftatbegehung bis zu 5 Mio. €. Reicht dieser Rahmen zur Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils nicht aus, ermöglicht § 17 Abs. 4 S. 2 OWiG auch dessen Überschreitung.

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Wirtschaftsstrafverfahren gegen verantwortlich handelnde Einzelpersonen können folglich in jedem (strafprozessualen) Verfahrensstadium Auswirkungen auf „Dritte“, d.h. Einzel- und/oder juristische Personen („Nebenbeteiligte“) haben, ohne dass sich das Verfahren (zunächst) gegen diese richtet. Zu denken ist hierbei insbesondere an strafprozessuale Zwangsmaßnahmen wie bspw. die Durchsuchung gem. § 103 StPO oder die Einziehung von Gegenständen im Rahmen von Maßnahmen zur (vorläufigen) Vermögenssicherung; §§ 73 ff. StGB.

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Der oder die Nebenbeteiligte(n) sind diesen Maßnahmen jedoch nicht schutzlos ausgeliefert. Vielmehr hat der Gesetzgeber den Nebenbeteiligten – aufgrund der weitreichenden Auswirkungen des (Wirtschafts-)Strafverfahrens auf diesen – (überwiegend) mit den gleichen Rechten ausgestattet, wie sie dem Beschuldigten zustehen. Grundsätzlich gilt daher, dass ab der Eröffnung des Hauptverfahrens dem Einziehungsbeteiligten die Befugnisse eines Angeklagten zustehen; § 427 Abs. 1 StPO.

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Die gleiche Interessenlage, nämlich die Einräumung weitgehender strafprozessualer Rechte zur Wahrung berechtigter Interessen liegt auch dann vor, wenn „Dritte“ durch Straftaten geschädigt werden. Die Strafprozessordnung räumt ihnen dann entsprechende „Verletztenrechte“ ein. Diese reichen von der Akteneinsicht gem. § 406e StPO über die freie Wahl des anwaltlichen Vertreters, der Anwesenheit bei der Vernehmung (des Beschuldigten) gem. §§ 168c, 163a Abs. 3 StPO bis hin zum Schutz des freien und unkontrollierten Verkehrs mit dem anwaltlichen Vertreter; §§ 148 f. StPO.

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