Читать книгу Die Bruderschaft Christi - Ulrich Hefner - Страница 22
Paris, Frankreich, Rue de Rivoli in der Nähe des Museé du Louvre, einen Tag später ...
Оглавление»Der Kardinal ist außer sich«, sagte Pater Leonardo, als er über den Place de Carrousel in Richtung des Seineufers spazierte. Jean Michel Picquet verzog das Gesicht.
»Ist die Kirche über die Jahrtausende so schwach geworden?«
»Die Kirche ist nicht schwach, und sie scheut nicht die Auseinandersetzung mit der Geschichte«, erklärte Pater Leonardo, der einen dunklen Anzug trug und nur durch ein kleines Kreuz am Revers seiner Jacke als Kirchenmann zu erkennen war. »Es gibt einzelne Stimmen, die Raful mit seiner Theorie aufgeschreckt hat. Wir müssen einfach eingestehen, dass die Übersetzungen der Schriften von Qumran kein lobenswertes Kapitel unserer Zeitgeschichte waren. Ein offener Umgang mit den Funden und mit den archäologischen Kollegen wäre der Sache sicherlich zuträglicher gewesen. Deshalb meine Bitte, machen Sie Ihren ganzen Einfluss geltend. Wir müssen der neuerlichen Ausgrabung vor den Toren der Heiligen Stadt offen ins Auge blicken. Aber es schadet nicht, wenn wir rechtzeitig Informationen über den Fortgang des Projektes erhalten.«
Jean Michel Picquet war kein Mann der Kirche. Zwar war er Christ und mitunter auch gläubig, wenn es gerade von Nutzen war, vor allem aber war er Geschäftsmann und verfügte über hervorragende Kontakte nach Jerusalem und in die ganze Welt, die noch aus seiner Zeit als Handelsattache des französischen Außenministeriums stammten. Und außerdem war er ein sehr guter Freund Pater Leonardos.
»Nun gut, lieber Freund«, erwiderte Picquet, »ich werde sehen, was ich für Sie tun kann. Aber wäre es nicht sinnvoll, wenn Sie über die École Archéologique Française ihren Einfluss geltend machen würden?«
»Sie kennen Raful«, entgegnete Pater Leonardo. »Er wird es unseren Männern nicht gestatten, auch nur in die Nähe der Ausgrabungsstätte zu kommen. Er hat Macht und Einfluss. Außerdem ist es besser, wenn die Kirche in dieser Sache nicht offiziell in Erscheinung tritt. Sie verfugen über weit mehr Möglichkeiten als Rom. Überdies wäre es ... sagen wir, unverfänglich, wenn niemand die Kurie mit den Nachforschungen in Jerusalem in Verbindung bringen könnte. Was würde man über uns denken, wenn man Rafuls Hirngespinste in Rom ernst nähme.«
»Ich verstehe«, antwortete Picquet und setzte sich auf eine Bank am Seineufer. Pater Leonardo tat es ihm nach. Er blickte über das grünlich schimmernde Wasser des breiten Flusses, auf dem ein Ausflugsboot voller Menschen vorüberfuhr.
»Pater, Sie können sich voll auf mich verlassen«, sagte Picquet nach einer Weile. »Darf ich Sie heute Abend zum Essen einladen?«
»Ducasse oder Le Grand Véfour?«
»Ducasse«, entgegnete Picquet. »Ich werde einen Tisch reservieren. Sagen wir, um acht?«
»Ich freue mich«, antwortete Pater Leonardo. »Paris ist doch immer wieder eine Reise wert.«