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Jerusalem, Christliches Viertel nahe dem Neuen Tor ...

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Gideon blickte sich suchend um. Wo war Pollak nur, er hatte doch versprochen, dass er ihn hier erwartete. Noch immer stand er unter dem Eindruck des heutigen Tages am Grabungsfeld. Er hatte in das Gesicht eines Menschen geblickt, der vor 878 Jahren in Jerusalem beerdigt worden war. Ein Kreuzfahrer, der sein Leben für seinen Glauben hingegeben hatte, einem Glauben, der nach dem Fund des Wandtellers im Sarkophag mehr als fragwürdig und umstritten war. Sicherlich, immer schon hatte es Leute gegeben, die an den Darstellungen eines auferstandenen Jesus zweifelten. Glauben heißt eben, nicht wissen. Aber wenn der Körper von Jeschua aus Nazareth nach dem Tod tatsächlich von den Römern verbrannt worden war, wie konnte er dann einem Grab entsteigen? Alle Evangelisten behaupteten in ihren Schriften, dass Jesus, der Sohn Gottes, beerdigt worden und nach drei Tagen wiederauferstanden ist. Doch wie sollte er, wenn sein Körper ein Raub der Flammen und seine Asche in alle Winde zerstreut worden war?

Solomon Pollak würde für diese Neuigkeit ein ganzes Stück tiefer in seine Tasche greifen müssen.

Gideon schaute sich um. Die Lichter in den Straßen erhellten eine scheinbar friedliche Stadt, die seit Jahrtausenden nicht mehr zur Ruhe gekommen war. Christen, Moslems, Armenier, Juden, Türken: Jerusalem war ein Sammelbecken der verschiedenen Kulturen. Gideon, der als Jude geboren war, doch sich in den letzten Jahren immer weiter von seinem Glauben entfernt hatte, dachte an Chaim Raful, den schrulligen Professor der Bar-Ilan-Universität. Die Neuigkeit aus dem Sarkophag würde große Unruhe unter den Christen verbreiten. Raful hatte sich über seinen Fund gefreut. Er hatte sich bemüht, seine Freude zu verbergen, aber Gideon, der in seiner Nähe gestanden war, hatte die Genugtuung und die heimliche Befriedigung des Professors gespürt.

»Hallo Gideon«, sagte eine Stimme und riss ihn aus seiner Gedankenwelt. »Hast wohl einen schweren Tag hinter dir?«

Gideon drehte sich um und schaute in das grinsende Gesicht von Solomon Pollak.

»Zehn Stunden harte Arbeit«, entgegnete Gideon. »Aber es wird dich bestimmt interessieren, was heute auf dem Grabungsfeld vorgefallen ist.«

Solomon versuchte, gleichgültig zu wirken. Aber Gideon spürte, ebenso wie heute Morgen bei Professor Raful, dass sein flüchtiger Bekannter vor Neugier brannte.

»Die Neuigkeit, die ich für dich habe, ist einen ganz schönen Batzen wert«, fuhr Gideon fort.

»Was soll so interessant daran sein?«

»Sagen wir, es ist vielleicht das Ende einer alten Legende, die sich die Menschen seit zweitausend Jahren in diesem Land und beinahe in der ganzen Welt erzählen.«

»Welche Menschen meinst du?«

Gideon lächelte. »Menschen, die an den Sohn Gottes glauben.«

»Wie viel?«, fragte Solomon.

»Tausend!«

Solomon winkte ab. »Du bist verrückt«, sagte er.

Gideon wandte sich um. »Na gut, dann eben nicht. Es wird noch andere geben, die sich für meine Neuigkeiten interessieren.«

Er war kaum drei Schritte gegangen, als ihm Solomon folgte und an seinem Hemd zog.

»Du hast schnell gelernt«, sagte Solomon mit einem verbissenen Gesichtsausdruck. »Fünfhundert.«

»Tausend, darunter gehe ich nicht«, entgegnete Gideon. »Vielleicht ist das die letzte Nachricht, die ich dir vom Grabungsfeld berichten kann.«

Solomon schaute Gideon abschätzend an, seufzte und griff in seine Jackentasche. Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, lag ein Bündel Geldscheine darin.

»Neunhundert«, versuchte er den Preis noch ein wenig zu drücken. »Mehr habe ich nicht. Ich hoffe, dass deine Neuigkeiten jeden einzelnen Penny wert sind.«

Gideon blätterte das Bündel durch und steckte es ein. Dann erzählte er von der Grabstätte und den Funden, die im Sarg gemacht worden waren. Von dem mumifizierten Kreuzritter, von dem zerbrochenen Wandteller und der langen Amphore, die wohl eine Wegzehrung für den Toten enthielt.

»Und du lügst mich wirklich nicht an?«, fragte Solomon, nachdem Gideon am Ende seines Berichts angekommen war.

»Ich schwöre, dass alles wahr ist, was ich dir erzählt habe«, versicherte Gideon.

»Und wohin hat man den Sarg und den Inhalt gebracht?«

Gideon zuckte mit der Schulter. »Wahrscheinlich ins Rockefeller Museum oder vielleicht sogar nach Tel Aviv. Dort hat der Professor ein Labor. Sie haben es mir nicht gesagt.«

Solomon überlegte. »Zweitausend Dollar, wenn du es herausfindest. Morgen Abend will ich es wissen.«

Gideon lächelte. »Du kannst dich auf mich verlassen! Morgen hier vor dem Tor. Zur gleichen Zeit.«

Solomon nickte. »Ich warte auf dich.«

Die Bruderschaft Christi

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