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7 Weilheim im Pfaffenwinkel, Polizeidirektion, Am Meisteranger ...

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»Es passierte mitten in der Nacht«, berichtete der junge Polizeioberkommissar. »Unseren Ermittlungen nach fuhr er über die Staatsstraße von Rottenbuch nach Steingaden. An der Reiswies folgt ein kleines Wäldchen. Dort ist der Herr Pfarrer dann von der Straße abgekommen und über eine Lichtung gerast, bis er gegen einen Baum prallte und der Wagen auf dem Dach zum Liegen kam. Er wurde erst am nächsten Morgen von einem Busfahrer entdeckt.«

»Warum ist er von der Fahrbahn abgekommen?«, fragte Kriminaloberrat Bukowski und besah sich die Fotos von der Unfallstelle.

»Wir haben eine Schleuderspur gesichert«, sagte der Beamte. »Wir nehmen an, dass er einem Tier ausweichen wollte und dabei die Kontrolle über den Wagen verloren hat. In den lauen Nächten wechseln dort häufig Rehe, um im benachbarten Acker zu grasen.«

»Zeugen gibt es nicht?«

»Niemand hat den Unfall beobachtet«, antwortete der Polizist. »Der Unfall dürfte sich gegen Mitternacht ereignet haben.«

»Wie kommen Sie auf diese Uhrzeit?«, fragte Bukowski.

Der Beamte blätterte in der Ermittlungsakte. »Der Pfarrer kam von einer Besprechung aus Schongau. Er hat sich mit Mitgliedern der dortigen Gemeinde getroffen, um über eine Veranstaltung in der Wieskirche zu sprechen. Die Besprechung endete gegen halb Zwölf. Der Pfarrer ist dann von dort aus nach Hause gefahren. Für die Strecke braucht man ungefähr fünfundzwanzig Minuten. Der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates hat ihn noch zu seinem Wagen begleitet und ihn abfahren sehen.«

Bukowski zog sich eine Landkarte heran. »Eines verstehe ich nicht«, sagte er, »warum ist der Pfarrer über Peiting gefahren und nicht über die Füssener Straße direkt nach Steingaden? Das wäre doch viel kürzer gewesen.«

Der uniformierte Polizeibeamte zuckte mit der Schulter. »Er wird seine Gründe gehabt haben.«

»Wurde eine Obduktion durchgeführt?«

Der Polizeibeamte nickte dienstbeflissen. »Der Gerichtsmediziner hat ihn sich angeschaut. Schädel-Hirn-Trauma war die Diagnose. Das deckt sich mit unseren Feststellungen. Er hat den Baum seitlich erwischt und sich vermutlich dabei den Schädel am Holm eingeschlagen.«

»Was heißt angeschaut«, fragte Bukowski. »Gab es eine Obduktion oder gab es keine?«

Der Beamte druckste herum. »Es gab keine Anzeichen für ein Fremdverschulden, und das Verletzungsmuster ist gängig bei solchen Unfällen. Gegen einen seitlichen Aufprall gibt es eben keinen ausreichenden Schutz, und der Wagen war auch nicht mehr der jüngste. Ein älterer Opel ohne Seitenaufprallschutz und ohne Airbags.«

»Ich will wissen, ob eine Obduktion stattfand?«, wiederholte Bukowski beharrlich.

»Sagen wir, eine erweitere Leichenschau«, entgegnete der Beamte. »Das ist üblich so, wenn es keinen Grund gibt, an der Todesart zu zweifeln. Die Staatsanwaltschaft hat das abgesegnet. Das vermeidet unnötige Kosten, und unser Gerichtsmediziner ist ein erfahrener Mann.«

»Das heißt, der Pfarrer könnte sich die Verletzungen auch auf andere Art zugezogen haben«, murmelte Bukowski.

»Es war ein Unfall, da gibt es keine Zweifel«, wiederholte der Beamte. »Der Pfarrer hing noch in seinem Sicherheitsgurt. Solche Unfälle haben wir oft in den Waldgebieten. Plötzlich taucht ein Reh im Scheinwerferlicht auf, die Fahrer erschrecken und versuchen dem Tier auszuweichen. Dabei verlieren sie die Kontrolle und kommen ins Schleudern. Es war nur Pech, dass der Pfarrer nach links ausgewichen ist und dann gegen den Baum fuhr. Hätte er nach der anderen Seite gelenkt, dann wäre außer einem kleinen Blechschaden überhaupt nichts passiert.«

»Ich verstehe, dabei könnte man meinen, ein Pfarrer hätte in solch einer Situation einen besonderen Beistand«, antwortete Bukowski. »Den Gerichtsmediziner, der den Pfarrer untersuchte, wo kann ich den finden?«

Der Polizist schaute Bukowski mit großen Augen an. »Der Fall ist abgeschlossen«, sagte er.

»Für Sie vielleicht, Herr Kollege«, antwortete Bukowski. »Aber wann ich den Fall für abgeschlossen halte, das müssen Sie schon mir überlassen. Und Ihre Akte nehme ich mit, Sie haben doch sicherlich nichts dagegen, oder muss ich dazu mit dem Dienststellenleiter sprechen?«

Die Augen des Polizeioberkommissars wurden immer größer. Für einen kurzen Moment flackerte darin Widerstand auf, schließlich schluckte der uniformierte Kollege und schob die Ermittlungsakte über den Tisch.

Bukowski erhob sich. »Sie können mich nicht schnell zum Bahnhof fahren?«, fragte er.

»Zum Bahnhof?«, antwortete der Polizist verdutzt.

»Meine Kollegin hat mich hier abgesetzt. Sie brauchte den Wagen, deswegen fahre ich mit dem Zug zurück nach München.«

»Ich werde das veranlassen«, antwortete der Polizist mit gespielter Freundlichkeit.

Die Bruderschaft Christi

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