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bb) Verfahrensregeln
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Auf der einen Seite wird einer eventuellen Selbstbedienung der Vorstandsmitglieder durch Verfahrensregeln vorzubeugen gesucht. In erster Linie erfolgt dies dadurch, dass gemäß § 87 AktG der Aufsichtsrat über die Vergütung des Vorstands entscheidet. Formal liegt kein In-Sich-Geschäft vor, der Vorstand legt also nicht einfach selbst sein Gehalt fest. Durch das VorstAG hat der Gesetzgeber die bislang bestehende Möglichkeit, die Vergütungsentscheidung einem Ausschuss des Aufsichtsrats zu übertragen, ausgeschlossen. Gem. § 107 Abs. 3 S. 3 AktG muss zwingend das Aufsichtsratsplenum entscheiden. Hierdurch soll der Vorgang der Vergütungsfestsetzung transparenter werden. Rein deklaratorisch ist die Regelung des § 116 S. 3 AktG, nach der Aufsichtsratsmitglieder namentlich auch zum Schadensersatz verpflichtet sind, wenn sie schuldhaft eine zu hohe Vergütung festsetzen.
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Ein Novum ist dagegen die Regelung des § 120 Abs. 4 AktG: Demnach kann bei börsennotierten Aktiengesellschaften die Hauptversammlung einen Beschluss fassen, mit dem sie das Vergütungssystem billigt. Allerdings begründet dieser Beschluss weder Rechte noch Pflichten und ist zudem unanfechtbar. Den Aktionären wird hierdurch ein Mittel an die Hand gegeben, das allenfalls in rein tatsächlicher Art, nämlich durch seine Öffentlichkeitswirkung, Druck auf die Verwaltungsorgane aufbauen kann.
Im Zuge der Umsetzung der überarbeiteten[33] Aktionärsrechterichtlinie (2007/36/EG) wird sich diese Regelung in Zukunft verändern. Die geänderte Richtlinie enthält zwei wesentliche Elemente: Eine Entscheidung der Aktionäre über die (künftige) Vergütungspolitik (Art. 9a) und einen detaillierten Vergütungsbericht gem. Art. 9b, über den die Aktionäre ebenfalls abstimmen. Insbesondere der jährliche Vergütungsbericht eröffnet den Aktionären künftig die Möglichkeit, nicht nur wie bisher die Gesamtbezüge zu erfahren, sondern ohne die Möglichkeit eines opt out (vgl. im Moment § 286 Abs. 5 HGB) auch detaillierte Angaben zu jedem einzelnen Vorstandsmitglied. Der Bericht muss auch Informationen über die Veränderung der Vergütung, das Verhältnis zur Leistung der Gesellschaft oder zur Vergütung der Beschäftigten enthalten. Die Abstimmung hat empfehlenden Charakter und löst gem. Art. 9b Abs. 4 immerhin eine Begründungspflicht für den nächsten Jahresvergütungsbericht aus.[34]
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In § 87 Abs. 2 AktG n.F. wurde die Möglichkeit, die Bezüge herabzusetzen, erweitert und damit die Rechtslage verschärft: Nunmehr „soll“ (statt früher: „kann“) eine Herabsetzung erfolgen, wenn sich die Lage der Gesellschaft verschlechtert. Früher hingegen war eine „wesentliche Verschlechterung“ erforderlich, so dass die Weitergewährung der Bezüge eine „schwere Unbilligkeit“ für die Gesellschaft sein würde. Ob und in welchem Umfang der Aufsichtsrat von dieser neu geschaffenen Vorschrift künftig Gebrauch machen wird, bleibt jedoch abzuwarten.