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Mitternacht

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Robert stand im Kaminzimmer mit dem Rücken zum flackernden Feuer. Da er alle Lichter gelöscht hatte, wirkte er wie ein riesiger Scherenschnitt vor einem leuchtenden züngelnden Hintergrund.

Der Mondsteinring in seiner Hand pulsierte wie ein kleines, warmes Herz, als die alte Standuhr mit rasselndem Keuchen zwölfmal zu schlagen begann. Jeder Schlag hallte in dem fast dunklen Raum unheimlich nach.

Düstere Drohung.

Faiths Gäste standen abwartend vor Robert, jeder mit einem Glas Champagner in der Hand, dessen aufsteigende Perlen kleine farbige Lichtblitze abgaben. Ohne es zu bemerken, drängten sie sich näher aneinander.

Faith wusste nicht warum sie immer in diesem Moment die Fassung verlor. Silvester war, seit sie denken konnte, ein sehr emotionaler Moment für sie gewesen. Sie hatte das Gefühl, etwas Bekanntes zu verlieren und dafür etwas zu bekommen, von dem sie nicht wusste, was es bringen würde. Eine diffuse Furcht regte sich jedes Mal in ihr. Und war es nicht so? Um Mitternacht geboren, hatte sie die Geborgenheit des Mutterleibes verlassen, um in eine gefahrvolle Zukunft einzutauchen.

Sie wandte sich ihrem Vater zu und wartete auf den zwölften Pendelschlag. Beim letzten Schlag nahm Robert seine Tochter in die Arme.

„Mein Liebling, alles Gute zum neuen Lebensjahr“, flüsterte er. „Dieser Ring wird dich schützen, deine Mutter gab ihn mir für dich und du solltest ihn niemals wieder ablegen!“

Er nahm ihre Hand und streifte seiner Tochter den Ring über den Finger.

Im selben Moment zerschnitt grelles Licht die Dunkelheit. Gleißendes Weiß erhellte schmerzhaft die lodernde Finsternis und ließ die Gesellschaft für einen Augenblick zu eisigen Statuen erstarren.

Das alles geschah im Bruchteil einer Sekunde und keiner der Gäste ahnte, dass ihm für immer ein winziger Kristall, ein Splitter seiner Vergangenheit fehlen würde.

Mit einer Ausnahme … Richard, der gerade erst den Raum betrat, wurde leichenblass.

Ein ohrenbetäubendes „Prost Neujahr“ aus jugendlichen Kehlen, gemischt mit herzlichen Glückwünschen für das Geburtstagskind, durchbrach diesen eisigen, unfassbaren Augenblick.

Einen Moment hielt er seine Tochter noch fest, dann musste Robert Faith ihren Freunden überlassen.

„Warum gerade sie“, dachte Robert, als er Faith im Kreise ihrer Freunde sah. Warum konnte sie nicht wie die anderen jungen Leute ein normales Leben leben?

Faith ließ fast willenlos Glückwünsche und Umarmungen über sich ergehen. Am liebsten hätte sie sich verkrochen, um in Ruhe über das eben Erlebte nachzudenken. Verunsichert und verängstigt versuchte sie zu verstehen, was geschehen war. Hatten die anderen wirklich nichts bemerkt?

Der kalte Strahl, der sich aus dem Mondstein wie eine eisige Welle ergossen hatte, hatte für einen kurzen Zeitraum jede Bewegung zum Erliegen gebracht.

Faith riss sich zusammen.

FAITH

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