Читать книгу Floria Tochter der Diva - Ursula Tintelnot - Страница 11
Sauerkrautauflauf
ОглавлениеEmma hatte die Pflanzenkataloge zur Seite gelegt und den Tisch gedeckt. Vielleicht würde der Sauerkrautauflauf mit Kartoffelbrei, der praktisch aus Butter bestand, Floria aus ihrem Zimmer locken. Das Sauerkraut, in Sekt und Honig gekocht, gehörte zu den Lieblingsspeisen ihrer Enkelin.
Auch Alex liebte diesen Auflauf. Sie hatte ihn eingeladen. Er steckte so voller wunderbarer Geschichten. Sie hoffte, dass er Flo damit ein wenig aufheitern konnte.
Alex hatte ihr die Lust am Leben und der Liebe wiedergegeben. Sie sah ihn als jungen Arzt bei ihrer ersten Begegnung. Emma hatte am Morgen, an dem sie den Bürgermeister tot in seinem Bett fand, darum gebeten, Doktor Mendel zu schicken, nicht den alten Arzt, der ein Freund ihres Mannes gewesen war. Dieser Bitte war die Arzthelferin nachgekommen. Es wäre zu bitter gewesen, hatte Emma argumentiert, wenn ein Freund seinen Tod bescheinigen müsse.
»Selbstverständlich, Frau Bürgermeister.«
Nach der Feuerbestattung ihres Mannes war Emma mit ihrer Tochter in das geräumige alte Bauernhaus ihrer Eltern am Kanal gezogen. Im Haus am Markt zog der neue Bürgermeister ein. Seit beinahe sechzig Jahren waren sie und Alex nun ein Paar.
Als sie ihn kommen hörte, griff sie sich ordnend in ihr weißes Haar. Ihr Gesicht war gerötet von der Hitze, des Herdes. Emma nahm die Schürze ab und wandte sich zur Tür, als Alex eintrat. Sie war immer noch eitel.
»Mein Schöne.« Er nahm sie in den Arm. »Hier duftet es paradiesisch.«
»Lass mich los, alter Zausel. Flo könnte…« Er drückte sie fester. »Weißt du noch, wie sie am Sonntagmorgen immer in unser Bett gekrochen kam? Floria hat sicher schon bemerkt, dass du mich liebst.«
»Tu ich das?«
Er lachte. »Ja, das weiß ich, auch wenn du es zu verbergen suchst.«
Er sah sich um. »Wo ist das Kind?«
»Oben. Du könntest sie herunterlocken.«
»Bin schon unterwegs.«
Als Emma die Treppenstufe knarzen hörte, nahm sie den Korkenzieher aus der Schublade und legte ihn neben die Weinflasche, die er mitgebracht hatte.
Wie lange werden wir uns noch haben, mein Lieber. Emma wischte sich eine Träne aus dem Auge.
Reiß dich zusammen, du dumme alte Frau.
Sie öffnete die Herdklappe und stellte den Auflauf auf den Tisch.
Floria war totenbleich. Die Grippe hatte ihr mehr zugesetzt, als sie sich eingestand. Doktor Mendel erschrak. Dass sein junger Kollege sich Sorgen machte, konnte er bei ihrem Anblick verstehen.
»Na, Kleine. Emma hat dein Lieblingsgericht gekocht.«
»Sauerkrautauflauf? Ich kann es riechen. Und deines, wenn ich mich recht erinnere?«
»Genau. Deshalb gehen wir zwei jetzt in die Küche und essen. Wir können sie nicht enttäuschen.«
Nein, das konnten sie nicht. Wenn sich in ihr auch alles sträubte, sie würde sich zum Essen zwingen. »Ich zieh mir was über, Alex, bin gleich da.«
Flora trug einen uralten Kapuzenpullover und viel zu weite Jogginghosen. Elegant ist anders, dachte sie, als sie die warme Küche betrat.
»Da bist du ja, Flo. Das Essen ist fertig, wir können gleich anfangen.«
Floria biss in die braune knusprige Kruste, die den Auflauf bedeckte. Mit dem Geschmack kamen ihre Erinnerungen wieder, an die Zeit, die sie hier verbracht hatte.
Sorglos, so würde sie ihre Kindheit und Jugend beschreiben. Alex und Emma waren immer für sie da gewesen. Ihre Mutter hatte ihr nicht gefehlt. Dianes seltene Besuche waren eher störend gewesen, um nicht zu sagen, desaströs. Von ihrem Vater hatte sie nichts gewusst und nichts gewollt. Die Kerzen auf der Fensterbank flackerten. Florias Wangen bekamen im Lauf des Abends Farbe. Ihre Gespräche drehten sich um die gemeinsame Vergangenheit.