Читать книгу Die Liebe stirbt im Weinberg - Ute Dombrowski - Страница 11
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ОглавлениеNach drei Wochen mühevoller Ermittlungsarbeit gab es noch keine Ergebnisse im Fall Thomas Bückau. Wiesbaden machte Druck. Ihr Chef Norman Eisenmacher hatte sie herumgescheucht. Aber ohne Erfolg. Emma saß an diesem wolkenverhangenen Samstag am Schreibtisch gegenüber von Paul, der seinen Kopf auf die Hände gestützt hatte und ihr beim Denken zusah. Emma grollte vor sich hin.
„Es ist wie immer. Niemand hat etwas Besonderes bemerkt. Keiner hat etwas gesehen. Das nervt. So ein unbedeutender Kerl und der muss sterben. Warum, zum Teufel, bringt jemand so einen Menschen um?“
„Mir egal, ich brauche mal wieder ein ruhiges Wochenende“, sagte Paul gelassen. „Bisschen Party, bisschen saufen, viel schlafen.“
Das Telefon klingelte.
„Gröhninger!“
Es wurde gesprochen.
„Nichts mit Wochenende, mein lieber Paul. Das war die Zentrale. Keine Party, nur eine Leiche im Weinberg. Mann um die dreißig. Erstochen.“
„Scheiße. Ich hasse Killer, die am Wochenende zuschlagen.“
Emma musste lachen. Vielleicht hatte der Täter ja einen Job und in der Woche keine Zeit für sein makabres Vergnügen.
Sie folgte Paul zum Auto. In der Nacht hatte es zu regnen begonnen. Dementsprechend mies war die Laune von Robert Rengsinger, der schon wieder keine Spuren sichern konnte. Bei Trockenheit wäre der Boden zwar auch zu fest gewesen, aber so war alles verdorben. Er stand am Tatort und fluchte vor sich hin.
„Wieso regnet es immer, wenn in den Weinbergen eine Leiche rumliegt? Guten Morgen, Emma. Oh, Paul, du bist ja mal nüchtern.“
„Danke für die Blumen“, erwiderte Paul grinsend, „ich kann mich wenigstens ab und zu mal besaufen. Du hockst ja nur in deiner Bude.“
Emma unterbrach die Frotzeleien und fragte: „Was haben wir?“
„Mann um die dreißig. Erstochen. Viel Blut. Keine Spuren. Der Mörder hat ihm die Innereien zerrissen. Dann ein Stich in die Kehle. Mit Schwung. Er hatte kaum Zeit gehabt zu begreifen, was los war, da war er schon hin. Schaut ihn euch an, dann lasse ich ihn in die Gerichtsmedizin schaffen.“
Emma zog die Abdeckung ein wenig zur Seite.
„So ein schöner Mann. Was für eine Verschwendung.“
Robert reichte ihr die Brieftasche. Das Geld war noch drin. Emma zog den Ausweis aus dem hinteren Fach und las.
„Cem al Hassür, dreiunddreißig. Wohnt in Wiesbaden. Mist. Jetzt schicken sie uns das LKA auf den Hals. Die denken sicher, wir schaffen das nicht alleine. Egal, der Eisenmacher wird das schon deichseln.“
Paul schaute noch einmal auf die Leiche.
„War es derselbe Täter? Was denkst du?“
Robert zuckte mit den Schultern und sagte: „Es könnte sein. Näheres gibt es dann später. Der diensthabende Arzt ist schon weg. Aber Weinberg, Messer, Mann um die dreißig - sieht verdammt nach ein und demselben Täter aus, wenn ihr mich fragt.“
Emma und Paul fuhren zurück ins Büro. Dort wurden sie direkt ins Büro des Chefs gerufen.
Norman Eisenmacher war fünfzig, drahtig und verbissen. Er hatte ein strenges Gesicht, wozu seine freundlichen blauen Augen so gar nicht passten. Die dunklen Haare waren kurz geschnitten und an den Schläfen grau. Seine Haltung war wie immer straff. Er schaute jetzt grimmig, als Emma und Paul das Büro betraten. Norman Eisenmacher bot ihnen einen Platz an.
Emma setzte sich vor den Schreibtisch, Paul blieb am Türrahmen stehen. Er hatte bei seinem Chef immer das Gefühl, einen schnellen Rückzug sichern zu müssen.
„Was habe ich gehört? Es gibt einen zweiten Mord? Schon wieder im Weinberg?“
Emma fasste kurz zusammen, was sie schon wussten. Das war fast nichts.
„Wir müssen Wiesbaden einschalten. Für zwei Morde sind wir nicht wichtig genug. So ein Mist. Ich mag diese Kontrollfreaks nicht. Aber Sie beide ermitteln weiter. Ordentlich und akribisch, wenn ich bitten darf. Und bitte mit der nötigen Diskretion. Wir leben hier von zahlenden Touristen. Die wollen Idylle und Romantik, keine Toten in ihren Weinbergen. Kein Wort an die Presse ohne meine Erlaubnis.“
„Alles klar, Chef!“, rief Emma und sie verließ mit Paul das Büro.
Gut, dass die Toten immer in den Morgenstunden entdeckt worden waren. Da schliefen die Touristen noch. Und die Winzer, die in den Weinbergen arbeiteten, waren auch nicht daran interessiert, einen Mord in ihrem Weinberg in die Welt hinauszuschreien.
Emma und Paul machten sich auf den Weg nach Wiesbaden, wo die Spurensicherung gerade die Wohnung des zweiten Opfers abschließen und versiegeln wollte. Die Kollegen aus Wiesbaden reichten Emma den Schlüssel.
Paul fragte, ob sie etwas Wichtiges in der Wohnung gefunden hätten, aber der Kollege schüttelte nur den Kopf.
„Eine ganz normale Wohnung. Ein paar Frauenhaare, wie es aussieht, aber nicht alle vom selben Frauenkopf. Er schien einen größeren Frauenverschleiß gehabt zu haben. Keine Fotos, keine Videos. Man kann auch sagen: NICHTS.“
Emma seufzte und betrat die Wohnung. Paul stand noch vor der Tür und sprach mit dem Kollegen über das letzte Formel-Eins-Rennen.
Emma sah sich um. Glas, Chrom und Leder beherrschten das Wohnzimmer. Die Wohnung hatte zwei Zimmer. Im Schlafzimmer kühles Schwarz und Weiß. Die Satinbettwäsche glänzte im Licht der Sonne, die durch das gardinenlose Fenster hereinfiel. Aus dem fünften Stock hatte man eine wunderbare Sicht über die Stadt. In der Nähe war das Kino, in das sie immer mit ihrer Freundin gegangen war, weil ihnen der Kartenverkäufer so gut gefallen hatte. Emma beschloss, sich mal wieder bei Mona zu melden.