Читать книгу Die Liebe stirbt im Weinberg - Ute Dombrowski - Страница 4

***

Оглавление

„Ich bin Thomas. Darf ich mich zu dir setzen?“

Der attraktive Mann mit den dunklen kurzen Haaren wartete nicht auf eine Antwort. Er setzte sich neben die junge Frau. Sie mochte Mitte zwanzig sein. Ihre langen blonden Haare fielen ihr weich über die Schultern. Mit ihren unergründlichen blauen Augen, sah sie ihn an. Die linke Augenbraue hatte sie ein wenig hochgezogen.

„Störe ich dich bei irgendetwas?“, fragte der sportliche, in Jeans und Shirt gekleidete junge Mann mit offenem Lächeln.

Sie schüttelte den Kopf und nippte weiter an ihrem Drink. Dann schaute sie wieder auf die tanzenden Paare, die sich auf der Tanzfläche um eine gute Figur bemühten. Bei einigen sah das recht gekonnt aus. Da stimmte die Harmonie, das Miteinander, Tänzerin und Tänzer verschmolzen in ihren Bewegungen. Andere ähnelten unbeholfenen Tanzbären. Eine junge Frau bewegte sich so steif, dass man zweifelte, ob sie Gelenke besaß. Daneben hampelte ein fülliger Mann wild umher und verrenkte sich fast dabei, um seiner Partnerin zu imponieren. Er schwitzte stark, sein Hemd hatte dunkle Flecken unter den Achseln, auf seiner Brust und am Rücken. Er stieß andere Tänzer an, die naserümpfend ein Stück abrückten, soweit das bei der Enge möglich war.

„Möchtest du tanzen?“

Die Stimme von Thomas war so dicht an ihrem Ohr, dass sie seinen Atem spürte. Es war nicht unangenehm und so nahm sie sich vor, heute mit ihm zu schlafen. Sie setzte ihr charmantestes Lächeln auf, leckte sich über die vollen Lippen, was ihn sichtbar zusammenzucken ließ, und nickte.

„Nenn mich Natalie. Tanz mit mir.“

Er führte sie mit fließenden Bewegungen sanft über die Tanzfläche. Ihre Körper berührten sich. Sie spürte seine heiße Erregung. Was ihre Hände unter seinem Shirt ertasteten, war ganz ansehnlich. Seine Arme gefielen ihr am besten. Sie waren von starken Sehnen durchzogen, fest und muskulös. Natalie mochte Männer mit starken Armen. Thomas hatte ein hübsches Gesicht. Seine grauen Augen strahlten.

Als sie sich wieder an die Bar setzten, ergriff sie sein Kinn und küsste ihn. Thomas zog Natalie an sich und schnell drängte seine Zunge zwischen ihre Lippen.

„Ich will dich. Heute Nacht!“, raunte er in ihr Ohr.

Natalie nickte und rutschte vom Barhocker. Thomas warf einen Geldschein auf die Theke und winkte dem Barkeeper. Natalie hatte nach seiner Hand gegriffen und ihn mit sich ins Freie gezogen. Dort küssten sie sich eng umschlungen. Er presste seine Hüfte gegen ihre.

„Ich habe ein Taxi gerufen. Komm mit zu mir. Ich habe mich bisher nie getraut, eine so schöne Frau anzusprechen.“

„Das hast du gut gemacht. Ich sitze am liebsten nur da und schaue mir die Leute an. Es kommt nicht sehr oft vor, dass mich jemand anspricht.“

„Heute ist mein Kumpel für ein halbes Jahr in die Schweiz gegangen zum Arbeiten. Ich hatte keine Lust, zuhause allein vor dem Fernseher zu sitzen. Darum bin ich losgefahren. Und wie man sieht, war es doch eine gute Idee.“

Er küsste sie wieder. Dann kam das Taxi. Sie stiegen ein und küssten sich weiter. Der Wagen hielt vor seinem Haus. Sie wollte jetzt Hände spüren und seinen männlichen Duft einatmen, wenn er erregt in sie eindrang. Er kramte eilig den Schlüssel aus der Hosentasche. Die Nacht war warm und trocken. Trotzdem zitterte Thomas, als er den Schlüssel ins Schloss steckte. Er hatte schon mit einigen Frauen geschlafen, aber noch nie waren sie so schön und unkompliziert. Alle, die er flachgelegt hatte, musste er vorher mit mitleiderregenden Geschichten beein­drucken. Oder er tröstete sie mit Sex, nachdem sie ihm von ihrem Kummer erzählt hatten. Es war schon ziemlich leicht, eine Frau ins Bett zu kriegen.

Seine letzte richtige Beziehung hatte er vor drei Jahren. Mara hatte ihn betrogen. Darum war er vorsichtig und hatte sich vorgenommen, sich nicht wieder zu verlieben. Also war er mit vielen Frauen einfach nur im Bett gelandet.

Natalie wurde auch von ihrem Freund betrogen.

Seitdem hatte sie jedes Jahr im Sommer versucht, den jungen Männern, die sie kennengelernt hatte, zu vertrauen und sich zu verlieben. Aber wenn einer sagte, dass er sich verliebt hatte, obwohl das eine offensichtliche Lüge war, fühlte sie in sich hinein und spürte eine unendliche Leere. Das war sein Todesurteil gewesen.

Den ersten Liebhaber, Jeff, hatte sie nach zwei Wochen im Liebesurlaub von einer Klippe gestoßen. Er war ganz am Rand balanciert, um ihr zu imponieren. Es war einfach gewesen und hatte sich gut und richtig angefühlt. Er hatte ihr gerade erklärt, dass es besser wäre, sich zu trennen. Niemand hatte von ihrer kurzen Beziehung gewusst und so hielt man seinen Tod für einen tragischen Unfall.

Der zweite Mann, Tim, hatte sich um vier Uhr morgens in Frankfurt auf die Brüstung seines Balkons im vierzehnten Stock gesetzt und gab sich locker und mutig. Sie hatten sich heiß und innig geliebt. Nach dem Sex hatte er ihr von seinen anderen Freundinnen erzählt. Am nächsten Morgen fand man seinen zerplatzen Körper auf dem Weg zu den Mülltonnen.

René war der dritte Mann. Er hatte ihr sehr gut gefallen. Der Sex war wunderbar. Aber bei jeder Gelegenheit flirtete er schamlos mit anderen Frauen. Als er sagte, dass er sich in Natalie verliebt hatte, brannte sein Appartement völlig aus. René hatte anscheinend die Flamme seines Gasherdes übersehen und die Handtücher zu nah an den Herd gelegt. Er war eingeschlafen, nachdem sie sich geliebt hatten. Die Handtücher waren in Brand geraten und die Flammen hatten sich erfolgreich durch die ganze Wohnung gefressen.

Im letzten Sommer hatte sie im Urlaub in Südfrankreich eine heftige Romanze. Es gab dort wunderbare, abgelegene Klippen, auf denen man Sex haben konnte. Jean-Claude, der jede vögelte, die dort Urlaub machte, war dreißig und hatte gerade festgestellt, dass er Natalie liebte, als er von dort abstürzte. Natalie war nach Hause gefahren und hatte um ihn geweint.

Sie hatte jedes Mal versucht, sich zu verlieben und zu vertrauen. Aber die Leere war geblieben. Männer waren Lügner und spielten mit Gefühlen.

Thomas hatte sie auf die Couch gezogen und geliebt. Gegen Morgen kleidete sich Natalie wieder an. Dann rief sie ein Taxi und fuhr zu ihrem Auto, das noch vor der Bar stand.

„Bitte erzähle niemandem etwas von uns. Es soll unser kleines Geheimnis bleiben. Darf ich heute Abend wiederkommen?“

Thomas hätte dieser Frau alles versprochen, wenn sie nur wieder in seinen Armen liegen würde. So kam Natalie fast jeden Abend zu ihm. Sie parkte in einer Nebenstraße und lief im Schutze der Dunkelheit zu seiner Haustür.

Die Liebe stirbt im Weinberg

Подняться наверх