Читать книгу Die Liebe stirbt im Weinberg - Ute Dombrowski - Страница 13

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Paul hatte nicht gut geschlafen. Als er müde und mürrisch im Büro ankam, saß Emma schon über den Akten. Sie sah unanständig munter aus. Er hasste es, wenn die Leute schon am frühen Morgen vor Energie sprühten. Emma war die einzige Person, die er dann nicht anfauchte. Sie hatte gelernt, noch eine Stunde still vor sich hin zu arbeiten, ehe sie ihren Partner ansprach.

„Morgen“, brummte Paul und warf die Jacke auf die an der Wand stehende Couch. „Was Neues?“

Emma erkannte seine schlechte Laune und schüttelte nur den Kopf. Sie stand auf und hängte seine Jacke an den Garderobenhaken. Dann las sie im Bericht des Gerichtsmediziners, dass der Stich in Cems Körper mit großer Kraft ausgeführt worden war. Das Wühlen mit der Klinge hatte zum sofortigen Tod geführt, weil der Täter die große Bauchschlagader zerfetzt hatte. Der Stich in die Kehle wäre gar nicht mehr nötig gewesen. Aber der Täter wollte wohl auf Nummer sicher gegen. Er war Rechtshänder. Das hatten die Untersuchungen des Einstichkanals er-geben. Der Täter musste auf dem Opfer gesessen haben.

Aber wer ließ einen anderen ohne Kampf jemand anderen auf sich setzen?

„War Cem schwul?“

Die Frage schwang durch den ganzen Raum und traf Pauls Ohren völlig unvermittelt. Er schüttelte sich.

„Was?“

„War der Typ schwul?“

„Wer?“

„Cem.“

„Ach der. Warum sollte er?“

Emma hob den Zeigefinger.

„Na, überleg mal. Würdest du es dulden, dass sich ein Kerl auf dich draufsetzt, ohne dich zu wehren? Doch wohl nur, wenn er dein Schatz wäre, oder?“

„Du denkst, der Täter hat sich mit dem Typen im Weinberg getroffen, um sich von ihm ficken zu lassen? Eher nicht. So sah er nicht aus.“

Emma sagte laut: „Wir müssen in seinem Bekanntenkreis nachfragen, ob er schwul oder bisexuell war. Ansonsten macht das nur Sinn, wenn der Täter eine …“

„… Frau war“, beendete Paul ihren Satz. „Ach nein, das will ich nicht glauben. So eine süße Schnecke, die beim Ficken auf dir drauf sitzt und dann das Messer zückt, um dich abzustechen, ist eine Vorstellung, die nicht in meinen Kopf will. Ich habe es schon oft so gemacht. Furchtbarer Gedanke.“

„Aber …“

„Nein, so viel Gewalt passt nicht zu einer Frau. Vielleicht war er irgendwie betäubt.“

„Nein, war er nicht. Und Thomas Bückau auch nicht. Wenn es denn derselbe Täter war. Naja, ich mache es nicht gerne, aber ich muss dir Recht geben. Es sieht eher nach einem Mann aus. Aber die Frage bleibt: Warum sitzt ein Mann auf einem anderen und der unten wehrt sich nicht?“

Es klopfte hart an die Tür und im gleichen Moment wurde sie auch schon aufgerissen. Ein riesiger Mann Ende vierzig, der sich beim Eintreten kurz bückte, erschien im Türrahmen.

„Guten Morgen, Herrschaften. Reiner Jossings vom LKA. Ich bin hier, um zu helfen.“

Emma und Paul waren aufgestanden und begrüßten den Kollegen, von dem sie schon gehört hatten. Man sagte, er sei ein harter Hund, der aber ehrlich und offen alles ausdiskutierte. Emma bot ihm Stuhl und Kaffee an. Reiner Jossings setzte sich, griff nach der Tasse dampfenden Kaffees und schaute die beiden an.

„Soso“, sagte er und kratzte sich unter der Achsel. „Junges Volk. Und jetzt zwei Morde im Revier. Dann schießen Sie mal los, Mädchen.“

„Das Mädchen ist eine gestandene Kommissarin“, wollte Paul Emma in Schutz nehmen.

„Lass gut sein, Paul. Wenn er das in zehn Jahren immer noch zu mir sagt, ist es ein Kompliment. Bis dahin brauche ich keinen Babysitter.“

Emma erklärte alles Wissenswerte zu den beiden Fällen. Reiner Jossings lobte sie für die detaillierte Schilderung der Fakten. Er grinste ungeniert.

„Gut gemacht. Sie brauchen echt keinen Babysitter.“

Paul hatte nur still zugehört. Jetzt lud er den Kollegen ein, mit ihnen zu der Befragung der Leute vom Fitnessstudio zu fahren. Er wiederholte Emmas Gedankengänge zum Thema schwul oder Frau als Täter.

Reiner Jossings wackelte nachdenklich mit dem Kopf. Abwarten und nachdenken war seine Devise. Auf Spekulationen wollte er sich nicht einlassen. Er stellte die Tasse auf den Tisch und erhob sich. Paul nahm die Tasse, spülte und trocknete sie ab, was ihm ein amüsiertes Grinsen des Mannes vom LKA einbrachte. Aber er sagte nichts.

Die Befragung im Fitnessstudio ergab absolut nichts. Cem stand ausschließlich auf Frauen, auf alle Frauen. Er hatte viele Affären und die Damen, die im Studio gegen die unsichtbaren Kilos kämpften, waren voll des Lobes. Emma hatte unwillkürlich den Bauch eingezogen, als sie die Frauen befragten. Alle waren gut gebaut und sehr schlank.

„Das hast du nicht nötig“, flüsterte Paul ihr ins Ohr, denn er hatte gesehen, wie sie die Luft angehalten hatte. „Du bist schlank und mit Abstand die Schönste hier.“

„Danke“, flüsterte Emma zurück und schenkte ihm ein zauberhaftes Lächeln.

So mochte sie Paul. Er hatte eben ein gutes Herz und konnte die Frauen verstehen. Den bösen Zyniker ließ er immer nur zur Tarnung raushängen. Ohne brauchbare Ergebnisse verließen sie das Studio.

„Was nun?“

Reiner Jossings schaute in die Runde.

Emma zuckte mit den Schultern.

„Es gibt keine Verbindung zwischen den beiden Opfern, geschweige denn ein Motiv. Wir tappen völlig im Dunkeln. Haben Sie eine Idee?“

„Kein Idee, aber Hunger wie blöde. Kommen Sie mit essen? Wenn ich solche Sportskanonen sehe, muss ich immer etwas essen.“

Der Riese machte in dem Moment den Eindruck, als würde er ganz gerne ein halbes Schwein verdrücken.

Sie fuhren in den Rheingau, um sich in einem Restaurant ein gutes Mittagessen zu gönnen. Dabei besprachen sie die nicht vorhandenen Ergebnisse der Ermittlung.

„Ich habe gesehen, dass Sie alles richtig machen. Ich kümmere mich mal in Wiesbaden um die Computer der beiden toten Männer und den Kram. Wir können telefonieren. Machen Sie weiter mit dem Umfeld der Opfer. Hoffentlich bleibt es bei zwei Toten. Noch mehr und man kann es nicht mehr lange vor der Presse geheim halten.“

Reiner Jossings verabschiedete sich nach dem Essen und brauste in seinem Dienstwagen davon. Emma und Paul fuhren zurück ins Büro.

Die Liebe stirbt im Weinberg

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