Читать книгу Assassin's Breed - Veit Beck - Страница 33
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ОглавлениеDas war die Art von Arbeit, die er liebte. Vor Ort schnüffeln, mit Menschen reden, Verdächtige und Zeugen befragen, rhetorische Fallen stellen und sich Tatorte und Umgebungen ansehen. Oder nach Tatorten suchen, so wie er es im Augenblick tat. Seit zwei Stunden streifte Hauptkommissar Strecker jetzt schon durch die Kölner Innenstadt, durch die nördliche Innenstadt um genau zu sein, durch die Gegend um den Ebertplatz. Wenn sich ein Rudel junger Menschen trifft, um eine Straftat zu begehen, ist es doch unwahrscheinlich, dass sie sich an einem Ort treffen, der nichts mit dem eigentlichen Zielort zu tun hatte. Sie konnten ja schlecht mit den Öffentlichen zum vorgesehenen Tatort fahren, riskieren aufzufallen oder von den Kameras in den Fahrzeugen aufgenommen zu werden. Nein, der Ort, den er suchte, musste hier ganz in der Nähe sein. Aber es ist schwierig etwas zu finden, wenn man eigentlich gar nicht weiß, wonach man sucht. Neben dem sich entwickelnden Frust, ob seiner Erfolglosigkeit, machte ihm auch die Kälte zunehmend zu schaffen. „Jetzt mal analytisch“, ermahnte er sich gedanklich selbst. „Wenn eine solche Horde junger Menschen aktiv wird, bleibt das doch nicht unbemerkt. Das wird hektisch, das wird laut, das muss doch jemandem auffallen. Dadurch fühlt sich doch irgendjemand gestört. Und vielleicht hat sich dieser Jemand beschwert.“
Strecker kramte mit klammen Fingern sein Handy aus der Manteltasche und wählte eine ihm mehr als vertraute Nummer.
„HK Garber“, kam aus dem Lautsprecher.
„Strecker hier“, antwortete er. „Ich wildere in Ihrem Revier und brauche Ihre Hilfe. Genau genommen suche ich den Ort an dem Marc Johann und seine Kumpanen aktiv geworden sind. Könnten Sie mal die Leitstelle anrufen und nachfragen, ob in der Nähe des Ebertplatzes, sagen wir mal im Radius von einem Kilometer und innerhalb einer Zeitspanne von vielleicht zwei Stunden nach dem beobachteten Treffen, irgendwelche Meldungen eingegangen sind? Notrufe, Beschwerden über Ruhestörungen, einfach alles. Bitte schicken Sie mir das Ergebnis auf mein Handy.“
„Gut“, antwortete die Hauptkommissarin. „Ich kümmere mich gleich darum. Brauchen Sie Unterstützung?“
„Danke, nein“, sagte er. „Ich werde hier nicht verloren gehen. Höchstens erfrieren, wenn es zu lange dauert.“
„Das ‚Café Schmitz‘ soll geheizt sein“, bemerkte Frau Garber. „Es sollte aber nicht lange dauern. Ich melde mich.“
„Danke. Ich warte. Voller Ungeduld“, antwortete er, beendete das Gespräch und spazierte, mit hochgezogenem Mantelkragen den Ring herunter, Richtung Café. „Wirklich schön warm“, dachte er, nachdem er das Café betreten hatte. Strecker fand einen freien Platz an einem Tisch mit Fensterblick, öffnete den Mantel und ließ sich in den bequemen Stuhl fallen. Während er auf seinen Kaffee, schwarz und ohne Zucker wartete, blickte er gedankenverloren aus dem Fenster. „Irgendwo dort draußen liegt der Anfang zu der Spur zu Marc Johann“, sinnierte er. „Jetzt fange ich auch schon an mit dem Smartphone zu spielen, meine Zeit mit dem Betrachten von unnützen Bildern und unnötigen Nachrichten zu vergeuden“, dachte er und legte das Handy, mit dem er fast unbemerkt zu hantieren begonnen hatte, neben die Kaffeetasse auf den Tisch.
Doch besser fühlte er sich nicht. Das Warten zerrte an seinen Nerven. Geduld war noch nie seine Stärke gewesen. In seinen Gedanken ging er immer wieder durch die Gegend rund um den Ebertplatz. Wozu braucht man eine Gruppe von Jugendlichen?
Er hatte keinen Schimmer. Keine diskrete Aktion, wie die Beschädigung eines geparkten Fahrzeugs. Kein Anschlag auf eine Person. Das hätte zu viel Aufmerksamkeit erregt. Was es auch war, es musste sich irgendwo innerhalb eines Gebäudes abgespielt haben.
Ein „Ping“ seines Handys riss ihn aus seinen Überlegungen. Er griff sich das Telefon, öffnete die Nachricht und hatte die Lösung. Strecker erhob sich, knöpfte den Mantel zu, warf drei Münzen auf den Tisch, verstaute das Handy in der Manteltasche und stürmte grußlos aus dem Café. Er war sich sicher, musste das aber noch verifizieren, nicht für seine Überzeugung, sondern für die Kollegen. Bis in die Sudermannstraße waren es nur zwei Minuten. Genauso wie es auch nur zwei Minuten vom Ebertplatz zur Sudermannstraße waren. Dann stand er auch schon vor dem „Queens“, einem Lokal mit wechselhafter Geschichte, mit wechselnden Besitzern und wechselnden Angeboten. Aktuell war das Angebot auf den anspruchsvollen Gentleman ausgerichtet und die Besitzer waren, wenn man den einschlägigen Gerüchten glaubte, Mitglieder der russischen Mafia. Und ohne noch mit dem Bewohner aus dem gegenüberliegenden Mietshaus, der ungewöhnlichen Lärm am Tatabend gemeldet hatte, sprechen zu müssen, waren nun zwei Dinge klar. Erstens: Der Club war wegen Renovierung geschlossen. Wahrscheinlich war er durch einen Überfall beschädigt worden. Zweitens: Der Überfall war nicht angezeigt worden. Folglich gehörte der Club jemandem, der an Ermittlungen der Polizei nicht interessiert war. Vielleicht auch deshalb, weil er etwas mit dem Verschwinden von Marc Johann zu tun hatte. Vielleicht, weil der Junge dabei helfen sollte, die anderen am Überfall Beteiligten zu finden. Was auch den Einbruch bei den Johanns erklären dürfte. Das Puzzle fügte sich zusammen. Ein Teil jedoch würde aber künftig mit Sicherheit nicht mehr dazugehören. Sofern seine Theorie richtig war, musste man davon ausgehen, dass sie Marc Johann nicht mehr lebendig auffinden würden. Und seine Mutter war wahrscheinlich ein weiteres, auf ewig fehlendes Puzzleteil.