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30.

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„Das hätte nicht passieren dürfen“, dachte Hauptkommissar Faber, während er sich selbst im Spiegel betrachtete. Müde Augen, wirres Haar und ein zerknittertes Gesicht zeigten ein deutliches Resultat der letzten Nacht. Einer weiteren Nacht, in der er kaum Schlaf gefunden hatte, weil er dem Schlaf keine Chance gegeben hatte, weil er zu sehr mit Grübeln beschäftigt war. Über Monate hatte er gegen die Gefühle angekämpft, versucht vernünftig zu sein, sich einzureden, dass es besser war, vernünftig zu sein und geglaubt, dass er auf einem guten Weg war. Er hatte versucht, sich auf seine Familie zu konzentrieren, wollte ein Teil der Familie sein. Oder es, um ehrlich zu sein, wieder werden. Denn für einige Wochen war er raus gewesen. Nicht einmal mehr Teil der bereits zur Routine gewordenen Abläufe. Denn er war bei ihr gewesen. Häufig an diversen Orten im Ruhrgebiet, in Cafés, Restaurants und zumeist in Hotelzimmern. Die restliche Zeit in Gedanken, gefangen in einem quälenden Sehnen, nach dem nächsten Treffen gierend. Das begann bereits in dem Moment, in dem er sie verließ, sich von ihr entfernte und es steigerte sich, bis zu dem Tag, an dem das nächste Treffen anstand, bis er sich in seinen Wagen setzte und das Sehnen durch Vorfreude abgeschwächt wurde. Die Tage dazwischen waren eine stetige Qual für ihn, ein nicht enden wollendes Schauspiel, in dem er in der Rolle des Familienvaters gefangen war.

Natürlich blieb seiner Frau seine Veränderung nicht verborgen. War er, beruflich bedingt schon immer oft abwesend, die vielen Dienstreisen ließen seine Abwesenheit für seine erotischen Ausflüge leicht erklärbar machen, so war er jetzt sogar nicht präsent, wenn er zu Hause war. Es waren nur Kleinigkeiten, Antworten und Gesten die Sekundenbruchteile zu spät kamen, Termine, die er vergaß. Selbst ein Heimspiel seines geliebten FC hätte er vielleicht sogar verpasst, wenn ihn sein Sohn nicht daran erinnert hätte. Natürlich fiel auch ihm auf, dass es anders war, dass er anders war. Er zwang sich zu funktionieren. Wie immer, wie vorher, musste sich aber eingestehen, dass ihm dies nicht gut gelang. Also versuchte er Nebelkerzen zu zünden, Ablenkungsmanöver zu gestalten, ihren Blick auf vermeintliche berufliche Probleme zu lenken, ihr von den aktuellen Fällen zu erzählen. In der Hoffnung, dass sie keinen Verdacht schöpfte. Ob das gelang, wusste er nicht. Sie fragte ihn nicht, sie kommentierte nichts, sie beklagte sich nur. Leise, aber beständig. Die Situation wurde unerträglich für ihn, ruinierte sein Leben, beeinträchtigte ihn auch im Beruf. Auch im Dienst war er abgelenkt, unkonzentriert, machte Fehler, reagierte unbeherrscht, unberechenbar. Für einen Bruch, für eine Flucht hatte er keinen Mut. Ein weiter so, war aber auch nicht möglich. Also beendete er die Affäre, er litt wie ein Hund, war aber auch stolz auf sich, dass er es gewagt hatte, dass er es versuchte. Und mit der Zeit wurde es einfacher. Die Erinnerung verblasste, das Sehnen ließ nach, der Alltag gelang ihm nach und nach besser. Er wurde nicht glücklich, aber die Ruhelosigkeit ließ nach, er konnte wieder leben, denken. Der Kopf steuerte, nicht mehr der Unterleib. Bis gestern. Die Besprechung hatte er noch einigermaßen überstanden. Er war vorbereitet, gefasst, konzentriert, hatte sich selbst hypnotisiert, versucht, seine Gefühle zu kontrollieren. Und er war stolz. Weil es ihm gelungen war. Erst gegen Ende der Besprechung fing er an zu wanken, konnte die Besprechung aber beenden, bevor seine Rüstung barst, konnte fliehen, in der Hoffnung es wäre überstanden. Natürlich mussten sie weiter zusammenarbeiten, aber weitere Treffen waren nicht zwingend nötig. Und falls doch, er glaubte, dass er widerstehen konnte. Bis zu dem Moment in der Kaffeeküche. Da war er unvorbereitet, wie damals in Karlsruhe. Es brauchte kein Wort, nur einen Blick und die Flamme brannte wieder. Er wusste, dass er alle belogen hatte, seine Frau, seinen Sohn und sich selbst. Es würde wieder von vorne anfangen. Das wusste er. Alles, was er noch nicht wusste, wo genau vorne war, an welcher Stelle es wieder anfangen würde.

Assassin's Breed

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