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Vom Herzogtum Österreich zum Haus Österreich (1278–1519)

Von Christian Lackner

Epochenüberblick

Die spätmittelalterliche Geschichte Österreichs wurde vom Wirken einer Dynastie geprägt, jener der Habsburger. Mit dem Aufstieg dieses Hauses, das an der Schwelle zur Neuzeit Weltgeltung erlangen sollte, rückte das Gebiet, welches heute die Republik Österreich bildet, zusehends in das Zentrum der europäischen Politik. Als eine der drei königsfähigen Großdynastien des spätmittelalterlichen Reichs verknüpften die Habsburger die Geschicke der Territorien des Ostalpenraums unauflöslich mit dem römisch-deutschen Königtum, auch wenn das Geschlecht zwischen 1330 und 1438 für mehr als ein Jahrhundert von der Königswürde ausgeschlossen blieb. Der alte Allodialbesitz der Grafen von Habsburg lag im Aargau am Zusammenfluss von Aare, Reuss und Limmat sowie im Oberelsass. Als König Rudolf I. 1282 seine beiden Söhne Albrecht und Rudolf gemeinschaftlich mit den Herzogtümern Österreich und Steiermark belehnte, stieß er einen dynamischen territorialen Konzentrationsprozess an, der zur Formierung der österreichischen Erblande führte. Dem Sog der habsburgischen Macht konnte sich auch die territorialpolitisch in engem Anschluss an die Habsburger erfolgreiche Dynastie der Meinhardiner Grafen von Görz, welche mit Tirol und Kärnten um 1300 den zweiten bestimmenden Länderkomplex im Ostalpenraum beherrschte, bald nicht mehr entziehen. Unter Herzog Albrecht II. gelang den Habsburgern 1335 die Erwerbung von Kärnten; Tirol, seit 1335 zwischen Luxemburgern und Wittelsbachern umkämpft, wurde 1363 habsburgisch. Maßgeblichen Anteil am außergewöhnlichen Erfolg der habsburgischen Dynastie hatte deren rasche Einwurzelung in den Herzogtümern Österreich und Steiermark, verbunden mit einer fundamentalen Schwerpunktverlagerung des Geschlechts in den Osten. Bald schon galt das Herzogtum Österreich den Habsburgern als Namen und Identität vermittelndes Hauptland. Die Bezeichnung domus Austrie ist erstmals 1326 für die Dynastie belegt. Breitere Anwendung scheint der »Haus Österreich«-Begriff indes nicht vor 1438/39 gefunden zu haben, als die Habsburger mit Albrecht II. wieder in den Besitz der römisch-deutschen Königswürde gelangten. Im späteren 15. Jahrhundert geriet der Name »Haus Österreich« sodann bisweilen auch zum Ersatz für den fehlenden Gesamtnamen des habsburgischen Territorienkomplexes, überwiegend war damit aber weiterhin die Dynastie gemeint.

Ihren ersten Höhepunkt erreichte die habsburgische Territorialmacht unter Rudolf IV. (1339–1365), dem wohl bedeutendsten Mitglied der Dynastie im späteren Mittelalter. Vom königsgleichen Rang seines Hauses und seiner Länder zutiefst überzeugt, setzte er alles daran, diesen im Wettstreit mit Luxemburgern und Wittelsbachern durch verschiedene Maßnahmen, nicht zuletzt durch den berühmten Fälschungskomplex des sogenannten Privilegium maius, sichtbar zur Geltung zu bringen.

Mit der Neuberger Teilung 1379 begann eine fast hundert Jahre andauernde Phase der Krise und Schwäche der habsburgischen Dynastie. Anders wird man die Folgen der dynastischen Teilungsvorgänge, die 1411 schließlich drei einigermaßen stabile habsburgische Herrschaftsgebilde (Österreich, die innerösterreichische Ländergruppe und Tirol mit den Vorlanden) hervorbrachten, nicht qualifizieren können. Am deutlichsten lässt sich die prekäre Stellung der Habsburger daran ermessen, dass die großen politischen Ausrichtungen der drei herzoglichen Linien in den Jahrzehnten nach 1400 häufig quer zueinander lagen und sich alle drei mit einem kräftigen Machtzuwachs der Stände in ihren Herrschaftsgebieten konfrontiert sahen. Der Weg der habsburgischen Dynastie zurück zur Einheit war lang und steinig. Zu schweren Konflikten mit den mächtigen Ständen der betroffenen Länder führte der Versuch Kaiser Friedrichs III., nach dem Prinzip des Seniorats und gegründet auf die Stellung als Vormund der minderjährigen Erbberechtigten das Herzogtum Österreich und Tirol samt den Vorlanden möglichst lang in der Hand zu behalten. Auch nach dem Aussterben der albertinischen Linie verlangte der Rückerwerb des Herzogtums Österreich dem Kaiser größte Kraftanstrengungen ab. Die Reintegration Donauösterreichs in den Gesamtkomplex der Erblande blieb überaus problematisch, zumal die Herausforderung des ungarischen Königs Matthias Corvinus seit 1477 das Land erneut in Atem hielt und Österreich unter der Enns dem Kaiser 1484/85 sogar ganz verlorenging. Auf den Tiefpunkt habsburgisch-erbländischer Politik folgte 1490 die Wende zum Positiven. Erstmals seit mehr als einem Jahrhundert waren alle habsburgischen Länder wieder in einer Hand vereint.

Mit Friedrichs III. Sohn Maximilian I. trat das Haus Habsburg endgültig aus der Enge mitteleuropäischer Bezüge heraus. Der Handlungsrahmen der Dynastie weitete sich zu einem universalen. Zwischen 1477 und 1515 verwirklichte die Familie drei große Eheprojekte – davon zwei Doppelhochzeiten – in drei Generationen, die die Habsburger zur mächtigsten Dynastie des europäischen Kontinents aufsteigen ließen. Die burgundische und die spanische Heirat veränderten den Horizont Maximilians, der nun längst nicht mehr auf die österreichischen Erblande fokussiert war, wenngleich diese nach wie vor den Löwenanteil der Ressourcen für Krieg und Expansion bereitstellten. Nicht zuletzt um die finanzielle Leistungsfähigkeit dieser seiner Erblande zu stärken, leitete Maximilian dort einen politisch-administrativen Innovationsschub ein. In den knapp drei Jahrzehnten seiner Regierung erhielten die österreichischen Länder die erste institutionell-bürokratische Verklammerung durch übergreifende Behörden. So hat Maximilian viel getan, um das lockere österreichische Länderkonglomerat, das hauptsächlich durch die Person des Landesfürsten zusammengehalten wurde, enger zusammenzubinden. Der Weg zum frühmodernen »Gesamtstaat« war eingeschlagen, dessen Realisierung lag freilich noch in weiter Ferne.

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