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Dynastische Teilungen (1365–1439)

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Durch den kinderlosen Tod Rudolfs IV. in Mailand am 27. Juli 1365 fiel die Herrschaft in den habsburgischen Ländern den überlebenden Brüdern, dem sechzehnjährigen Albrecht III. und dem erst vierzehnjährigen Leopold III., zu. Die beiden Herzöge meisterten die entstandene schwierige Situation, indem sie die Ambitionen der Dynastie auf allen Linien zurücknahmen und ihre Kraft auf die Sicherung des Erreichten verwandten. Vom Privilegium maius, das in den Tiefen des habsburgischen Hausarchivs verschwand, war nicht mehr die Rede. Die Lage gebot einen engen Anschluss an Kaiser Karl IV., der 1366 seine Tochter Elisabeth mit Herzog Albrecht III. verheiratete. Mit dem Frieden von Schärding erreichten die habsburgischen Brüder 1369 den endgültigen Verzicht der Wittelsbacher auf Tirol, freilich um den Preis sehr hoher Entschädigungszahlungen (116 000 Gulden), die die ohnehin schon angespannten Finanzen der Dynastie weiter belasteten, derart, dass 1370 der finanzielle Zusammenbruch fast unausweichlich schien. Die Fürsten griffen zu außergewöhnlichen Maßnahmen wie der pachtweisen Überantwortung der gesamten Finanzverwaltung an ein gemischt adelig-bürgerliches Konsortium. Aber auch der fiskalische Druck auf die jüdischen Gemeinden Österreichs wurde massiv erhöht und nahm allenthalben erpresserische Züge an.


Länder und Machtbereich der Habsburger um 1400

Zu Anfang der 1370er Jahre zeigten sich erste Spannungen und Risse im Verhältnis der Brüder Albrecht und Leopold. Immer deutlicher wurde, dass der jüngere Bruder Leopold sich auf Dauer nicht mit der zweitrangigen Rolle abfinden wollte, die ihm durch die Senioratsverfassung zugewiesen wurde. Die Entwicklung steuerte – für jedermann erkennbar – auf eine Teilung der Herrschaft zu. Von 1373 bis 1379 folgten einander in immer kürzeren Abständen Hausverträge, wobei Albrecht III. seinem jüngeren Bruder Schritt um Schritt entgegenkam. Alles, was die Logik dynastischer Konflikte damals an Teilungsverfahren zuließ, wurde dabei durchgespielt bis hin zu Losentscheidungen und ganz haarsträubenden Szenarien, die in einem Fall sogar die Zweiteilung der Stadt Wien vorsahen. Widerstand aus den betroffenen habsburgischen Ländern regte sich dennoch kaum. Im Adel der einzelnen Länder selbst ergaben sich unterschiedliche Interessenkonstellationen, die den Aufteilungswünschen Leopolds durchaus entgegenkamen. Während Donauösterreich sich durch wirtschaftliche und politische Verbindungen eher nach Böhmen und Ungarn hin orientierte, sah der Adel der Alpenländer und insbesondere Tirols seine Interessen traditionell im Süden und Westen. Offenkundig fehlte es dem durch die Dynastie geschaffenen Länderkomplex nach wie vor an innerem Zusammenhalt, und selbst Länder wie Österreich und die Steiermark mit langer gemeinsamer Geschichte blieben einander letztlich fremd. Nur insoweit scheint der Adel seinen Einfluss geltend gemacht zu haben, als bei der endgültigen Herrschaftsteilung die historisch gewachsenen Länder in ihrem Bestand nicht angetastet wurden und man nach Möglichkeit entlang der Ländergrenzen teilte.

Der Neuberger Teilungsvertrag vom 25. September 1379 schuf zwei vollkommen voneinander unabhängige habsburgische Herrschaftskomplexe. Albrecht erhielt das Herzogtum Österreich (heute Nieder- und Oberösterreich), sein jüngerer Bruder Leopold die Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain, die Grafschaft Tirol und den habsburgischen Streubesitz im Westen, dazu noch eine einmalige Kompensationszahlung von 100 000 Gulden, welche die gegenüber dem Herzogtum Österreich geringere Finanzkraft der leopoldinischen Länder ausgleichen sollte. Wie bei anderen spätmittelalterlichen Landesteilungen versuchten die Habsburger durch das gemeinsame Führen von Titeln und Herrschaftssymbolen sowie durch Bündnisse, Erb- und Vormundschaftsvereinbarungen wenigstens die Fiktion der Einheit aufrechtzuerhalten. Indes konnte dies kaum darüber hinwegtäuschen, dass der Teilungsgedanke nun auch bei den Habsburgern den Sieg davongetragen hatte und die weitere Zersplitterung der Herrschaft lediglich eine Frage der Zeit bzw. des biologischen Zufalls war (s. Stammtafel).

An eine gemeinsame Politik des Hauses Habsburg war nun nicht mehr zu denken, ja die maßgeblichen politischen Ausrichtungen der beiden Brüder lagen schon bald quer zueinander. Im großen abendländischen Schisma 1378 entschied sich Albrecht III., dem luxemburgischen Königshaus folgend, für die römische Obödienz, während Leopold III. das avignonesische Papsttum anerkannte und rasch zur wichtigsten Stütze desselben im Reich wurde. Um ihn scharten sich die Clementisten (so benannt nach dem avignonesischen Gegenpapst Clemens VII. ), das seit 1368 österreichische Freiburg im Breisgau wurde zu deren wichtigster propagandistischer Operationsbasis. Albrecht wich dagegen nicht von seiner einmal zugunsten Roms getroffenen Entscheidung ab. Der römische Papst Urban VI. dankte ihm dies 1384 durch die Genehmigung der noch fehlenden theologischen Fakultät für die Universität Wien. Und die römische Obödienz Albrechts machte die rudolfinische Universitätsgründung, die bisher nicht so recht in Schwung gekommen war, plötzlich attraktiv für Professoren, die die Pariser Universität wegen deren clementistischer Ausrichtung zu verlassen sich gezwungen sahen. So kamen Universitätslehrer von höchstem Rang wie Heinrich von Langenstein nach Wien und bewirkten, dank der begleitenden finanziellen Absicherung der Wiener Alma mater durch Herzog Albrecht, den ersten Take-off der Wiener Universität.

In allen Bereichen der Politik traten nach der Neuberger Teilung die durch die unterschiedlichen Charaktere der habsburgischen Brüder noch verstärkten Gegensätze offen zutage. Der sprunghafte, bisweilen zum Aktionismus neigende Leopold ließ sich durch die labilen politischen Verhältnisse in Oberitalien anlocken, die ihm leichte Beute in Gestalt territorialer Gewinne zu versprechen schienen. Schon vor der Neuberger Teilung hatte sich die habsburgische Politik hier mit der Inbesitznahme der Städte Feltre und Belluno (1373) engagiert. Leopold erhöhte nun den Einsatz, indem er 1381 in den Krieg eingriff, der zwischen Venedig und Genua tobte und die Markusrepublik bis in ihre Grundfesten erschütterte. Kurzfristig brachte das kostspielige Unterfangen dem österreichischen Herzog den Besitz des venezianischen Treviso und der Grafschaft Ceneda ein. Eine Konsolidierung der habsburgischen Herrschaft war in diesem Teil Oberitaliens indes nicht zu erreichen. Das musste sich auch Leopold nach drei Jahren kräfteraubender Söldnerkampagnen eingestehen. Bis zum Frühjahr 1386 war das italienische Abenteuer Vergangenheit. Leopold hatte nicht nur Treviso, sondern auch Feltre und Belluno wieder geräumt. Einzig die adriatische Hafenstadt Triest, die 1382 unter nicht mehr genau rekonstruierbaren Umständen in die Hände Leopolds gelangte, sollte habsburgisch bleiben, und zwar für mehr als ein halbes Jahrtausend.

Das besondere Augenmerk Leopolds galt den habsburgischen Stammlanden im Westen. Trotz aller Bruchstückhaftigkeit deutet vieles auf eine planmäßige Erwerbungspolitik des Herzogs in diesem Raum, die auf die Herstellung einer möglichst kontinuierlichen Verbindung zwischen Tirol und dem Elsass abzielte. Dazu gehört auch der 1375 mit den Grafen von Montfort vereinbarte Kauf der Grafschaft Feldkirch im heutigen Land Vorarlberg, dessen habsburgisch-österreichische Geschichte damals ihren Anfang nahm. Das verstärkte Engagement Leopolds im Westen rief bald die Gegner auf den Plan, allen voran die Eidgenossen. Es ist die aggressive Expansionspolitik der Stadt Luzern gewesen, die den Konflikt im Winter 1385/86 schließlich eskalieren ließ. Am 9. Juli 1386 kam es auf einer Anhöhe oberhalb Sempachs zum Zusammenstoß des habsburgisch-österreichischen Ritterheeres mit den vereinigten Luzernern, Urnern, Schwyzern und Unterwaldnern. Nach anfänglichen Vorteilen der österreichischen Ritter endete der Kampf für diese mit einer Katastrophe. Leopold ist in der Schlacht gefallen. In der späteren österreichischen Chronistik und Propaganda fand sein Tod eine geradezu mythische Überhöhung, die indes wenig mit der politischen Realität der ersten Jahre nach der Schlacht zu tun hat.

Unter dem Eindruck der Sempacher Ereignisse übertrug der älteste Sohn des gefallenen Herzogs, der sechzehnjährige Wilhelm, im Wiener Vertrag vom 10. Oktober 1386 die leopoldinischen Länder auf Lebenszeit an seinen Onkel Albrecht III. Noch einmal kam es so zu einer temporären Aufhebung der Neuberger Länderteilung. Als der vorländisch-österreichische Adel bei Näfels 1388 eine weitere schwere Schlappe gegen die Eidgenossen erlitt, brachte Herzog Albrecht den Krieg zu einem raschen Ende. Seine Pläne gingen in eine gänzlich andere Richtung. Mit der wieder in einer Hand vereinigten habsburgischen Territorialmacht im Rücken fühlte sich Albrecht 1394 stark genug, als erster Habsburger nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder nach der Reichskrone zu greifen. Die offenkundige Schwäche des Luxemburgers Wenzel schien wie eine Einladung. Doch die rheinischen Kurfürsten waren nicht gewillt, das Königtum Wenzels gegen das eines Habsburgers einzutauschen, und stützten den König vorläufig noch. Herzog Albrecht III. stand mitten in den Rüstungen für den Entscheidungskampf um die römisch-deutsche Krone, als ihn am 29. August 1395 der Tod ereilte.

Die folgenden zwei Jahrzehnte waren gekennzeichnet von immer erbitterter geführten innerdynastischen Kämpfen. Noch hatte es eine Zeitlang den Anschein, als würde das Seniorats- gegenüber dem Teilungsprinzip die Oberhand behalten. Es gelang nämlich Wilhelm, dem ältesten Sohn Herzog Leopolds und Senior des Gesamthauses, entgegen den Bestimmungen des Neuberger Vertrages am 22. November 1395 seinem Cousin Albrecht IV. die Mitregentschaft im Herzogtum Österreich abzutrotzen. Doch letztlich scheiterte Wilhelm an den eigenen jüngeren Brüdern Leopold, Friedrich und Ernst. Als Wilhelm, der im Herzogtum Österreich nach dem Tod Albrechts IV. als Vormund von dessen Sohn Albrecht V. zuletzt alleine regiert hatte, im Jahre 1406 starb, traten die habsburgischen Länder in eine Phase hässlichster innerer Zerfleischung ein. Im Untergrund schwelende soziale Konflikte wurden in diesen Jahren an die Oberfläche gespült und führten insbesondere in Wien zu heftigen Ausbrüchen. Schon im Herbst 1395 hatten die Wiener Handwerker Wilhelm zum Sieg über seinen Cousin Albrecht IV. verholfen. Der Leopoldiner dankte es ihnen durch eine Reform der Stadtverfassung, welche der Vorherrschaft des erbbürgerlichen Patriziats ein Ende setzte. 1407/08 wiederholten sich die Frontstellungen, auf der einen Seite die Handwerker, die für Leopold IV. eintraten, auf der anderen der für Ernst votierende, patrizisch dominierte Stadtrat. Dieses Mal war der Ausgang blutig. Fünf Handwerker wurden auf Befehl des Wiener Bürgermeisters Konrad Vorlauf hingerichtet, ehe diesen nach einem brüsken Umsturz der Machtverhältnisse auf Anordnung Herzog Leopolds das gleiche Schicksal ereilte.

Das Eingreifen des ungarischen und römisch-deutschen Königs Sigismund beendete die innerdynastischen Auseinandersetzungen. Seit 1411 gab es drei einigermaßen stabile habsburgische Länderblöcke. Im Herzogtum Österreich regierte Albrecht V., die innerösterreichische Ländertrias Steiermark, Kärnten und Krain lag in den Händen Herzog Ernsts, und dessen jüngerer Bruder Friedrich IV. beherrschte Tirol und die Vorlande. Während Herzog Albrecht ganz eigene Wege ging, blieben die Verbindungen zwischen den beiden Leopoldinern Ernst und Friedrich enger. Man stimmte in wichtigen Fragen überein, und nicht zuletzt teilten die Brüder die politische Gegnerschaft zum Luxemburger Sigismund. Dessen Intervention in die habsburgischen Familienkonflikte hatte Ernst nur mit Mühe verwunden, und er begegnete dem Reichsoberhaupt zeitlebens mit allergrößtem Misstrauen. Der Gegensatz zu Sigismund veranlasste ihn auf der Suche nach Verbündeten 1412 zu einer Ehe mit Cimburgis von Masowien, einer Nichte des polnischen Königs Wladislaw II. Jagiełło, die ihm den späteren Kaiser Friedrich III. gebar. Besonderes Konfliktpotential zwischen König Sigismund und Herzog Ernst ergab sich durch den Aufstieg der Grafen von Cilli. Die intensive Förderung, welche der römisch-deutsche König dem in den innerösterreichischen Ländern reich begüterten Grafenhaus angedeihen ließ, empfand Ernst als Bedrohung seiner landesfürstlichen Stellung. Tatsächlich nutzte Sigismund alle ihm als Reichsoberhaupt zu Gebote stehenden Mittel, um die Cillier aus der habsburgischen Landesherrschaft herauszulösen. 1423 musste Ernst auf die Lehenshoheit über die Grafen verzichten. Das habsburgische Landesfürstentum war in den innerösterreichischen Ländern massiv unter Druck geraten, obgleich Ernst sich nach Kräften um Schadensbegrenzung bemühte.

Um vieles dramatischer noch als im Falle Herzog Ernsts verlief die Auseinandersetzung zwischen dem Reichsoberhaupt und dem Tiroler Landesfürsten Herzog Friedrich IV. Durch ungeschicktes Verhalten – Friedrich ermöglichte dem Pisaner Papst Johannes XXIII. auf dem Konstanzer Konzil zum Ärgernis des Reichsoberhaupts die Flucht aus der Konzilsstadt ins österreichische Schaffhausen – war dieser in schärfsten Gegensatz zu Sigismund geraten, der über ihn am 30. März 1415 die Reichsacht verhängte und ihn seiner Länder für verlustig erklärte. Als Gefangener in Konstanz sah sich Herzog Friedrich vor den Ruinen seiner Herrschaft. Während die sofort zur Exekution der Reichsacht herbeigeeilten Eidgenossen die aargauischen Stammgüter der Habsburger besetzten, griff Herzog Ernst zum Schutz der habsburgischen Interessen in Tirol ein, wo der Zerfall des Landes in einzelne reichsunmittelbare Adelsherrschaften drohte. Mehr als ein Jahrzehnt sollte Friedrich IV. um die Wiederherstellung seiner landesfürstlichen Stellung in Tirol kämpfen müssen. Seine Kontrahenten aus dem Tiroler Adel, unter ihnen der berühmte Dichter Oswald von Wolkenstein, sympathisierten mit dem römisch-deutschen König, suchten und fanden bei diesem Rückhalt gegen ihren Landesfürsten. Noch einmal verhängte König Sigismund 1423 die Acht über Friedrich. Erst nach dieser Krise, die die letzte für das Tiroler Landesfürstentum Friedrichs war, besserten sich die Beziehungen zwischen dem Habsburger und dem Reichsoberhaupt.

Im Gegensatz zu den Leopoldinern Ernst und Friedrich hatte Albrecht V. seit 1411 den engen politischen Anschluss an König Sigismund gesucht. Der Luxemburger verlobte den 14jährigen Habsburger schon am 7. Oktober 1411 in Pressburg mit seiner erst zweijährigen Tochter Elisabeth. Am 26. April 1422 fand in Wien die Hochzeit statt, die Albrecht zum Erben des Hauses Luxemburg machen sollte. Die Aussicht auf das luxemburgische Erbe band Herzog Albrecht V. in der Folge denn auch auf das engste an Sigismund, dessen einziger wirklich verlässlicher Bündnispartner er war. Zu einer schweren Hypothek von Albrechts Herrschaft im Herzogtum Österreich wurde der seit 1419 von König Sigismund geführte Kampf gegen den Hussitismus in den böhmischen Ländern, in den sich Albrecht V. tief verstrickte. Als Pfandherr, dann Statthalter und zuletzt seit 1423 förmlich belehnter Markgraf von Mähren stand der österreichische Herzog an vorderster Front gegen die »böhmischen Ketzer«, die seit 1425 ihrerseits in die Offensive gingen und die nördlich der Donau gelegenen Gebiete Nieder- und Oberösterreichs bis 1432 fast jährlich mit Krieg überzogen. Um der hussitischen Einfälle Herr zu werden, erließ Albrecht mehrere Aufgebotsordnungen, die eine Rekrutierung von Bauern und die Nachahmung der bewährten hussitischen Kampftechniken zum Ziel hatten. Erfolge sind dieser Reform der Landesverteidigung nicht abzusprechen. Ein durch Bauern verstärktes Aufgebot fügte den Hussiten im Oktober 1431 im nördlichen Niederösterreich bei Waidhofen an der Thaya erstmals eine vernichtende Niederlage zu.

Der Krieg gegen die Hussiten hatte für Albrecht neben der Allianzverpflichtung gegenüber dem Schwiegervater auch eine starke kirchenpolitisch-religiöse Komponente. In der Person des Habsburgers verbanden sich realpolitischer Sinn und echte Frömmigkeit zu einer rigiden Landeskirchenpolitik. Albrecht fühlte sich für den Zustand des Klerus verantwortlich, und maßgebliche Theologen bestärkten ihn auch in dieser Anschauung. Noch bevor das Konstanzer Konzil entsprechende Dekrete erlassen hatte, nahm er die Reform der österreichischen Klöster in die Hand. Der renommierte Wiener Universitätslehrer Nikolaus von Dinkelsbühl lieferte die reformtheoretischen Konzepte, und Albrecht sorgte für deren Durchsetzung mittels landesfürstlicher Klostervisitationen, zu welchen Papst Martin V. den österreichischen Herzog im Jahre 1418 ausdrücklich ermächtigte. Als »Melker Reform« hat diese von Herzog Albrecht angestoßene monastische Reformbewegung, der viele österreichische Klöster im 15. Jahrhundert eine kulturelle Blüte und wirtschaftliche Gesundung verdanken, überregionale Geltung erlangt.

Überschattet wird die Regierungstätigkeit Albrechts V. durch die auf Befehl des Herzogs mit äußerster Grausamkeit ins Werk gesetzte Vernichtung der österreichischen Judengemeinden in den Jahren 1420/21 (Wiener Gesera). Man beschuldigte die Juden, mit den Hussiten gemeinsame Sache gemacht zu haben, später wurde, wahrscheinlich um die Brutalität des herzoglichen Vorgehens zu rechtfertigen, auch der Vorwurf der Hostienschändung erhoben. Verfolgung, Güterkonfiskationen und Vertreibungen hielten fast ein Jahr an. Zuletzt gingen am 12. März 1421 die in Wien noch verbliebenen Juden – es sollen mehr als 200 Männer und Frauen gewesen sein – in den Feuertod. Danach bestanden jüdische Gemeinden nur noch in der Steiermark und in Kärnten bis ans Ende des Mittelalters. Die Ausweisung der dort ansässigen Juden ließ sich Maximilian I. im Jahre 1496 von den Ständen der beiden Länder durch beträchtliche Zahlungen abkaufen.

Trotz einer im Zeitalter der habsburgischen Teilungen sehr unterschiedlichen äußeren Geschichte weisen die einzelnen österreichischen Länder in ihrer inneren Entwicklung etliche gemeinsame Strukturmerkmale auf. Überall nahmen die Landstände in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts feste Gestalt an. Es ist gleichsam die Formationsphase für den frühneuzeitlichen Dualismus von Landesfürst und Ständen in den österreichischen Erblanden. Wohl hatte es ständische Mitwirkung schon früher gegeben, doch erst jetzt wurden der Kreis der zur Mitbestimmung Berechtigten beziehungsweise Ort, Form und Gegenstand des Verhandelns mit dem Fürsten normiert. Die innerhabsburgischen Konflikte haben diesen Prozess der institutionellen Verstetigung ohne Zweifel begünstigt. Als erster nachweisbarer Landtag gilt eine am Dreikönigstag 1397 nach Wien zur Beratung der Türkengefahr einberufene Ständeversammlung. Über den Charakter dieses Tages besteht bis heute eine gewisse Unsicherheit. Obgleich nur Ladungen für Ständemitglieder aus dem Herzogtum Österreich bekannt sind, könnte es sich doch um eine Versammlung der Stände mehrerer habsburgischer Länder gehandelt haben. In diesem Fall wären die Ländertage der Ausbildung der Einzellandtage zeitlich vorausgegangen. In der Steiermark trat der erste Landtag nämlich wahrscheinlich 1412 zusammen, in Tirol lässt sich eine Konsolidierung ständischer Versammlungsformen frühestens um 1417/20 nachweisen. Die unterschiedliche Geschichte und Struktur der Länder schlug sich in der Zusammensetzung der landständischen Vertretungen nieder. Während in Österreich, der Steiermark und Kärnten Prälaten, Adel und landesfürstliche Städte bzw. Märkte die Landstände ausmachten, erreichte in Tirol auch die bäuerliche Bevölkerung in Form der sogenannten Täler und Gerichte die Landstandschaft. Dies hatte mit der prekären Situation des Tiroler Landesfürstentums im frühen 15. Jahrhundert zu tun; Herzog Friedrich IV. dankte im Konflikt mit dem Reichsoberhaupt tatsächlich nicht zuletzt den Bauern sein politisches Überleben. Vor allem aber gründete die bäuerliche Vertretung auf den Landtagen seit den 1420er Jahren in der Geschichte des Landes. Mehr als in anderen österreichischen Ländern bestand in Tirol seit den Tagen Herzog Meinhards II. eine direkte Beziehung zwischen den bäuerlichen Untertanen und den Landesfürsten. Die adelige Grundherrschaft erlangte hier nie die Bedeutung wie in den östlichen Ländern der Habsburger.

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