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Gutachter

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Der Rechtsexperte, Professor Bieger, konnte anhand seines Gutachtens dem Gericht schlüssig beweisen, dass der Angeklagte, der irrtümlicher Weise als Verhaltensgestörter mit krimineller Energie bezeichnet wurde, sich zu keinem Zeitpunkt seines Sparkassenüberfalles von unedlen Motiven treiben ließ, weder von der Sucht nach dem bequemen Gelderwerb noch von Raffgier. Niedere Beweggründe seien gänzlich auszuschließen. Der mutmaßliche Täter habe bei der Vorbereitung des Überfalles eine erstaunliche Sorgfalt und ein großes Verantwortungsbewusstsein gezeigt, auch wenn er die Schalterbeamtin mit einer Pistole einschüchterte, den hinzu eilenden Filialleiter mit einem Faustschlag niederstreckte und sich genötigt sah, einen zufällig in den Schalterraum kommenden Kunden zu fesseln.

Die massiven verbalen Beschimpfungen des Zweigstellenleiters hätten es dem Täter schwer gemacht, seine Aggressionen zu mäßigen. Die hysterischen Schreie der noch jungen Schalterbeamtin, die außer Stande war, sich in der ohnehin gespannten Atmosphäre gelassen zu verhalten, hätten nicht dazu beigetragen, eine solche Situation zu entkrampfen. Außerdem hätte der hinzukommende Sparkassen-Kunde die Beschimpfung: „Sie Gangster, Sie!“, zu einem Zeitpunkt, da der Angeklagte, der eine Maske trug, weder als Täter identifiziert werden konnte, noch durch ein Gericht rechtskräftig verurteilt war, seine Äußerung nur mit der Einschränkung „Sie mutmaßlicher Gangster“, tun dürfen.

Das habe zu einer Kränkung des Ehrgefühls des Angeklagten geführt, auf das auch ein Krimineller Anspruch hat. Der im Verdacht des Banküberfalls stehende Täter sieht sich deshalb auf Anraten seines Rechtsanwaltes gezwungen, eine Beleidigungsklage gegen den Sparkassen-Kunden wie gegen die beiden Anwesenden, die dieser Äußerung nicht widersprochen haben, einzureichen.

Der Gutachter, der nach sorgfältiger Prüfung aller in Frage kommenden Gesichtspunkte, der Überzeugung Ausdruck gab, dass auch Extrem-Situationen, wie sie bei Überfällen nun einmal entstehen, bei größerer Besonnenheit aller Beteiligten gemeistert werden könnten, stellte bei den angeblichen Opfern einen erschreckenden Mangel an Einfühlungsvermögen in die prekäre finanzielle Situation des mutmaßlichen Täters fest, der wegen seiner Überschuldung verständlicherweise in eine Panikreaktionen getrieben worden war.

Der Gutachter, der zu bedenken gab, dass der Angeklagte, der wohl bewaffnet war, nicht geschossen habe, obwohl er dazu jederzeit in der Lage gewesen wäre, legte den Richtern nahe, bei Ihrem Urteil zu berücksichtigen, dass der Angeklagte, der immerhin erst zwei Banküberfälle unternommen habe, erst am Anfang seiner Laufbahn stehe und aus diesem Grund noch sehr unerfahren sei. Er empfahl deshalb, statt eine Strafe zu verhängen, mit der erfahrungsgemäß doch nie eine Besserung zu erreichen sei, dem mutmaßlichen Täter, der schon als Kind mit Taschengeld kurz gehalten wurde, zu gestatten, dass er das durch seinen Sparkassenraub erbeutete Geld behalten darf, um ihm die Möglichkeit zu geben, mit Hilfe einer Intensivtherapie zu lernen, damit sinnvoll umzugehen.

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