Читать книгу Die O´Leary Saga: Todesatem - Werner Diefenthal - Страница 13
ОглавлениеDas Feuer wütete im Viertel der Händler. Mit viel Mühe gelang es, den Brand zu löschen. Horatio stand vor den Resten des Ladens, in dem der Kartograph gelebt und gearbeitet hatte. Wie durch ein Wunder gab es nur einen einzigen Toten. Abi.
Horatio hockte neben der halbverbrannten Leiche und betrachtete sie. Er war es mittlerweile gewöhnt, Leichen zu sehen. In London hatte er mehrere sehen müssen, davon zwei, die auf sein Konto gingen.
»Abi, was ist passiert?«, flüsterte er. Doch der Tote konnte ihm keine Antwort mehr geben. Zu gerne hätte er Andrew O’Leary geholt, damit dieser eine Leichenschau durchführen konnte. Aber er wusste, dass er nicht zu ihm gehen durfte. Schon wurde Abi weggebracht. Horatio sah sich um. Einige der Geschäfte in unmittelbarer Nähe waren in Mitleidenschaft gezogen worden, aber wie die Ameisen waren die Menschen bereits dabei, die Schäden zu reparieren. Er wusste, innerhalb weniger Tage würde auch hier, wo einst Abi seine Geschäfte betrieben hatte, ein neues Haus stehen. Nichts würde mehr an den Vorfall erinnern. Man wartete nicht auf die Polizei. Es war sinnlos, denn sie würden sich nur wichtig machen, aber Ermittlungen würden, wenn überhaupt, nur halbherzig durchgeführt werden.
»Das kann nur das Werk Esubams sein«, sagte er zu sich selbst. Es konnte kein Zufall sein, dass kurz nach dessen Besuch ein Feuer ausgebrochen war. Er drückte die Tasche, in der die Karten steckten, die er von Abi erhalten hatte, an sich. Er musste diese, so rasch es ging, zu Sefu schaffen. Doch vorher ging er ins Hotel zurück.
Er schlich sich durch den Seiteneingang hinein. In seinem Zimmer betrachtete er erneut die Karten. Einem plötzlichen Impuls folgend, nahm er einen Briefbogen und skizzierte, so gut er es konnte, die Landschaft und die entsprechenden Stellen. Warum er das tat, war ihm selbst schleierhaft. Ein Schrei, wie der von einer Eule, drang zu ihm. Er ging zum Balkon, von dem aus er in den Garten sehen konnte. An einem Baum hing, fast nicht sichtbar, ein kleiner Stofffetzen. Horatio wusste, dass dort ein Mitglied der Bruderschaft wartete. Er pfiff dreimal, blickte sich noch einmal um und ließ die Tasche mit der Karte fallen. Ein Schatten eilte herbei. Schon war er wieder verschwunden, mitsamt der Karte. Horatio ließ sich erschöpft auf das Bett fallen und schloss die Augen.
»Verdammt, Sarah. Wo sind wir dieses Mal hineingeraten?«
Esubam dachte nach. Ihm war bewusst, dass sein Plan, den er sich sorgfältig zurechtgelegt hatte, ins Wanken geraten war. Dabei hätte es so einfach sein sollen. Zuerst wollte er dieses Grab finden, von dem er gehört hatte. Dann würde er dieses geheimnisvolle Artefakt finden. Hinter vorgehaltener Hand wisperte man sogar, dass es sich dabei um die biblische Bundeslade handelte. Sarah sollte ihm helfen, es zu untersuchen. Und dann – wenn alles so gelaufen wäre, wie er es geplant hatte – dann würde er ein Heilmittel in den Händen halten, das mit Gold nicht aufzuwiegen war. Nach den Überlieferungen würde es gegen alles helfen. Es sollte sogar das Altern aufhalten. Und das, darüber war sich Esubam im Klaren, würden sich einige Menschen viel kosten lassen.
Doch nun sah es so aus, als ob es jemanden gab, dem dies nicht recht war. Er wusste noch nicht, wer es war. Ob es nun Neider waren oder Grabräuber, das spielte keine Rolle. Es galt nur, sie zu überlisten.
Was ihm im Moment weit mehr Sorgen machte, war die Tatsache, dass Sarah sich weigern könnte, mit ihm zurück in den Wadi zu gehen. Wenn die Vorfälle allein nicht ausreichten, sie zu entmutigen, würde ihr Vater es vielleicht tun. Und das konnte er nicht erlauben. Sie war sein Schlüssel. Kein anderer Arzt wäre willens oder in der Lage, zu tun, was getan werden musste.
Er glaubte, Sarah durchschaut zu haben. Sie durfte nicht studieren, durfte keine Ärztin werden. Also würde sie ihren Ehrgeiz auf andere Art befriedigen. Bei der Suche nach einem Heilmittel gegen die Syphilis war sie nicht weitergekommen. Und der Legende nach musste der angebliche Inhalt dieses Artefakts auch in der Lage sein, diese Krankheit zu heilen.
Doch er musste sie motivieren. Sie hatte Angst, das sah er. Nachdenklich öffnete er seinen Koffer, betrachtete die Phiolen. Der Inhalt war, wenn nicht tödlich, doch dergestalt, dass der Empfänger in einen totenähnlichen Zustand fiel. Und er wusste, wem er das Mittel injizieren musste, um Sarah bei der Stange zu halten. Er hoffte jedoch, dass es dazu nicht kommen musste. Vorerst verließ András sich noch auf seine Wirkung, sein Charisma und seine Ausstrahlung. Im Laufe der Zeit hatte er gelernt, wie man mit Menschen, besonders Frauen, umgehen musste und wie man sie am geschicktesten manipulierte. Bei Sarah war es nicht so einfach, wie er gehofft hatte. Sie war unabhängiger und klüger als alle Frauen, die er bisher kennengelernt hatte. Aber er war sich sicher, dass er auch sie umgarnen würde.
Von Anfang an hatte er gedacht, dass sie mehr als nur seine Begleitung, seine Hilfe werden könnte. Doch Sarah hatte ihm recht bald, schon auf der Überfahrt, unmissverständlich klargemacht, dass sie nicht in sein Bett kommen würde. Er bedauerte es zwar, hatte aber in diesem Moment eingesehen, dass es wohl zu früh gewesen war. Doch wer wusste schon, was die Zukunft noch bringen würde?