Читать книгу Hydra - Werner Karl - Страница 6

Im Ultraraum

Оглавление

Das auf eine bizarre Größe gezüchtete Lebewesen glitt ruhig durch den Ultraraum, der unerklärlichen Zone zwischen den Dimensionen. Dabei fühlte es sich so frei wie noch nie zuvor in seinem Leben. Es hätte sein Ziel – die Dimension, in der es geboren, mental vergewaltigt und als Sklave gedient hatte  viel schneller erreichen können. Und sich damit der Gefahr ausgesetzt, von seinen alten Unterdrückern wieder die geistigen Fesseln angelegt zu bekommen. Auch die Gravitationsbeben, ausgelöst durch die millionenfachen Ultraraumsprünge der Mörder-Schiffe, ließen dem Lebewesen eine Rückkehr in seine Heimat wenig verlockend erscheinen. Also ließ es sich Zeit.

Selbst die Dimension, aus der es gerade kam, die Dimension der Mörder, schien auf Dauer kein geeigneter Ort zu sein, an dem es ohne Leiden den Rest seines Lebens hätte verbringen wollen. Das permanente Rauschen des Kosmos fügte ihm in seinen Ohren und gleichermaßen in seinem Gehirn Schmerzen zu. Keine unerträglichen Schmerzen, aber unablässig wispernde, störende und belastende.

Bei seinem ersten Aufenthalt in der fremden Dimension war es zu einem … Unfall gekommen. Das dort vorherrschende kosmische Rauschen war dem kleinen Trupp Kriecher – also seinen Sklavenhaltern, die sich in seinem Inneren aufgehalten hatten – völlig fremd und wie die Anwesenheit feindlicher Mutanten vorgekommen. Eine scheinbar gigantische Zahl parapsychisch begabter Gegner hatte sie in Panik ausbrechen lassen. Sie hatten ihre symbiotischen Verbindungen untereinander aufgegeben und sich in die hintersten Winkel ihres riesigen Sklaven verkrochen. Als dumpfe Einzelwesen, zu nichts mehr anderem fähig als animalischen Handlungen.

Das Lebewesen hatte damals erstaunt festgestellt, wie mehrere Wach- und Schlafphasen vergangen waren, ohne dass seine Peiniger ihren Irrtum erkannt, sich wieder zu intelligenten Wesenheiten vereint … und es erneut unter ihren hypnotischen Zwang gebracht hatten. Es war lange Zeit unschlüssig in der fremden Dimension durch das All getrieben, hatte zu ergründen versucht, ob es die Freiheit nur vorübergehend geschenkt bekommen hatte oder ob dieses Glück tatsächlich von Dauer sein könnte.

Auch die Stampfer, von denen es viele Hunderte in seinem Leib getragen hatte, waren damals verwirrt gewesen. Zwar hatten sie anfangs ihre üblichen Aufgaben absolviert und das Lebendschiff gepflegt, ihren Eifer aber verloren, je länger ihre Schinder ferngeblieben waren.

Nach langer Zeit, zwischen Vorsicht und Hoffnung hin und her schwankend, hatte sich das riesige Lebewesen entschlossen, etwas zu tun, was es noch nie zuvor getan hatte: etwas selbst zu entscheiden!

Am Rande einer Galaxis der Mörder-Dimension hatte es ein einsames Sonnensystem gefunden, welches nur einen einzigen Planeten besaß. Es war auf dieser Eiswelt gelandet, hatte seinen Körper an mehreren Stellen geöffnet und alle Stampfer ins Freie gelassen. Auch sie sollten wirklich frei sein. Denn in seinem Leib hätten sie auf lange Sicht nicht überleben können. Die Stampfer waren Planetenbewohner und konnten das All nur im Körper eines Wesens wie ihm durchfliegen. Und das noch nicht einmal selbstständig, sondern als von den Kriechern zum Dienst versklavte Wesen … wie es selbst. Danach hatte es durch Kontraktionen seiner Muskeln und Körperwände dafür gesorgt, dass auch alle Kriecher aus ihren Verstecken gekommen und fast freiwillig in die Kälte gestoben waren. Erst viel später, als die über sein ganzes Leben lang hinweg erduldeten Hypno-Fesseln schwanden, war das Lebewesen zu weitreichenderen Überlegungen fähig gewesen und hatte darüber zu grübeln begonnen, wie sein eigenes Leben nun verlaufen könnte. Leider war es damals in eine emotionale Sackgasse geraten und hatte seinen Traum von Freiheit nur in einem radikalen Schritt gesehen … in seinem Tod. Also hatte es den Eisplaneten verlassen und sich der einsamen Sonne genähert. Für einen Zeitraum, den es nicht mehr genau definieren konnte, war es dort im All getrieben … allein, hoffnungslos und innerlich leer.

Und dann waren sie gekommen: die Hüpfer. Mental völlig stumm und genau deswegen eine überraschende Begegnung für das monströse Wesen, das zeit seines Lebens nur via Gedanken und Emotionen kommunizierte und Befehle seiner Herren und Meister hatte befolgen müssen. Natürlich war es schon vorher Schiffen der Hüpfer begegnet und hatte aus der Distanz verfolgt, wie sich Angehörige seiner Art geopfert hatten, um diese und ihre Besatzungen zu vernichten. Die Todesschreie seiner Artgenossen hallten noch immer in seinem Gedächtnis nach. Die grauenvollen Qualen hatten es damals ebenso gemartert, wie die scheinbar unausweichliche Aussicht, das nächste Opfer des Krieges zu werden.

Doch die Hüpfer hatten es auf die Eiswelt zurückgebracht und dann behutsam zu untersuchen begonnen. Fast mitleidig hatte das Lebewesen die fruchtlosen Versuche über sich ergehen lassen und seinen Paraschirm aufrechterhalten … bis eine weitere Spezies in seine Nähe gelangt war.

Zwar Zweibeiner wie die Hüpfer, aber von völlig anderer Gestalt: schlanker, immer aufrecht gehend und mit deutlich weniger Masse. Es hatte damals beschlossen, diese neue Spezies als Geher zu bezeichnen, denn deren zwei Füße waren fast lachhaft dünn gegen die massiven Extremitäten der Stampfer. Und noch einen Unterschied gab es zu den Hüpfern: Die Geher konnten mit ihm kommunizieren … zumindest eines dieser Wesen. Es hatte eine fast weiße Haut und rote Fäden auf seinem Haupt, während ein anderes Exemplar dieser Spezies eine nachtschwarze Haut besaß und ebensolche Fäden auf seinem Schädel.

Und dann war etwas geschehen, mit dem das Slide-Wesen nicht mehr gerechnet hatte: Es hatte Hoffnung geschöpft. Die Hoffnung, doch ein neues Leben führen zu können. Und eine Freiheit zu erlangen, die es nie hatte genießen dürfen …

Hydra

Подняться наверх