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Cremiger Tanzwein

Freund Martensio stellte mir einen neuen Wein vor, einen weißen Pfälzer namens »Pas de Deux«, eine Cuvée aus Weißburgunder und Chardonnay, mit 14 % Alkohol nicht gerade ein Leichtgewicht. Alkohol ist im Wein, was Fett fürs Essen ist: ein Geschmacksträger. Und so ist es Mode geworden, nicht nur Rotweine, sondern auch Weißweine alkoholisch hochzuprügeln bis an den Rand zum Sherry, ganz egal, ob das den Weinen und denen, die sie trinken, gut bekommt. Alkohol macht den Wein fett, und die Weintester und Punkteverteiler, die nur einen Probierschluck nehmen, können gleich von Geschmackssensationen und ähnlichem Tralafitti berichten.

Einem Wein durch höhere Alkoholdosierung auch mehr geschmackliche Fülle und Intensität zu geben, ist önologisch vergleichsweise leicht. Die raren Vertreter traditioneller Weinkunst verzichten darauf und verdichten ihre Weine anders. Anderthalb Prozent weniger Alkohol klingt wenig, aber wenn ein Zwölfeinhalber genauso viel Geschmack entfaltet wie ein Vierzehner, dann stecken in ihm einfach mehr Arbeit, mehr Qualität und mehr Wissen.

Der Kopf des Weintrinkers dankt es auch; wer soll denn zum Mittagessen ein Glas Hochprozentwein trinken und anschließend noch etwas Gescheites zustande bringen? Man muss sich nur einmal vorstellen, Champagner würde auf 14 % hochgeorgelt; seine Wirkungen wären nicht mehr leicht und beschwingend, sondern nur bedröhnend.

Davon abgesehen war die »Pas de deux«-Cuvée kein übler Tropfen; während ich den Wein weniger schluckte als vielmehr beinahe schon kaute, las ich die Ergebnisse des Winzermarketings auf dem Etikett: »Ein lebhafter Tanz zwischen Weißburgunder und Chardonnay. Er überrascht mit cremiger Fülle, ist pikant und saftig mit einer angenehm fruchtigen Säure. Ein vollmundiger Genuss, der die Sinne verzaubert.«

Seitdem ich 1987 zehn Wochen lang in einer Düsseldorfer Werbeagentur arbeitete, weiß ich, wie solche Tex­te fabriziert werden. 14- oder auch 44-prozentige Weißweine sind dabei äußerst hilfreich, entweder schon während der Herstellung oder anschließend, aus Schamgefühl oder gegen den Ekel. Eine »cremige Fülle«, sonst für Haarshampoo reserviert, schadet eben auch im Wein nicht.

Empfohlen wurde der Wein »zu Antipasti, Hühnchen in Curry, asiatischen Kreationen und vielem mehr«. Noch besser hätte mir »Sushi and more...« gefallen, mit diesem schlüpfrigen, nein cremigen PunktPunktPunkt...-Verspre­chen. Oder gleich dieses: »Geile Brühe, macht zügig breit, wird am besten im gut gekühlten Plastikbecher serviert oder direkt aus der Pulle geschluckt. Ein exzellenter Begleiter zu Heiße Hexe, China-Pfanne, Pommes Schranke und Döner.« Denn im Wein ist die Wahrheit.

Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv

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