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»Mit Werten Bewusstsein gestalten«

»Das Sein bestimmt das Bewusstsein«, hat ein älterer Kollege einmal geschrieben, aber wozu sich mit dem Sein beschäftigen, wenn man doch das Design hat und die Freuden einer polierten Oberfläche? Das Bewusstsein ist, speziell in seiner beliebtesten Form, der Bewusstlosigkeit, etwas, das designt werden kann. Auf den Punkt gebracht wird das von einer Werbeparole der Volks- und Raiffeisenbanken: »Mit Werten Bewusstsein gestalten«.

»Mit Werten Bewusstsein gestalten«, das klingt wuchtig, geradezu deutschphilosophisch tief und jedenfalls irgendwie doll. Bloß wie »gestaltet« man ein »Bewusstsein«, noch dazu mit »Werten«? Kann man ein Bewusstsein kneten, basteln, schneidern, malern oder sprayen? Und um was für »Werte« handelt es sich? Um all jene, die von der Bankenbranche kompetent zerdullert wurden? Beziehungsweise, in Werbesprech formuliert, um »Werte«, die »nachhaltig« zerstört wurden?

Wo von »Werten« die Rede ist, mit denen man »Bewusstsein gestalten« will, da lugt die »Nachhaltigkeit« schon um die Ecke. Zugunsten des »PrivateBanking« als Werbemodel »mit Werten Bewusstsein gestalten« möchte jedenfalls die Fernsehköchin Sarah Wiener, die sich in der Bankenreklame »Köchin für nachhaltigen Genuss« nennen lässt. Was ist »nachhaltiger Genuss«? Einer, der nicht mehr aufhört? Wenn man aß, was eine »Köchin für nachhaltigen Genuss« kochte, hat man dann nur noch Appetit, aber keinen Hunger mehr? Isst man dann nie wieder Mist?

Man weiß es nicht, aber die Wertebewusstseinsgestaltungsreklame der Volks- und Raiffeisenbanken erklärt: »Sarah Wiener lebt gute Ernährung.« Wie »lebt« man Ernährung? Und wie würde man auf jemanden reagieren, der einem mit den Worten »Ich lebe gute Ernährung« gegenübertritt? Würde man höflich und scheu lächeln, weil unsere Meschuggenen ja unter dem besonderen Schutz des großen Manitou stehen? Oder würde man ihn unmissverständlich in die Webeagentur zurückschicken, in der er und sein »Bewusstsein« offensichtlich erzeugt und »gestaltet« wurden?

Welcher »Weg« ist gemeint, von dem die Bankenwerbung erklärt, dass sie ihn »frei macht«? Der »gute Weg, auf dem wir sind«, also der in die Pleite? Wen meinte der Volks- und Raiffeisen-Reklametexter, als er schrieb: »Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt«? Sarah Wiener? Oder ihren Kollegen Johann Lafer, der für die Konkurrenz von der »Sparkassen-Finanzgruppe« wirbt und, Essstäbchen umkrallend, behauptet: »Vermögen braucht Vertrauen«? Wird da noch »Bewusstsein gestaltet«, selbstverständlich »mit Werten«? Oder wird doch das Sein vom Bestusstsein bestimmt?

Das sind Fragen, die beim deutschen »Nachhaltigkeitstag« beantwortet werden, dem allerdings all jene fernbleiben müssen, die zur gleichen Zeit ihren Finanz-, Bank- und Sparkassenberatern den Weg freimachen und das Bewusstsein gestalten, und zwar nachhaltig.

Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv

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