Читать книгу Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv - Wiglaf Droste - Страница 7
ОглавлениеTeamplayer im Goods Flow Lagerbereich
Wenn die Möbelhauskette »Habitat« auf Angestelltensuche geht, liest sich das so:
»Für unseren Store suchen wir ab sofort einen Goods Flow Mitarbeiter (männlich / weiblich).
Sie haben Erfahrung im Lagerbereich?
Sie besitzen einen Führerschein der Klasse C1?
Sie sind ein Teamplayer?
Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbung.«
Abgerundet wird der Text mit einer Selbstauskunft: »Our people make us different.« So sprechen Menschenbesitzer: Unsere Menschen, und der Goods Flow Mitarbeiter männlich / weiblich, also eigentlich Neutrum beziehungsweise Geschlecht egal, Hauptsache billig, ahnt, was auf ihn zukommt im Lagerbereich, wo er mit den anderen Teamplayern den stetigen Fluss der Waren in Bewegung halten wird.
Hilfsarbeiter im Lager und Aushilfsfahrer werden schlecht bezahlt, dürfen zum Ausgleich dafür aber Goods Flow Mitarbeiter heißen. Ein Teamplayer ist ein Befehlsempfänger, den man jederzeit überall hinschicken kann, aber das Wort hat so einen Klang von großer Welt und Befähigung zu noch größerer Leistung: Teamplayer, da ist die Meisterschaft in was auch immer doch fast schon gewonnen, und Deutsche mit langer Erfahrung im Lagerbereich gewinnen im Nu internationales Flair.
Wer einen Hausmeister herabstufen will, macht ihn zum Facility Manager; der arbeitet dann für weniger Geld, ist aber rhetorisch auf Management-Level angekommen. So wird aus einem veritablen Abstieg mit Hilfe aufgeschäumter Sprache doch noch ein Aufstieg. Angestellten smart klingende Titel zu verleihen ist günstig und kostet keinen Cent; falls sich jemand über den Sprachschwindel beschweren sollte, wird man ihn darauf hinweisen, dass ein solch teamschädigendes Verhalten einem Teamplayer nicht gestattet werden kann.
Warum als Kundenbetreuer arbeiten, wenn man doch Key-Account-Manager heißen kann? Vom Schlüsselkind zum Key Account, das ist eine Karriere, die jeden, der vom Tellerwäscher zum Millionär herabsank, erneiden lässt vor Blass beziehungsweise umgekehrt. In Werbeagenturen wimmelt es von Direktoren; wenn der Etat-Direktor mit dem Art-Direktor und dem Creativ-mit-C-Direktor »ins Meeting geht«, dann dröhnt die Hütte, und die Welt vibriert vor Wichtigkeit. Das Erstaunlichste am Selbstbetrug mit erfundenen und wertlosen Titeln ist, dass er funktioniert. Wenn einer erst Manager geworden ist, dann glaubt er sich das irgendwann selber. Es kommt schließlich nicht darauf an, was man tut, sondern darauf, wie und als was man es darstellt.
In dieser Aufmandelwelt hat eine traditionelle, klassische Berufsbezeichnung keinen guten Klang mehr, sondern verströmt die unerwünschte Aura von Versagertum und gescheiterter Existenz. Autor und Kolumnist, das ist heutzutage doch gar nichts, das klingt popelig, da könnte man ganz andere Berufsbezeichnungen und Titel mit sich herumtragen! Sie suchen ab sofort einen Thought Flow Controler im Language Management? Ich freue mich jetzt schon auf meine Bewerbung.