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Entspannte Kommunikation

Der Mann am Nebentisch sieht aus wie Til Schweiger mit diesen Gesichtsflusen, über die man in ein paar Jahren sagen wird, sie seien in besonders peinlichen Zeiten Mode gewesen. Er trägt halblange schwarze Hosen und spricht mit ausladenden Handbewegungen. Ohne neugierig zu sein, erfährt man, dass sein »Projekt« gut läuft und »Perspektive hat« und alles »ganz entspannt« ist. Auch seine Freizeitgestaltung ist »der Hammer« und »total entspannt«, sagt er, ruckelt mit dem Kopf und rudert mit den Armen herum.

Seine Zuhörerin ist deutlich jünger als er, sie hat langes, dunkles Haar, leuchtend dunkle Augen und sagt nichts. Das wäre auch schwierig, denn er spricht ohne Unterlass über sein eines Thema: Wie er doch so großartig und alles so entspannt ist. Dabei starrt er sie aus engen Spermaaugen an, schenkt Wein nach, den er »echt super« findet und das auch mitteilt, sonst wüsste man es ja nicht, und dann wäre das Leben an den Nebentischen des großen Mannes inhaltslos und leer.

Sein Telefon klingelt, er spricht kurz hinein, »ja, alles klar, machen wir so, ganz entspannt«, und dann berichtet er der Dunkelhaarigen, dass auch »das nächste Ding total easy« sein wird. Irgendwann schweigt er tatsächlich mehrere Nanosekunden am Stück; ob er sich eine Zungenzerrung zugezogen hat? Die Dunkelhaarige nutzt die Gelegenheit und spricht. »Mein Freund«, hebt sie an, das ist deutlich, er unterbricht sie und fragt: »Wie läuft es denn so mit euch beiden, alles ganz entspannt?«

Sie spricht weiter, er verlegt sich aufs Interesseheucheln, sagt »Aaah ja«, nickt beständig und lässt seinen ejakulatfarbenen Blick auf ihr liegen, sie klammert sich an die Schutzworte »mein Freund«, und dann passiert das Malheur: Der Samen tritt ihm zwischen den Lidern aus, und sie reicht ihm ein Papiertaschentuch.

Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv

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