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Die Revolution von 1848
ОглавлениеUnter der deutschen akademischen Jugend hatte das Gemeinschaftserlebnis der Freiheitskriege nachgewirkt. Auf dem Wartburgfest wurde 1817 die absolutistische Zeit mit der Verbrennung von Zopf und Korporalstock symbolstark zu Grabe getragen und ein republikanisches Staatswesen gefordert. Aber erst nach der Pariser Februarrevolution 1848 sprang der Funke auf Berlin, Leipzig, Frankfurt und Stuttgart über. Liberale Politiker übernahmen in den deutschen Mittelstaaten die Regierung, und eingeschüchtert gewährten die verschreckten Fürsten Presse- und Versammlungsfreiheit, um ihre Throne zu retten.
In Österreich und Preußen vollzog sich die Revolution gewaltsamer. Am 13. März 1848 bedrängten Menschenmassen in Wien die Hofburg, Barrikaden wurden errichtet. Der Aufforderung des greisen Staatskanzlers Metternich, Widerstand zu leisten, kam die Regierung nicht nach. Metternich musste fliehen. Überall im Habsburgerreich begann es zu brodeln: Während Ungarn sich für autonom erklärte, vertrieb Mailand die österreichische Besatzung, und in Venedig wurde die Republik ausgerufen.
Fünf Tage später kam es in Berlin anlässlich einer Demonstration vor dem Schloss zu Schießereien. Daraus entwickelten sich Straßenkämpfe mit dem Militär, die 230 Todesopfer forderten – meist Arbeiter, Handwerker und Studenten. König Friedrich Wilhelm IV. übernahm daraufhin die schwarz-rotgoldenen Farben der Märzrevolutionäre und versprach, dass Preußen fortan in Deutschland aufgehen werde.
Anfang April 1848 begann in Frankfurt ein Vorparlament zu tagen. Es sollte freie Wahlen zur deutschen Nationalversammlung vorbereiten. Unter Präsident Heinrich von Gagern versammelten sich am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche 586 Abgeordnete – auf je 50 000 Einwohner kam ein Abgeordneter. In Paris und in Wien flackerte das revolutionäre Feuer in den Sommermonaten wieder auf. Der österreichische Reichstag wich ins ostmährische Kremsier in den dortigen Bischofspalast aus. Am 31. Oktober 1848 eroberten kaiserliche Truppen Wien zurück.
Dessen ungeachtet arbeitete in Frankfurt das Parlament weiter an der Reichsverfassung und empfahl Österreich, die seinen Völkern zugestandenen Rechte und Freiheiten zu wahren. Mit Stimmenmehrheit wählten die Abgeordneten König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zum Kaiser, der lehnte jedoch ab. Daraufhin wurden Preußens und Österreichs Abgeordnete abberufen. Nach der Auflösung des Paulskirchenparlaments blieb nur ein »Rumpfparlament« von 100 Abgeordneten übrig. Es zog nach Stuttgart um und wurde dort im Juni 1849 durch das Militär gesprengt. Die letzten Volkserhebungen am Rhein, in Berlin und Dresden sowie in Baden und der Pfalz wurden blutig erstickt. Der Vertrag von Olmütz stellte 1850 unter österreichischer Führung den »Deutschen Bund« wieder her, damit war ein Schlussstrich unter die Revolutionszeit gezogen.
Woran ist diese hoffnungsvolle parlamentarische Entwicklung gescheitert? War es die Angst des Bürgertums vor dem Radikalismus oder der Mangel an politischer Erfahrung? Wurden die Machtverhältnisse im In- und Ausland unterschätzt? Die Folgen waren zumindest weitreichend. Das Bürgertum zog sich aus der Politik zurück und wendete sich der Wirtschaft und den Wissenschaften zu.
Nach Ausbruch der Revolution in Ungarn 1848 fühlte der slowakische Abgeordnete im ungarischen Parlament L’udovít Stúr (1815–1856) die Stunde der Slowaken gekommen. Mit Parteifreunden rief er am 10. Mai zur Bildung einer Nationalversammlung auf, welche ein föderales Ungarn postulierte. Die Grenzen nach ethnischen Gesichtspunkten sollten respektiert und ihre Muttersprache im Amtsverkehr und in allen Bildungseinrichtungen zugelassen werden. Hinzu kam die Forderung nach einem allgemeinen Wahlrecht unter Berücksichtigung der proportionalen Vertretung der Slowaken im ungarischen Gesamtparlament. Bei der slowakischen Bevölkerung fand dies großen Anklang, doch der Hochadel begann nun den erwachten Widerstand mit aller Härte zu unterdrücken. Slowakische Aufrührer wurden gehenkt, derweil flüchteten L’udovít Stúr, Jozef Hurban und Michael Hodza nach Österreich. In Wien gründeten sie den »Slowakischen Nationalrat« und erklärten die Slowakei für losgelöst aus dem ungarischen Staatsverband.