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Elisabeth und Paul, ganz nahe, sehr nahe

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„Lieber Herr Paul, das Schicksal hat uns nun sehr eng miteinander verbunden! Ich mache Gebrauch von einem ungeschriebenen Gesetz, bei dem ich das Vorrecht habe dank der drei Monate, die ich älter bin: Lass uns ohne Champagner, aber mit einem Glas Saale-Unstrut auf ein gutes Gelingen all unserer Ideen anstoßen! Ich bin die Elisabeth, ich schlage das vertrautere Du vor.“

„Ich zittere ein wenig, das ist fast zu viel der Ehre. Danke

Frau … äh … Elisabeth, ich bin der Paul.“

„Ein Kuss in Freundschaft?“

„Oder lieber drei?“

„Sie … äh … du gehst ja ganz schön ran!“

„Oh ja, wenn schon, denn schon. Ich muss ein paar Jahrzehnte verpasster Chancen nachholen, es ist nie zu spät. Auch oder gerade in unserem Alter. Wenn wir auf Kreuzfahrt wären, würde ich jetzt nach deiner Kabinennummer fragen …“

„Ich möchte dich noch über ein paar Details informieren, die du wissen solltest oder zu denen du noch eine Entscheidung treffen musst.“

„Och, lieber nicht, ich lege mein Schicksal ganz in deine Hände. Du wirst es schon richten und alles richtigmachen.“

„Du musst aber trotzdem in grobem Zügen wissen, was mit dir passiert, nicht dass du plötzlich in Panik gerätst, weil du in einer für dich unerklärlichen Situation bist. Die Wissenschaftlerin in mir sagt: Du sollst die wichtigsten Schritte erfahren - okay?“

„Okay, aber bitte nicht zu lange, ich freue mich schon auf die Hauptspeise.“

„Also, du hast den Transferraum gesehen. Dort werden wir mit fast dem gesamten Team …“

„… nicht mit dir alleine, wir zwei bei einem Transfer?“

„Paul, bitte ernsthaft! Es geht hier um eine menschheitsverändernde, hochwissenschaftliche und nicht gerade ungefährliche Arbeit, an deren Ende ein neuer Mensch mit all seinen Facetten steht.“

„Raoul, ich hör‘ dich piepsen!“

„Paul, bitte! Wir müssen dein Erbgut aus allen Organen überlisten. Du musst es dir wie eine Computer-Software vorstellen, die alles steuert, was im Körper passiert. Gespeichert ist diese genetische Information in jeder einzelnen Zelle als doppelsträngige Molekülkette aus Desoxyribonukleinsäure, in der Abkürzung DNA genannt. Diese sind recht anfällig für Störungen, deswegen müssen wir sehr sorgfältig und genau vorgehen. Wir transferieren deine DNA gezielt in den Körper des neuen Menschen, daher der Name des Raumes, der später sicher zum Museum erklärt werden wird. Unsere Tests waren bisher meist erfolgreich, wir haben heimlich still und leise so alles geklont, was es an Gattungen gibt, Du kannst dir ja mal bei Gelegenheit unseren Zoo anschauen. Und du wirst nun die Krönung sein: Der erste Mensch wird aus dir transferiert.“

„Made in China. Erinnert mich an die Industrieprodukte von ihnen, alles geklaut.“

„Paul, bitte ernsthaft! Du sollst auch wissen, dass es Risiken gibt. So viele Einzelteile haben wir noch nie zusammengefügt, aber wir haben sechzehn Spezialisten, genauer gesagt Hyperspezialisten, alle hätten den Nobelpreis verdient, so weit voraus sind wir in der Forschung.“

„Und alle stehen um mich herum und zapfen ab?“

„Dazu hat jeder noch zwischen drei und fünf Assistenten.“

„Ganz früher habe ich mal Fußball gespielt, da wären wir stolz gewesen, wenn wir so viele Zuschauer gehabt hätten.“

„Wir arbeiten mit vier Kopien: Eine für den Klon, eine für die Tiertransplantationen und zwei in Reserve, die kommen dann in denselben Raum wie unsere Führung.“

„Dann musst du mir aber die Haare schwarz färben, damit ich zwischen ihnen nicht auffalle! Sie machen das doch immer noch, um jünger auszusehen?“

„Ganz konkret heißt das für dich: medikamentöse Vorbereitung: 36 Stunden, Transfer: ebenfalls 36 Stunden, Regeneration im Wachzustand: acht bis zehn Wochen, im Wachkoma etwas weniger. Diese Entscheidung musst du jetzt treffen und für den süßen kleinen Paul gibt es dann als Belohnung die sächsische Hauptspeise.

Also Paul, möchtest du alles bei Bewusstsein erleben?“

„Nö, um Himmels willen! Ich kann kein Blut sehen und möchte auch nicht mitkriegen, wie ihr mich aussaugt, das ekelt mich an. Dann falle ich sowieso in Ohnmacht und wir hätten denselben Zustand. Also warum kompliziert, wenn es logisch einfacher geht.“

„Ja, das ist eine weise Entscheidung. Zum Zeitplan: Am besten machen wir morgen früh noch das Interview, dann geht’s los!“

„Aber heute Abend ist noch alles normal?“

„Ja, warum fragst du?“

„Weil die Flasche mit dem Unstrudel leer ist. Michael soll eine neue bringen.“

„Michael! Du kannst die Henkersmahlzeit jetzt fortsetzen und noch eine Flasche Saale-Unstrut bringen!“

Vater und Klon

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