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Edouard’s Feedback nach dem ersten TV-Interview

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„Monsieur, Sie waren großartig! Ihr Kurzzeitgedächtnis ist kolossal genau und unglaublich jung, ich beneide Sie! Ich hätte nie und nimmer alles so wiederholen können, wie ich es Ihnen gesagt habe. In Zukunft machen wir es immer so.“

„Merci, Edouard. Und bevor Sie es sagen: Ich denke über eine Lohnerhöhung nach. Ist das Feedback aus China schon gekommen? Elisabeth hat es als letzte Information angekündigt, vor allem bin ich auf die ersten Einschaltquoten gespannt. Oh, Madame ist zuverlässig, sie schickt sie gerade.“

*Hallo Mister Paul, die Kommission ist begeistert. In den ersten 32 Minuten nach der Aufschaltung hatten wir mehr als 17.000 User, die meisten haben das ganze Interview gesehen. Die ersten Auswertungen sind ebenfalls positiv, 23 Medien interessieren sich und haben Kontakte für Interviews angekündigt, es kommen spannende Tage auf Sie zu. Ein Problem sollten wir sehr schnell lösen: 72 User haben sich über Ihr Outfit mokiert, es soll aus einem französischen Billigladen stammen und hat farblich keinen Bezug zur aktuellen Mode. Sie sind nun eine internationale Größe mit Repräsentationspflichten gegenüber unserem Konzern. Wir kennen nur eine einzige Variante: Schwarz in schwarz, weißes Hemd, unauffällige, möglichst graue Krawatte, geduldet bei lockeren Einsätzen (falls es solche ab jetzt überhaupt noch gibt) auch hellblau. Basta. Viel Spaß beim Einkaufen! Es gibt Schneider, die einen Maßanzug in zwölf Stunden herstellen, zumindest bei uns. Und bereiten Sie sich bitte auf den ersten Medienanruf vor, das wird wohl sehr schnell gehen. Wir sind nun im Focus des Weltinteresses, so wie wir es geplant haben. Und für den Zweifelsfall: Wir haben ausschließlich die Ihnen bekannten sechs Fragen akzeptiert. Längere Talkshows wird es erst nach der Inklonisierung geben. Danke für Ihr Verständnis! E.*

Wow! Es ist endlich was los, wir haben etwas unglaublich Sinnvolles zu tun und hängen nicht mehr rum und schauen ständig auf die Uhr, wann endlich das Abendprogramm im Fernsehen losgeht. Als Pensionist soll man nicht die Stunden bis zum Tod zählen, sondern aktiv, selbstbestimmt und positiv sein Leben gestalten. Soweit zur Theorie des Älterwerdens in der heutigen Zeit. Wir setzen eins drauf und werden gleich zweimal neu geboren: Erstens als hyperaktiver, weltweit bekannter Senior und zweitens durch die ‚Inklonisierung‘ - welch ein Wort! - meiner eigenen Person. Muss ich nun Gott, Elisabeth oder mir danken für eine derartige Erfüllung des Lebens? Danke, danke, danke an alle drei! Hauptsache ist, dass …

„Pardon Monsieur, ein erstes wichtiges Telefonat vom Hauptstadtstudio, der Chefredakteur persönlich, nein, nicht das Radio, es ist das nationale Fernsehen!“

„Oh, … also … tja … sagen Sie ihm, dass ich noch nicht

… oder besser: Ich bin vor lauter Interviewanfragen … nein, sagen Sie ihm, dass ich nichts zum Anziehen … nein, sagen Sie ihm das ja nicht, … ich muss nachdenken …, legen Sie das Interview auf morgen Nachmittag fest, … ja, das müssen wir schaffen!“

„Oh! Monsieur haben morgen um fünfzehn Uhr sein erstes großes TV-Interview!“

„Neidisch, Edouard? Früher hatten Sie wohl auch wichtige Auftritte, aber früher ist vorbei und wir leben nun in der Jetztzeit. Kennen Sie einen Eliteschneider, der bis morgen Mittag wenigstens einen Maßanzug fertig hat?“

„Non, Monsieur, wir sind nicht in China, wo Nachtarbeit selbstverständlich ist, hier bei uns wird der Mensch noch geachtet. Ich werde eine Lösung finden, mit der Madame

Elisabeth zufrieden sein wird.“

„Was haben Sie vor?“

„Eine Lösung à la française, alles wird sehr schnell perfekt. Ich brauche nur noch Ihre zweite Kreditkarte! Als Ihr bald mehr verdienender Diener werde ich nun zum Generalbevollmächtigten des Inklonisierers und damit auch zu seinem Vertrauten, der über ein gewisses Vermögen verfügen darf … zum Wohle seines Herrn. So ist es bei uns noch in einigen wichtigen Familien, ich hatte früher auch einen Diener und weiß, was er zu tun hat. Alors Monsieur, die Karte und die Geheimzahl bitte!“

„Lassen Sie mich diese mir neue und ungewohnte Situation überdenken, … ich habe mir geschworen, nie einer Frau die Verfügungsgewalt über meine Konten zu geben, aber …, na ja, Sie sind anders gelagert. Voici, meine Ersatzkarte, die Geheimzahl ist mein Geburtstag, den kennen Sie ja. ‚No limits‘ gilt allerdings nur für mich, Sie heben das ab, was Sie zwingend für mich brauchen. Okay?“

„Und wie ich habe verstanden! Zuerst der Anzug und dann zwölf Flaschen unseres Lieblingsweines, es wird viel zu besprechen geben am Abend …“

„Drei genügen …“

„Zwölf, … das wären dann vier glückliche Abende. Okay, kein Widerspruch, merci!“

„Und was ist drüben im Wohnzimmer los?“

„Das Fernsehteam …“

„Was heißt das?“

„Sie bleiben da.“

„Was heißt das?“

„Sie bleiben da und warten, bis ein Sender Aufnahmen von Ihnen machen will.“

„Normalerweise bringt doch jeder sein eigenes Team mit.“

„Nicht bei Elisabeth. Unser Team garantiert totale Loyalität. Sie entscheiden, was rausgeht, greifen notfalls in die Sendung ein und lassen alles erst einmal von ihr genehmigen, Sekunde für Sekunde, Wort für Wort.“

„Woher weißt du das alles?“

„Von Fiona.“

„Oh Gott, dieses verschamerierte Wesen …“

„Nur an den Armen und ein wenig am Rücken …“

„Was heißt das?“

„Oh là là Monsieur, das heißt, was es heißt.“

„Kennst du sie schon länger?“

„Non, erst seit gestern …“

„Und schon …“

„Oui, oui, und schon ist es passiert, sie ist Halbfranzösin.“

„Und die andere Hälfte?“

„Algerien.“

„Schämst du dich gar nicht, in meinem Haus mit einer Wilden …?“

„Non, non, es war im Park. Und alle Spuren sind weg, die Büsche geradegerückt und die zerdrückten Blumen ersetzt.“

„Liebst du sie?“

„Sicherlich nicht, sie ist viel zu egoistisch und hat einen Freund in Paris, sie hat ihn seit vier Monaten nicht gesehen. Und ich habe seit Jahren keine Frau mehr haben können … und so haben sich die Spannungen übertragen, und jeder hat jetzt seine ganz persönliche Entspannung, ohne sich binden zu müssen und ohne irgendwelche Bedingungen für ein weiteres Zusammensein. Es war wie eine Orchidee, die nur eine Nacht lang blüht.“

„Ihr Franzosen mit euren Bildern.“

„Oui, oui, lieber bunte Bilder als graue Nächte. Und verstehen Sie mich bitte richtig: Sie werden jetzt Weltstar und ich darf dabei zuschauen, mehr nicht. Ich habe mir nun auch meinen Teil geholt, ich bin quasi der Staubsauger Ihres Erfolges.“

„Ich bin sprachlos.“

„Macht nix, dann kann man besser denken. Oh là là, auch ich werde nun sprachlos. Fiona kommt! Ich kann mich nicht mehr verstecken, sie hat mich gesehen. Bonjour Chérie!“

„Salut Edouard. Ton bâtard de chef doit venir, une journaliste d’une radio est là, les six questions, rien d’autre. Et vite!“

«War das nun Liebesgeflüster oder dienstlich?“

„Rein dienstlich, das hat man ja gesehen. Es war der nichtfranzösische Part in ihr. Wenn Afrikaner arbeiten müssen, investieren sie nur das unterste Minimum an Emotionen, das sieht in unseren Augen schnell unangenehm aus. Aber wenn man sie kennt und erlebt, gewöhnt man sich daran. Man darf es in keinem Fall persönlich nehmen. In einer Beziehung ist es auch nicht anders. 23 Stunden dahinvegetieren und dann die pure Explosion, … da lohnt sich das Warten. Apropos warten. Sie müssen rüber, erstes Radiointerview. Gratuliere! Soll ich Fotos machen?“

„Nein, lieber nicht, wegen meinen antiken Kleidern. Ab morgen gerne.“

„Dann schlage ich vor, dass wir uns danach bei mir treffen, ich gehe in die Stadt, organisiere den Anzug und komme mit Nachschub und einem reifen Käse zurück. Und verwechseln Sie bitte nicht die Reihenfolge der Antworten!

À toute à l’heure!“

„Oui, oui, mein kleiner Spinner.“

Vater und Klon

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