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Das Abnehmen von Brücken

Problem: Eine zementierte Brücke oder ein verblockter Kronenverbund muss abgenommen werden

In der täglichen zahnärztlichen Praxis kommt es immer wieder vor, dass eine zementierte Brücke oder ein Kronenverbund abgenommen und rezementiert werden muss. Die Gründe dafür können sein:

 ZementierungsfehlerDie Brücke wurde beim Zementieren verkantet und sitzt nicht passgenau. Nach Entfernung des Zementes sind Randspalten sichtbar.Bruch der metallfreien Keramikschulter durch Verkanten und Spannungen beim Zementieren. Dies wird aber erst nach Aushärtung des Zementes bemerkt.

 Abzementierung an einzelnen Pfeilerzähnen durchokklusale Fehlbelastung,zu große Brückenspannen oderKnochenverwindungen speziell im Unterkiefer.

 ReparaturEine Verblendung ist gebrochen und muss repariert werden.Der Patient ist mit der Farbe oder Form nach einiger Zeit nicht mehr einverstanden und verlangt eine Änderung.

Ist es möglich, diese Brücken oder Kronenblöcke ohne Zerstörung der Ränder und ohne Bruch der Pfeilerzähnen abzunehmen? Welche technische Möglichkeiten stehen hierfür zur Verfügung?

Vom Dentalhandel werden eine ganze Reihe von Abnahmehilfen angeboten:

1 Hammer und Hirtenstab,

2 Crown Butler mit Federn und Gewichten,

3 Kronenspreizer,

4 Kronenkrallen,

5 adhäsive klebende Kaugummis,

6 gummibeschichtete Extraktionszangen u. v. a.

Diese Hilfsmittel haben aber alle den Nachteil, dass die Abnahme von Brücken und Kronenblöcken damit zu einem Vabanquespiel mit hohem Bruchrisiko wird. Das Ziel unserer Methode soll sein, die Brücken mit einem möglichst geringen Risiko für diese selbst und für die Pfeilerzähne abzunehmen.

Die meisten der oben aufgeführten Methoden beinhalten punktförmige Kraftansätze an den Brückenkörpern, welche meist unkontrollierte Ausbrüche der Verblendungen oder Verformungen der Kronenränder nach sich ziehen, so dass die Brücken und Verbundkronen nicht mehr rezementiert werden können.

Die mechanische Überlegung führt nun zu folgender Frage: Ist es möglich, die kurzfristig anzuwendende Kraft, also den Impuls, gleichmäßig auf den ganzen Brückenkörper zu verteilen und damit die Bruch- und Verformungsgefahr zu minimieren?

Die erprobte Lösung: Abnahme von Brücken und Kronenblöcken mit Hilfe der Ummantelungstechnik

Um den Impuls, d. h. die kurzfristige Schnellkraft, gleichmäßig auf den ganzen Brückenkörper zu verteilen, wird der gesamte abzunehmende Ersatz mit einem langsamhärtenden, kaum Hitze entwickelnden Kaltpolymerisat ummantelt. Als Ansatz für den Impuls dient ein gekrümmter Haken, der im Widerstandszentrum des Festkörpers Brücke einpolymerisiert wird.

NB: Das Widerstandszentrum ist der Schwerpunkt eines Festkörpers. Eine dort angesetzte Kraft lässt eine lineare Kraftansatzrichtung zu. Kraftansätze außerhalb dieses Widerstandszentrums könnten zu unkontrollierten Drehbewegungen und damit zum Bruch der Pfeilerzähne führen. Eine sehr große Hilfe kann ein Meistermodell leisten, auf welchem die Brücke hergestellt wurde. Darauf lässt sich die Einschubrichtung des Ersatzes im Nachhinein ermitteln.

Patientenfall

Bei einem 50-jährigen Patienten wurde vor 5 Jahren eine festsitzende Metallkeramikbrücke 13-15-16 eingegliedert. Aufgrund der Pfeilerdivergenz von Zahn 16 handelt es sich um eine Geschiebebrücke. Das vordere Brückenteil 13-15 wurde bei der definitiven Zementierung in die Krone 16 eingeschoben (Abb. 1 und 2).

Abb. 1 Loses Brückenteil (Bukkalansicht)

Abb. 2 Loses Brückenteil (Okklusalansicht)

Dieses Brückenteil ist jetzt beim Zahn 15 gelockert und beim Zahn 13 noch fest zementiert. Das Abschlagen des Brückenteiles mit Hirtenstab und Hammer würde mit großer Sicherheit ein unkontrolliertes Abplatzen der Keramik zur Folge haben (Abb. 3 und 4).

Abb. 3 Eingehakter Hirtenstab mit angesetztem Plombierhammer

Abb. 4 Mit Pfeil markierte lose Krone

Zur Abnahme des Brückenteils hat sich in unserer Praxis folgendes Vorgehen bewährt:

1 Ein S-förmiger, an den Enden angespitzter Haken aus Unterzungenbügeldraht für Interimsprothesen wird distal von Zahn 13 durch den Interdentalraum geschoben und ausgerichtet (Abb. 5 bis 7).Abb. 5 S-HakenAbb. 6 S-Haken mit angespitztem EndeAbb. 7 Eingehakter S-Haken

2 Ein langsamhärtendes provisorisches Kronen- und Brückenmaterial (Dentalon Plus) wird angemischt und der ganze Brückenkörper mit dem platzierten S-Haken ummantelt (Abb. 8 bis 10).Abb. 8 Das Polymerisat wird angeteigtAbb. 9 Ummantelung mit einpolymerisiertem S-Haken (Bukkalansicht)Abb. 10 Ummantelung mit einpolymerisiertem S-Haken (Palatinalansicht)

3 Die Aushärtung über einen Zeitraum von 6 Minuten wird abgewartet. Das Kaltpolymerisat muss seine Endhärte erreicht haben, damit der Abschlagsimpuls ohne Dämpfung auf den Brückenkörper übertragen wird.

4 Mit einem Plombierhammer wird das Brückenteil mit einem kurzen, kräftigen Schlag (Impuls) abgeschlagen (Abb. 11 und 12).Abb. 11 Abschlagen des BrückenteilsAbb. 12 Abgeschlagenes BrückenteilNB: Statt des Plombierhammers hat sich das luftdrukkgesteuerte Impulsgerät Coronaflex sehr gut bewährt. Nach praxiseigener Statistik konnten damit 87 % zum Teil auch großer Brückenverbände ohne Schaden entfernt werden. Der Vorteil dieses Gerätes besteht darin, dass der Zeitanteil des Impulses dem einerGewehrkugel entspricht, so dass es äußerst effektiv ist (Abb. 13 und 14).Abb. 13 Coronaflex-System: pneumatischer HammerAbb. 14a SchlagbolzenAbb. 14b Rändelrad zur Einstellung der Schnellkraft

5 Das Brückenteil kann problemlos mit wenigen Schlägen entfernt werden (Abb. 15 und 16). NB: Das vorliegende Brückenteil war mit Glasionomerzement eingesetzt. Das Verfahren funktioniert bei allen konventionellen Zementen wie Zinkphosphatzement, Glasionomerzementen, Carboxylatzement und Hybridzementen. Probleme könnten bei 4-Metazementen und adhäsiver Eingliederung auftreten. Erfahrungen zu diesen Zementen liegen in unserer Praxis nicht vor.Abb. 15 Zustand der Pfeilerzähne nach Abnahme (Okklusalansicht)Abb. 16 Zustand der Pfeilerzähne nach Abnahme (Bukkalansicht)

6 Da es sich um eine Metallkeramikbrücke handelt, kann das ummantelte abgenommene Brückenteil mit der Flamme erhitzt werden. Die Ummantelung wird weich und lässt sich problemlos entfernen (Abb. 17 und 18).Abb. 17 S-Haken mit abgenommenem BrückenteilAbb. 18 Abflammen der Ummantelung

7 Mit maschinell angemischtem Glasionomerzement wird das Brückenteil wieder definitiv zementiert (Abb. 19 und 20).Abb. 19 Erneute Eingliederung mit GlasionomerzementAbb. 20 Das wieder eingegliederte Brückenteil

8 Da die Ursache der Lockerung vermutlich eine Laterotrusionsstörung und eine etwas zu steile Eckzahnführung war, ist es sehr wichtig, diese etwas auszuschleifen und sorgfältig zu kontrollieren.

Materialliste

1 Unterzungenbügeldraht (Fa. Dentaurum, Pforzheim).

2 Provisorischer K&B-Kunststoff Dentalon Plus (Fa. Heraeus Kulzer, Wehrheim).

3 Coronaflex-System (Fa. Kaltenbach & Voigt, Biberach).

4 Maxi Cem (Fa. Espe, Seefeld).

Die dentale Trickkiste

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