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Kapitel 12: Eine neue Herausforderung

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Nell und Paula lagen gemeinsam im Bett. Paula mit dem Stellenmarkt-Teil der Hamburger Morgenpost und Nell mit einem Buch.

„Du Paula“, begann Nell.

„Hmm“, antworte Paula, ohne den Blick zu heben.

„Mein Resturlaub, den ich spontan nehmen musste, ist vorbei und ich muss nachher zum Dienst. Aber schon bald ist Wochenende und da hab‘ ich frei. Was hältst du davon, wenn wir am Samstagabend Ausgehen? Hier gibt’s ´nen coolen Laden – das ‚Happy B’. Billard, gute Musik und so. Ich dachte wir könnten da hin und mal abschalten. Tapetenwechsel und so. Wir machen einen Mädelsabend. Ich könnte Caro und Dani anrufen, ob die beiden mitgehen. Caro kennst du ja und Dani wird dir gefallen. Sie ist witzig, hat einen herrlich trockenen Humor und ist Lesbe.“

Paula senkte die Zeitung und schaute ihre Freundin entgeistert an. „Du willst mich doch nicht etwa mit einer Frau verkuppeln wollen oder? Es klappt nicht mit Männern also versuchst du es jetzt mit einer Frau? Nee Danke, kein Interesse! Außerdem habe ich bereits eine Frau an meiner Seite, da brauch ich nicht noch eine!“

Nell prustete laut los. „Oh vielen Dank Paula, das du mir so etwas zutrauen würdest. Ich wollte nur die Chance ergreifen, dich wieder zu resozialisieren. Und dank der fast-Helga bist du immerhin aus deiner Lethargie erwacht.“ Jetzt war es an Paula, laut zu lachen. Sie schauten sich in die Augen und brachen in albernes Gelächter aus. Ein Gelächter, welches die Spannungen der letzten Tage auflöste und die dunklen Wolken hinweg wehte.

„Ok, Nell. Ruf Caro und Dani an. Wir gehen aus. Aber ohne Verkupplungsversuche, verstanden? Ich suche mir ab sofort meine Männer selber aus!“

Zum Schwur hob Nell ihre rechte Hand, die Linke legte sie auf ihr Herz.

„So, Süße – ich muss zum Dienst. Sei schön brav und lass keine Fremden ins Haus, ja?“

„Versprochen Mama.“

Nell zwinkerte Paula zu und verließ das Haus. Paula widmete sich wieder dem Stellenmarkt. Sie brauchte einen Job – schnellstmöglich. Das Angebot bei Nell auf unbestimmte Zeit wohnen zu dürfen, nahm sie gerne an. Aber ihr auf der Tasche liegen? Auf keinen Fall. Doch noch immer wusste Paula nicht, was sie wirklich wollte.

„Juhu, ich bin wieder da“. Eine euphorische Nell betrat das Haus. „Paula, bist du da?“… „Hier oben, im Büro“

Nell sprang die Treppen rauf. „Los, zieh dir was Nettes an, wir gehen Essen!“

„Wie wir gehen Essen? Warum? Wo? Wann? Wieso? Weshalb?“

Nell stütze ihre Hände in die Hüften. „Fertig mit Fragen?“

„Nein! Wie nett muss ich mich anziehen?“

„Tja, das kommt darauf an, wie wichtig dir ein neuer Job ist“. Triumphierend lächelte Nell.

Paula wechselte die Farbe.

„Was für ein Job?“, stammelte Paula.

„Also“, begann Nell ihren Bericht. „Ich habe heute meinen Paps getroffen. Er hat sich nach dir erkundigt und ich soll dir auch ganz liebe Grüße bestellen. Während wir so erzählten, kamen wir auch beiläufig auf deine Jobsuche zu sprechen.“

Beiläufig? Klar Herzchen – so beiläufig würdest du Nichts erwähnen.

„Der Onkel meines Vaters, du weißt ja, dass meine Familie eine alteingesessene Hamburger Familie ist, also mein Großonkel, der hat hier in Hamburg eine Firma.“

„Aha, dein Großonkel hat eine Firma. Was für eine Firma?“

„Eine Reederei. Die ist schon in der 4. Generation in Familienhänden. Doch der Firma geht’s nicht ganz so gut. Also braucht mein Großonkel Wilhelm jemanden, der die Geschäfte wieder ankurbelt, weißt du?“

Nell holte Luft für den nächsten Schwall an Informationen. „Ich dachte, ich ruf mein Onkelchen mal an und erzähle ihm von dir. Ihr seid euch ja schon ein paar Mal auf diversen Geburtstagen begegnet und euch nicht fremd. Er konnte sich auch noch gut an dich erinnern. Ich soll dich schön Grüßen und dir von ihm sagen, wie leid es ihm für dich tut und was für ein Hornochse Helge ist….“

Paulas Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Nelia Sophie Dammberg – was hast du jetzt schon wieder getan?“

„Ach komm schon Paula, nun werd' nicht böse. Ich meins ja nur gut mit dir. Außerdem hast du mich nur darum gebeten, dich nicht mit Männern oder Frauen zu verkuppeln – von Jobs hast du nichts gesagt!“ Nell legte eine beleidigte Miene auf.

„Und was springt für dich dabei heraus, Frau ‚Ich-will-doch-nur-spielen-und-tu-doch-nix’?“

Nell blickte Paula in die Augen: „Eine Seelenverwandte, die endlich wieder ins richtige Lot gerät.“

Darauf konnte Paula nichts mehr sagen.

„Nell, wie schick muss es sein?“

„Wir gehen mit meinem Onkel in die ‚Jahreszeiten Terrassen’. Also mehr als schick. Der Schuppen hatte immerhin 5 Sterne.“

Wilhelm Dammberg war ein kleiner Mann von rundlicher Statur. Strahlende Augen, die trotz seines hohen Alters sehr Jugendhaft wirkten. Lachfalten rund um die Augen herum. Ein gewaltiger, schneeweißer Schnauzer zierte sein Gesicht. Allein mit diesem Schnauzer war er wohl berechtigt, jedes Schiff auf hoher See zu kommandieren. Eine sehr angenehme Ausstrahlung. Eine Autoritätsperson – ohne Zweifel. Aber gleichzeitig väterlich und sehr herzlich.

„Mein Gott Paula, du siehst toll aus! Wie lange haben wir uns jetzt nicht mehr gesehen!? Es muss schon fast zwei Jahre her sein, oder nicht?! Ich freue mich sehr, dass du meiner Einladung gefolgt bist.“ Er schloss Paula sofort in seine Arme. Sie musste sich zu ihm herunter bücken, um ihn nicht versehentlich an ihren Busen zu drücken.

„Ich freue mich auch sehr, sie wieder zu sehen, Herr Dammberg. Sie sehen auch toll aus!“

Dann begrüßte Herr Dammberg seine Großnichte. „Hallo Nelia. Bezaubernd wie immer. Wie läuft es im Krankenhaus? Wie geht’s deinem Vater?“

Noch während er sprach, deutete er den Frauen an, Platz zu nehmen. „So meine Damen, ich habe mir erlaubt, uns einen Aperitif zu bestellen.“

Wie abgesprochen eilte auch schon der Ober herbei und servierte ihnen diesen sogleich. Er ließ die Speisekarte da und verließ diskret das Trio.

„Nelia hat mir schon von deinem, nennen wir es, ‚Fehlgriff’, erzählt.“

Paula schaute Wilhelm Dammberg gespannt an. Unter dem Tisch trat sie dezent nach dem Schienbein ihrer Freundin.

„Er ist ein großer Hornochse. Was Anderes kann ich dazu nicht sagen. Und ein Mann, bei dem das Kleinhirn mehr zu melden hat als das Großhirn, kann man eigentlich nicht als Mann bezeichnen. Ich war auch nie ein Kind von Traurigkeit, doch wusste ich immer, dass mein Platz an der Seite meiner Frau war. Immer!“

Paula musste schwer schlucken. Mit diesem Statement hatte sie nicht gerechnet.

„Und Kindchen, lass dir eines sagen: wenn ich 35 Jahre jünger wäre, ich wüsste wie man eine Frau wie dich zu behandeln hätte.“ Er nickte Paula und dann Nell zu, hob sein Glas und prostete ihnen zu.

Paula war sprachlos.

Sie ließen sich das Essen der hervorragenden Küche schmecken und plauderten über Gott und die Welt. Herr Dammberg war nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann, sondern auch ein super Gesellschafter. Sie lachten viel. Dieser Abend tat einfach nur gut.

„Also, Paula. Wie sieht deine berufliche Zukunft aus?” Wilhelm Dammberg lenkte das Gespräch nun wieder in geschäftliche Gefilde.

„Tja, ich weiß es leider nicht so genau“. Paula rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her. Vor dieser Frage hatte sie Angst.

„Da du es nicht, beziehungsweise noch nicht weißt, möchte ich dir die Entscheidung abnehmen. Für meine Reederei brauche ich jemanden im Wirtschaftssektor. Jemanden dem ich vertrauen kann und der in der Lage ist, meine Stammkundschaft zufriedenstellend zu betreuen und darüber hinaus meine Geschäfte wieder ankurbelt und dazu den ganzen Laden ein wenig aufmischt, wenn du verstehst was ich meine.“

Paula war baff. „Also, sie setzen da hohe Erwartungen in mich. Ich kann nicht versprechen, diese auch zu erfüllen. Sollten Sie nicht vielleicht jemanden nehmen, der schon über Berufserfahrung verfügt und…..“

„Paula! Ich kenne dich schon seit Jahren und du bist meiner Nichte näher als sonst jemand. Praktisch bist du ihre Schwester. Über die Tatsache, dass in deinen Adern kein dammbergisches Blut fließt, blicke ich einfach hinweg. Und als meine Adoptivnichte, als die ich dich betrachte, ist es mir eine Ehre und meine Pflicht, dir unter die Arme zu greifen. Außerdem gibt es nichts Besseres, wenn man sein Personal selber ausbildet. Bis jetzt sind, bis auf wenige Ausnahmen, alle nach mir geborenen Dammberger dem sozialen Sektor verfallen. Es ist an der Zeit, diese Laune der Natur zu stoppen. Mit dir würde ich gerne anfangen!“

Sehr zufrieden lehnte sich Wilhelm Dammberg in seinem Stuhl zurück. Paula fand immer noch keine Worte, während Nell vor sich hin strahlte, als ob sie radioaktive Bonbons vernascht hätte.

„Hier in Hamburg gibt es eine private Hochschule. Äußerst hohes Niveau. Was hältst du von einem Wirtschaftspsychologie-Studium mit Abschluss ‚Bachelor of Arts’? Ich werde deine gesamte Ausbildung finanziell unterstützen.“

Nun fand Paula doch wieder zu Wort. „Herr Dammberg, ich fühle mich sehr, sehr geehrt. Aber ich glaube, ich kann nicht zusagen. Was ist, wenn ich ihren Anforderungen und denen der Hochschule nicht gerecht werde? Sie sollten in nichts investieren, was nicht kalkulierbar ist.“ Ihr Gesichtsausdruck wechselte in gleichmäßigen Intervallen von bleich über aschfahl bis hin zu purpurrot. Nell fand diesen Effekt äußerst interessant.

Wilhelm Dammberg schaute Paula mit ruhigen Augen an, musterte sie und verzog seinen Mund zu einem breiten Grinsen.

„Dass du Angst hast, ist verständlich. Aber wenn ich jemanden kenne, der es Wert ist, dass man ohne nachzudenken in ihn investiert, dann bist du das, liebe Paula. Und da du stets hundertprozentig bist, weiß ich, wenn ich dich darum bitte, dein Bestes zu geben, du das auch tust. Und ich kann davon ausgehen, dass du sogar noch `ne Schippe oben drauf legst.“ Er schaute Paula tief in die Augen. „Während deines Studiums wirst du erst mal nur Erfahrung in meinem Unternehmen sammeln und die Zeit nutzten um dich einzuleben. Herr Schulte, der Herr dessen Posten du in ein paar Jahren einnehmen sollst, wird dich anleiten und einarbeiten. Er hat nicht mehr lange bis zum Ruhestand. Er und Du – ihr werdet einen sanften Wechsel daraus machen. Herr Dammberg lächelte. Dann brachte er etwas Distanz zwischen sie beide, streckte seine Hand nach ihr aus und fragte: „Und Paula, was ist? Nimmst du die Herausforderung an oder nicht?“ Dann brachte er etwas Distanz zwischen sie beide, streckte seine Hand nach ihr aus und fragte: „Und Paula, was ist? Nimmst du die Herausforderung an oder nicht?“

Herausforderung? Mein ganzes Leben war und ist eine einzige Herausforderung. Auf eine mehr oder weniger kommt es doch nicht an – oder?

Paula ergriff Wilhelms Hand und schüttelte sie.

„Ich freue mich, für sie arbeiten zu dürfen, Herr Dammberg“

Wilhelm Dammberg strahlte.

„Nenn mich doch bitte Wilhelm, so wie meine andere Nichte hier auch.“

Da Nell neben ihm saß, und somit am nächsten, zog Wilhelm Dammberg Nell spontan in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. Paulas Hand hielt er noch immer fest. Er schien glücklich und zufrieden.

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