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Kapitel 1: Paula

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Das Telefon schrillte laut und undankbar. Dann wurde der Hörer abgenommen.

“Hallo?“

“Nell? Nell? Er hat um meine Hand angehalten! Er hat mich gefragt, ob ich ihn heiraten will! Oh Gott – ich kann es kaum fassen. Er hat es getan! Nell? Hörst du mir zu? Du hattest recht, dass mit den Sternen und dem Gottvertrauen und so… Ich gebe zu, dass du zum x-ten Mal Recht hattest. Eigentlich müsste ich mich daran gewöhnt haben, dass du mit allem Recht hast. Aber ich kann es einfach nicht - Nell? Bist du noch dran?“

„Hey Paula!“ Nells warme Stimme drang endlich an ihr Ohr. Ein warmes, herzliches Lachen folgte. „Meine liebe gute Paula! Wenn du endlich mal Luft holen würdest und mich zu Wort kommen lässt, dann könnte ich dir sagen, wie sehr ich mich für dich freue. Und ich sag dir gerne, dass ich selbstverständlich Recht hatte und es mich nicht wundert, dass er um deine Hand angehalten hat. Aber du bist eine ewige Zweiflerin. Lerne endlich zu Vertrauen und hör auf, hinter jedem netten Lächeln den Teufel höchstpersönlich zu vermuten. Ich kenne niemanden, der auf so naive Weise so gottverbunden ist wie du! Wann kapierst du es endlich?“

Stille.

„Paula?“ Jetzt war es an Nell, auf ein Lebenszeichen zu warten.

„Paula?“

Sie hörte Paula schniefen.

Oh Mann.

Paulas wunder Punkt. Paula und Vertrauen – das konnte sie einfach nicht. Nichts und Niemanden. Außer Nell natürlich. Nell und Paula waren seit der gemeinsamen Internatszeit Freundinnen – die besten Freundinnen. Sie teilten seitdem bis auf Jungs, Zahnspangen und Klamotten alles Erdenkliche. Letzteres lag einfach daran, dass ihnen die unterschiedliche Anatomie einen Strich durch die Rechnung machte. Nell war eine Naturschönheit – 1,65 m groß, nicht zu dick, nicht zu dünn. Blonder Pagenkopf. Große blaue Augen die nie aufhörten zu strahlen. Sie umgab eine ruhige und harmonische Aura, schon fast etwas Mütterliches. Sie war ein echter Augenschmaus für jeden Kerl, der nicht blind oder schwul war.

Paula hingegen - tja, sie war zu groß mit ein paar üppigen Kilos zu viel auf den Rippen. Für eine Frau, die keine Modelmaße hatte, ist 1,81m schon eine tägliche Herausforderung. Sie hatte ein breites Kreuz und langes, braunes Haar, in das man fassen konnte, ohne Anfang oder Ende zu finden. Grüne Augen, die Alles und Jeden erfassten und denen kein Detail entging. Sie war quirlig, überdreht, fast schon rastlos, aber auch gleichzeitig abwartend. Ein wenig paranoid. Ständig auf Spannung. Aber immer ehrlich. Immer geradeaus. Mit ihrem ungezügelten Mundwerk hatte sich Paula schon oft in Schwierigkeiten gebracht. Und trotz allem war sie sehr herzlich. Sie mied Höhen, Tiefen, Gewässer, Boote, Eisen- oder Straßenbahnen. Paula würde nichts betreten was sie nicht selbst kontrollieren konnte - niemals! Keine Aufzüge, keine Rolltreppen oder sonst etwas, was Paula am selbst Laufen, Rennen oder Fahren hindern würde. Was den Vorteil hatte, dass Paula trotz ihrer beeindruckenden Größe eine super Kondition hatte.

Nell fand Paula einfach perfekt; Paula hingegen fand sich alles andere als Perfekt.

In Paulas Wohnung waren alle Spiegel so angebracht, dass sie alles von Kopf bis Dekolleté sehen konnte. Mehr nicht! Andere Spiegel vermied sie einfach. Ein Streitthema der beiden Frauen. Nell versuchte seit ihrer Kinderzeit, Paula die Augen für ihre Schönheit zu öffnen – leider ohne Erfolg. Doch Nell wäre nicht Nell, wenn sie nicht am Ball bleiben würde. Da sie aber nicht weiterkam, übergab sie diese schier unlösbare Aufgabe eben höheren Mächten. Irgendwann würde Paula diese Einsicht erlangen und damit hoffentlich auch endlich den Mann ihres Lebens finden.

„Mensch Paula! Hör auf zu schniefen. Für einen Riesen bist du so leicht aus der Bahn zu bringen!“

„Pah!“ Trotzig unterbrach Paula ihre Freundin, in dem Versuch einen auf Freud zu machen. „Ich bin kein Riese und wollte auch nie einer sein. Wäre ich so groß wie mein Selbstvertrauen, dann wäre ich zwei Köpfe kleiner als du.“

„Och Mensch! Jetzt reicht es aber!“, entfuhr es Nell. „Was hältst du davon, wenn wir uns zum Abendessen bei unserem Lieblingsgriechen treffen? Gegen 20 Uhr?“

„Aber nur, weil du es bist!“, entgegnete Paula trotzig und rotzfrech.

„Ich danke dir, dass du mich mit deiner Gesellschaft erfreuen wirst“, witzelte Nell. Paula fing an zu lachen. Auch Nell begann zu lachen. Beide grölten in ihre Telefonhörer. Prustend verabschiedeten sich die Frauen voneinander und legten auf.

Wie erwartet, saß Paula bereits in der hinteren Ecke ihres Lieblingsgriechen. Noch so eine Manier von Paula. Niemals würde sie zu einer Verabredung pünktlich kommen. Paula war immer vor der Zeit da. Sie hasste es, in einen Raum zu kommen und erst suchen zu müssen, wo ihre Verabredung zu finden war. Sie fühlte sich in diesem Moment so beobachtet und unwohl und ungewollt im Mittelpunkt, dass sie unter blöden Umständen sogar das Weite suchte. Egal wer ihre Verabredung war. Für Nell kein Problem. Sie kam stets fünf Minuten später als verabredet. Zielstrebig ging sie auf den kleinen Tisch zu, an dem ihre Freundin bereits nervös auf sie wartete. Ein breites Lächeln auf dem Gesicht.

„Du siehst super aus“, sagte Paula neidisch.

„Ach komm, die Klamotten habe ich doch schon ewig!“

Paula öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch Nell brachte sie schnell zum Schweigen. „Lass es! Ok?!

Kauf dir ’nen neuen Spiegel, der dir endlich zeigt, dass du ein völlig falsches Bild von dir hast! Und jetzt Schluss! Erst suchen wir was Leckeres von der Karte aus. Dann erzählst du mir alles über seinen Heiratsantrag.“

„Du, Nell?“

Nell hob den Kopf aus der Speisekarte und blickte irritiert ihre Freundin an.

„Ich habe ein Problem: du sprachst von lecker. Hier ist alles lecker. Ich kann mich nicht entscheiden!“ Ungläubig starrte Nell in Paulas Augen. Sie sah den Schalk darin aufblitzen. Beide lachten. Während des Essens sprachen die beiden kaum. Außer ‚Lecker’, ‚darf ich mal probieren’ und einem weiteren ‚Hmmm’, sagten sie nichts. Die Teller wurden abgeräumt, der Ouzo kam. Dazu noch ein Latte Macciato. Jetzt war Zeit zum Reden! Nell rührte in ihrer Latte herum und sah gespannt auf Paula. „Los! Erzähl mir endlich von diesem geschichtsträchtigen Heiratsantrag!“

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