Читать книгу Handbuch Bibeldidaktik - Группа авторов - Страница 87

Zur Geschichte

Оглавление

Der Begriff Kinderbibel wurde lange verschieden verwendet.[1] Ein Merkmal ist der Unterschied zur Vollbibel, denn Kinderbibeln sind Auswahlbibeln, oft eingesetzt im pädagogischen Kontext, um Kindern den Weg zur Lektüre der Vollbibel zu ebnen. Formal definiert C. Reents Kinderbibel als Sammelbezeichnung für Bibelbearbeitungen für Kinder, denen gemeinsam sei, „dass sie von ihrer Gebrauchssituation her definiert werden, zumeist durch eine Adressatenangabe auf dem Titelblatt, im Vorwort oder ähnlich“.[2] Andere wie R. Tschirch legen den Schwerpunkt auf den Inhalt als „Auswahl mehr oder weniger frei nacherzählter |87|biblischer Texte, die in eine kindgemäße Sprache gefasst und mit Bildern versehen sind“.[3]

Kinder und Jugendliche an Bibeltexte heranzuführen gehört zur jüdisch-christlichen Tradition.[4] Älteste archäologische Zeugnisse des Bibellernens sind Abschriften von Texten für liturgische Zwecke (Vaterunser; ausgewählte Psalmen).[5] Bis zur Reformation entstanden nur wenige Bücher, die sich als Lernmaterial für biblische Geschichten eigneten. Sie vermittelten den Dekalog, wie der „Decalogus“ (um 1400) oder „Der Sele Trost“ (1478) zeigen[6], oder sie deuteten die Passion Christi als Heilsgeschichte, wie in den „Heilsspiegeln“ oder den „Biblia pauperum“, in denen typologisch auslegende Bilder zu Texten aus dem AT einem Passionsbild zugeordnet wurden.[7] Sogenannte „Abecedarien“, Einzeldrucke, mit denen man das Alphabet lernte, enthielten das Vaterunser als ersten Lesestoff.

M. Luther forderte in seinen Schriften an den Adel (1520) und an die Ratsherren (1524), dass jeder Junge und jedes Mädchen lesen lernen sollte, um das Evangelium zu verstehen.[8] Ziel evangelischer Bildung war die Kenntnis der Heiligen Schrift zur Lebensgestaltung. Daher entwickelte man Bibelausgaben für „Kinder und Unverständige“ (Ungebildete). P. Melanchthons Schulbuch „Enchiridion elementarum puerilium“ (Latein: 1523; Deutsch: 1529) beinhaltete neben dem ABC und liturgischen Texten das Vaterunser, Psalm 66,2–8, den Dekalog, die Bergpredigt, Römer 12, Johannes 13 und Sprüche. Als Prototyp der Kinderbibeln gilt M. Luthers „Ein betbüchlein mit eym Calender und Passional hübsch zu gericht“ (1529), das 50 biblische Holzschnitte mit kurzen Texten enthielt.[9] Das Vorwort betont, dass Bilder wichtig seien, „um der Kinder und Einfältigen willen, welche durch Bildnis und Gleichnis besser bewegt werden, die göttlichen Geschichten zu behalten als durch bloße Worte oder Lehre.“ Eine der ersten reinen Bibelausgaben für Kinder- und Laienhände ist C. Egenolffs in Frankfurt 1533 veröffentlichtes Buch „Biblische Historien figürlich fürgebildet“ mit Holzschnitten von H. Sebald Beham, ergänzt durch je einen kurzen, zusammenfassenden Satz auf Deutsch. Die um 1540 entstandene „Straßburger Leienbibel“ von W. Rihel war mit 169 Holzschnitten von H. Baldung Grien und H. Vogtherr ausgestattet. Den Bildern wurden in Reimen verfasste moralische Verse |88|beigegeben, um „einfältigen Laien, der Jugend und den kleinverständigen und kindischen Leut das Gedächtnis fördern und den Verstand heller (zu) machen“.[10]

Im Zeitalter des Pietismus und der Aufklärung entwickelte man dann eine Vielzahl von Auswahlbibeln mit Bildern. Man unterschied „Biblische Geschichten“, die die Kenntnis der Geschichten vermittelten, von „Biblische Geschichte“, in denen es um das Erfassen der Heilsgeschichte ging. Erfolgreichstes Werk der Zeit waren J. Hübners „Zwei mal zwei und fünfzig auserlesene Biblische Historien“ (1714–1902)[11], in denen einer kurzen Nacherzählung biblischer Texte ein didaktischer Dreischritt folgte: „deutliche Fragen“, „nützliche Lehren“ und „gottselige Gedanken“.

Im 19. Jahrhundert bis in die 1960er Jahre entstand eine Vielzahl von Auswahlbibeln mit Bildern, die auch Schulbücher wurden.[12] Die wichtigsten davon waren:

 C. Schmids „Biblische Geschichte“ (seit 1801) als Standardausgabe für katholische Schüler, mit bevormundendem und moralisierendem Ton

 J.P. Hebels „Biblische Geschichten“ (ab 1824) in spannender Erzählweise

 C.G. Barths „Zwei mal Zweiundfünfzig biblische Geschichten“ (Calwer Verlag, seit 1831), die meistübersetzte Kinderbibel der Welt (87 Sprachen)

 F.L. von Zahns „Biblische Geschichte“ (ab 1831), die durch einen kirchengeschichtlichen Anhang Heilsgeschichte mit realer Geschichte verband

 J. Erbs „Schild des Glaubens“ (ab 1941), bis Ende der 1960er Jahre die am weitesten verbreitete Schulbibel der Nachkriegszeit.

Seit in den 1960er Jahren die Lehrmittelfreiheit eingeführt wurde und ein pädagogischer Paradigmenwechsel stattfand, verschwand diese Form der Kinder- und Schulbibel.

Handbuch Bibeldidaktik

Подняться наверх