Читать книгу Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Оноре де'Бальзак, Honoré de Balzac, Balzac - Страница 11

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»Weißt du, Bi­rot­teau, was ich den­ke, wenn ich dich so re­den höre? Du kommst mir vor wie ei­ner, der sich ohne Not sel­ber Las­ten auf­la­det. Erin­ne­re dich dar­an, was ich dir ge­sagt habe, als es sich um dei­ne Er­nen­nung zum Bür­ger­meis­ter han­del­te: dei­ne Ruhe muß über al­les ge­hen! Du bist, habe ich dir ge­sagt, für die Öf­fent­lich­keit ge­schaf­fen wie mein Arm für einen Wind­müh­len­flü­gel. Die Ehre wür­de dein Un­ter­gang sein. Du hast nicht auf mich hö­ren wol­len, und nun wer­den wir dem Un­ter­gang zu­steu­ern. Wenn man eine po­li­ti­sche Rol­le spie­len will, muß man Geld ha­ben; ha­ben wir denn ge­nug? Wie, du willst dein Schild ver­bren­nen, das sechs­hun­dert Fran­ken ge­kos­tet hat, und auf die ›Ro­sen­kö­ni­gin‹, die dich mit Recht be­rühmt ge­macht hat, ver­zich­ten? Über­laß doch den an­dern den Ehr­geiz. Wer sei­ne Hand in einen Schei­ter­hau­fen steckt, der ver­brennt sie sich. Heut­zu­ta­ge ver­brennt man sich an der Po­li­tik. Wir ha­ben schö­ne hun­dert­tau­send Fran­ken in bar, die nicht in un­serm Ge­schäft, uns­rer Fa­brik und un­sern Wa­ren an­ge­legt sind. Willst du dein Ver­mö­gen ver­grö­ßern, so mach es wie im Jah­re 1793. Die Ren­ten ste­hen zwei­und­sieb­zig, kauf Ren­ten. Du wirst zehn­tau­send Fran­ken Zin­sen ha­ben, ohne daß die­se An­la­ge un­serm Ge­schäft scha­den kann. Dann be­nut­ze das, um uns­re Toch­ter zu ver­hei­ra­ten, ver­kau­fe uns­re Pa­pie­re, und wir zie­hen in dei­ne Hei­mat. Fünf­zehn Jah­re lang hast du von nichts an­de­rem ge­re­det als von dem Kau­fe von ›Les Tré­so­rières‹, dem hüb­schen klei­nen Gut dicht bei Chi­non, wo es Was­ser, Wie­sen, Bäu­me, Wein­ber­ge gibt, mit zwei Meie­rei­en, die tau­send Ta­ler Pacht brin­gen, wo wir bei­de gern woh­nen wür­den, und heu­te, da will der Herr durch­aus ein Re­gie­rungs­mann wer­den? Über­le­ge dir doch, was wir sind: Par­füm­händ­ler. Wenn man dir vor sech­zehn Jah­ren, be­vor du die ›Dop­pel­pas­te der Sul­tan­in­nen‹ und das ›Eau Car­mi­na­ti­ve‹ er­fun­den hat­test, ge­sagt hät­te: ›Du wirst so­viel Geld ha­ben, daß du Les Tre­so­rières kau­fen kannst‹, wür­dest du nicht krank vor Freu­de ge­wor­den sein? Nun, jetzt kannst du die­sen Be­sitz er­wer­ben, nach dem du so be­gie­rig warst, daß du von nichts an­de­rem ge­re­det hast; jetzt aber sprichst du da­von, das Geld für Tor­hei­ten aus­zu­ge­ben, das wir im Schwei­ße un­se­res An­ge­sichts er­wor­ben ha­ben, ich kann wohl sa­gen, un­se­res, denn ich habe die gan­ze Zeit hin­durch im­mer im Kon­tor ge­ses­sen wie ein ar­mes Vieh in der Hun­de­hüt­te. Ist es nicht bes­ser, wenn wir ein Ab­stei­ge­quar­tier bei uns­rer Toch­ter, nach­dem sie die Frau ei­nes Pa­ri­ser No­tars ge­wor­den sein wird, ha­ben und acht Mo­na­te in Chi­non le­ben, als hier nun an­zu­fan­gen, aus fünf Sous sechs Pfen­ni­ge zu ma­chen, und aus sechs Pfen­ni­gen nichts? War­te, bis die Staats­ren­ten stei­gen, dann kannst du dei­ner Toch­ter acht­tau­send Fran­ken Ren­te mit­ge­ben, zwei­tau­send be­hal­ten wir für uns, mit dem Preis für un­ser Ge­schäft kön­nen wir Les Tre­so­rières kau­fen. Dort, in dei­ner Hei­mat, mein lie­ber Al­ter, mit un­sern wert­vol­len Mö­beln, wer­den wir wie die Fürs­ten le­ben, wäh­rend man hier min­des­tens eine Mil­li­on ha­ben muß, wenn man et­was vor­stel­len will.«

»Das hat­te ich von dir er­war­tet, Frau­chen«, sag­te Cäsar Bi­rot­teau. »Aber so dumm bin ich noch nicht (ob­wohl du mich ja für sehr dumm hältst), daß ich dar­an nicht ge­dacht hät­te. Nun höre mir aber ernst­haft zu. Alex­an­der Crot­tat paßt uns vor­treff­lich als Schwie­ger­sohn, und er wird Ro­gu­ins No­ta­ri­at er­wer­ben; aber meinst du denn, daß er sich mit ei­ner Mit­gift von hun­dert­tau­send Fran­ken be­gnü­gen wird (ich set­ze da­bei vor­aus, daß wir alle uns­re flüs­si­gen Mit­tel für die Hei­rat uns­rer Toch­ter her­ge­ben, was auch mei­ne Ab­sicht ist; denn ich wür­de mich für den Rest mei­ner Tage gern mit trock­nem Brot be­gnü­gen, wenn ich sie glück­lich wie eine Kö­ni­gin se­hen könn­te, also als die Frau ei­nes Pa­ri­ser No­tars, wie du sagst)? Nun, hun­dert­tau­send Fran­ken oder selbst acht­tau­send Fran­ken Ren­te sind nichts, wenn man das No­ta­ri­at Ro­gu­ins kau­fen will. Der klei­ne Xan­d­rot, wie wir ihn nen­nen, hält uns, wie alle Welt, für viel rei­cher, als wir sind. Wenn sein Va­ter, der di­cke Gut­späch­ter, der ein rich­ti­ger Hams­ter ist, nicht auch für hun­dert­tau­send Fran­ken Land ver­kauft, wird Xan­d­rot nicht No­tar wer­den, denn das No­ta­ri­at Ro­gu­ins ist vier- bis fünf­hun­dert­tau­send Fran­ken wert. Wenn Crot­tat nicht die Hälf­te in bar zahlt, wie soll das Ge­schäft zu­stan­de­kom­men? Cäsa­ri­ne muß zwei­hun­dert­tau­send Fran­ken Mit­gift be­kom­men; und ich will, daß, wenn wir uns vom Ge­schäft zu­rück­zie­hen, wir es als wohl­ha­ben­de Bür­ger mit fünf­zehn­tau­send Fran­ken Ren­te tun. Also, wenn du das als son­nen­klar ein­siehst, wirst du dann nicht dein Schnä­bel­chen hal­ten müs­sen?«

»Ja, wenn dir die Schät­ze von Peru ge­hö­ren …«

»Ja, mein Herz, sie ge­hö­ren mir. Ja,« sag­te er, faß­te sei­ne Frau um die Tail­le und gab ihr ein paar leich­te Klap­se, er­regt von der Freu­de, die sein gan­zes Ge­sicht be­leb­te. »Ich habe mit dir von die­ser Sa­che noch nicht re­den wol­len, be­vor sie reif war; aber mor­gen wird sie wahr­schein­lich zu­stan­de kom­men. Also höre: Ro­guin hat mir eine Spe­ku­la­ti­on vor­ge­schla­gen, die so si­cher ist, daß er sich mit Ra­gon, dei­nem On­kel Pil­ler­ault und noch zwei an­dern sei­ner Kli­en­ten dar­an be­tei­ligt. Wir wol­len an der Ma­de­lei­ne-Kir­che Ter­rains kau­fen, die wir nach der Be­rech­nung Ro­gu­ins für ein Vier­tel des Wer­tes ha­ben kön­nen, den sie in drei Jah­ren er­rei­chen müs­sen, wo wir sie dann, wenn ihre Ver­pach­tung ab­ge­lau­fen sein wird, nach un­se­rem Be­lie­ben aus­schlach­ten kön­nen. Wir be­tei­li­gen uns alle sechs dar­an mit be­stimm­ten An­tei­len, ich mit drei­hun­dert­tau­send Fran­ken für drei Ach­tel. Wenn ei­ner von uns Geld braucht, wird Ro­guin ihm das ver­schaf­fen, in­dem er auf sei­nen An­teil eine Hy­po­thek auf­nimmt. Um den Stiel der Pfan­ne in der Hand zu be­hal­ten und zu se­hen, wie der Fisch brät, will ich, dem Na­men nach, Ei­gen­tü­mer der einen Hälf­te sein, die Pil­ler­ault, dem gu­ten Ra­gon und mir zu­sam­men ge­hört. Ro­guin wird un­ter dem Na­men ei­nes Herrn Karl Cla­paron der an­de­re Mit­be­sit­zer sein und, wie ich, sei­nen So­zi­en einen Re­vers aus­stel­len. Die Kau­fur­kun­de wird in pri­vat­schrift­li­cher Ver­schrei­bung aus­ge­stellt, bis wir Be­sit­zer al­ler Ter­rains sind. Ro­guin wird ge­nau prü­fen, wel­che Kon­trak­te rea­li­siert wer­den müs­sen, denn er weiß noch nicht ge­wiß, ob wir die Ein­tra­gung ins Grund­buch ver­mei­den und die Kos­ten auf die­je­ni­gen, an die wir dann im ein­zel­nen ver­kau­fen wer­den, ab­wäl­zen kön­nen; aber das dau­ert zu lan­ge, wenn ich dir das er­klä­ren woll­te. Sind die Ter­rains be­zahlt, so ha­ben wir nichts zu tun, als mit ge­kreuz­ten Ar­men zu­zu­se­hen, und in drei Jah­ren be­sit­zen wir eine Mil­li­on. Cäsa­ri­ne wird dann ihr zwan­zigs­tes Jahr er­reicht ha­ben, dann ver­kau­fen wir un­ser Ge­schäft und kön­nen, dank dem Him­mel, bei al­ler Be­schei­den­heit zu ho­her Stel­lung auf­stei­gen.«

»So, und wo willst du die drei­hun­dert­tau­send Fran­ken her­neh­men?« sag­te Frau Bi­rot­teau.

»Von Ge­schäf­ten ver­stehst du nichts, mein Herz. Ich gebe die hun­dert­tau­send Fran­ken her, die bei Ro­guin ste­hen, vier­zig­tau­send Fran­ken neh­me ich auf die Bau­lich­kei­ten und das Gar­ten­land uns­rer Fa­brik im Fau­bourg du Tem­ple auf, für zwan­zig­tau­send ha­ben wir Wech­sel im Por­te­feuil­le, das sind zu­sam­men hun­dert­sech­zig­tau­send Fran­ken. Blei­ben noch hun­dert­vier­zig­tau­send, für die ich Wech­sel an die Or­der des Ban­kiers Karl Cla­paron ge­ben wer­de; er über­nimmt die Va­lu­ta da­für nach Ab­zug des Dis­konts. Da­mit sind uns­re hun­dert­tau­send Ta­ler be­zahlt: vor dem Ter­min braucht man nicht zu zah­len. Wer­den die Wech­sel fäl­lig, so kön­nen wir sie mit un­sern Über­schüs­sen ein­lö­sen. Und kön­nen wir das nicht, so wird Ro­guin mir Geld zu fünf Pro­zent lei­hen und es als Hy­po­thek auf mei­nen An­teil an den Ter­rains ein­tra­gen las­sen. Aber es wird gar nicht zu die­sem Geld­bor­gen kom­men: ich habe eine Es­senz ge­gen den Haar­schwund er­fun­den, das Co­ma­gen­öl! Li­ving­ston hat mir eine hy­drau­li­sche Pres­se auf­ge­stellt, mit der ich mein Öl aus Nüs­sen her­stel­le, de­nen un­ter sol­chem Druck all ihr Öl so­fort aus­ge­preßt wird. Nach mei­nen Be­rech­nun­gen wer­de ich we­nigs­tens hun­dert­tau­send Fran­ken dar­an ver­die­nen. Ich brü­te über ei­ner An­non­ce, die mit den Wor­ten be­gin­nen soll: ›Weg mit den Perücken!‹ und die eine groß­ar­ti­ge Wir­kung ma­chen wird. Du hast von mei­nen schlaflo­sen Näch­ten gar nichts ge­merkt! Schon seit drei Mo­na­ten raubt mir der Er­folg des Ma­kassaröls den Schlaf. Aber ich will das Ma­kassar­öl schon tot ma­chen!«

»Das sind also die fei­nen Pro­jek­te, mit de­nen du seit zwei Mo­na­ten dein Ge­hirn ab­ar­bei­test, ohne daß du mir et­was da­von sagst. Eben habe ich mich als Bett­le­rin an mei­ner ei­ge­nen Tür er­blickt, das war ein Wink des Him­mels. In kur­z­er Zeit wird uns nichts wei­ter blei­ben als die Au­gen, um sie uns aus dem Kop­fe zu wei­nen. So­lan­ge ich lebe, wirst du die Sa­che nicht ma­chen, ver­stehst du mich, Cäsar? Da­hin­ter ste­cken ge­wis­se Ma­chen­schaf­ten, die du nicht merkst, du bist zu an­stän­dig und zu ehr­lich, um bei an­dern Be­trü­ge­rei­en zu ver­mu­ten. Wes­halb bie­ten sie dir Mil­lio­nen an? Du be­raubst dich al­ler dei­ner Er­spar­nis­se, du en­ga­gierst dich über dei­ne Mit­tel hin­aus, und wenn nun die Wert­stei­ge­rung der Ter­rains nicht ein­tritt, wo­mit willst du dann dei­ne Wech­sel be­zah­len? Etwa mit den Scha­len dei­ner Nüs­se? Um in die fei­ne Ge­sell­schaft zu kom­men, soll dein Name nicht mehr in der Fir­ma er­schei­nen und das Schild der Ro­sen­kö­ni­gin ver­schwin­den, da­für aber willst du markt­schreie­ri­sche An­non­cen und Pro­spek­te los­las­sen, die den Na­men Cäsar Bi­rot­teau an al­len Ecken und auf al­len Bret­tern, über­all wo ge­baut wird, an­zei­gen wer­den.«

»Oh, da bist du im Irr­tum. Ich er­rich­te eine Fi­lia­le un­ter der Fir­ma Po­pi­not, in ir­gend­ei­nem Hau­se in der Nähe der Rue des Lom­bards, wo ich den klei­nen An­selm hin­ein­set­ze. Da­mit wer­de ich zu­gleich die Schuld der Dank­bar­keit ge­gen Herrn und Frau Ra­gon ab­tra­gen, wenn ich ih­ren Nef­fen eta­blie­re, der so sein Glück ma­chen kann. Die ar­men Ra­g­ons schei­nen mir seit ei­ni­ger Zeit sehr be­drückt aus­zu­se­hen.«

»Aha, des­halb wol­len die­se Leu­te dein Geld ha­ben.«

»Aber wel­che Leu­te denn, mein Kind? Etwa dein On­kel Pil­ler­ault, der uns lieb hat wie sein eig­nes Fleisch, und alle Sonn­ta­ge bei uns ißt? Oder der gute alte Ra­gon, un­ser Vor­gän­ger, der vier­zig Jah­re eh­ren­haf­ten Le­bens hin­ter sich hat und mit dem wir un­sern Bo­ston spie­len? Oder schließ­lich Ro­guin, ein Pa­ri­ser No­tar, ein Mann von sie­ben­und­fünf­zig Jah­ren, der sein No­ta­ri­at seit fünf­und­zwan­zig Jah­ren ver­wal­tet? Ein Pa­ri­ser No­tar, das wäre der Gip­fel, wenn nicht alle eh­ren­haf­ten Leu­te den glei­chen Wert hät­ten. Also, wenn Not am Mann wäre, wür­den mir mei­ne So­zi­en schon bei­sprin­gen! Wo ist denn nun also das Kom­plott, mein Lieb­chen? Aber ich muß dir ein­mal mei­ne Mei­nung sa­gen! So wahr ich ein an­stän­di­ger Mensch bin, das liegt mir auf dem Her­zen. – Im­mer bist du miß­trau­isch wie eine Kat­ze ge­we­sen! So­bald wir nur für zwei Sous Ei­gen­tum in un­serm La­den hat­ten, hast du die Kun­den für Spitz­bu­ben ge­hal­ten. – Knie­fäl­lig muß man dich bit­ten, daß du ge­stat­test, dich reich zu ma­chen! Für ein Pa­ri­ser Kind hast du wirk­lich recht we­nig Ehr­geiz! Wenn du nicht ewig klag­test, könn­te es kei­nen glück­li­che­ren Men­schen ge­ben als mich! – Wenn ich auf dich ge­hört hät­te, nie­mals hät­t’ ich die Sul­tan­in­nen-Pas­te und das Eau Car­mi­na­ti­ve ge­macht. Un­ser La­den­ge­schäft hat uns wohl er­nährt, aber die­se bei­den Er­fin­dun­gen und uns­re Sei­fen ha­ben uns hun­dert­sech­zig­tau­send Fran­ken ein­ge­bracht, die wir klar und nett be­sit­zen! – Ohne mei­ne Er­fin­dungs­ga­be – und ich habe Ta­lent für die Par­fü­me­rie – wä­ren wir klei­ne De­tail­händ­ler ge­blie­ben, wir wür­den uns pla­gen müs­sen, um un­ser Aus­kom­men zu ha­ben, ich wür­de nicht zu den an­ge­se­he­nen Kauf­leu­ten ge­hö­ren, die für die Wahl zum Han­dels­rich­ter in Fra­ge kom­men, ich wür­de we­der Rich­ter noch Bei­ge­ord­ne­ter ge­wor­den sein! Weißt du, was ich wäre? Ein Krä­mer, wie der alte Ra­gon ei­ner war, wo­mit ich ihn nicht be­lei­di­gen will, denn ich ach­te das La­den­ge­schäft, un­ser Haupt­ver­mö­gen rührt ja da­her! – Aber nach vier­zig Jah­ren Han­del mit Par­füms wür­den wir wie er drei­tau­send Fran­ken Ren­te ha­ben; und bei dem, was heu­te al­les kos­tet, wo sich die Prei­se ver­dop­pelt ha­ben, wür­den wir, wie sie, kaum zu le­ben ha­ben. (Täg­lich ma­che ich mir um das alte Ehe­paar im­mer mehr Sor­gen. Ich muß da end­lich mal klar se­hen, und ich wer­de das ent­schei­den­de Wort mor­gen von Po­pi­not hö­ren!) – Wäre ich dei­nem Rate ge­folgt, dir, die du im­mer in Sor­gen bist und dich im­mer fragst, ob du das, was du heu­te in der Hand hast, mor­gen noch ha­ben wirst, so wür­de ich kei­nen Kre­dit, wür­de nicht das Kreuz der Ehren­le­gi­on und nicht die Aus­sicht ha­ben, eine po­li­ti­sche Per­sön­lich­keit zu wer­den. Ja, schütt­le nur den Kopf, wenn uns­re An­ge­le­gen­heit zu­stan­de kommt, kann ich De­pu­tier­ter von Pa­ris wer­den. Oh, nicht um­sonst hei­ße ich Cäsar, mir ist al­les ge­glückt. – Es ist nicht zu glau­ben, je­der­mann er­klärt mich für einen fä­hi­gen Kopf; nur zu Hau­se hält mich die ein­zi­ge, der zu­lie­be ich so hand­le, daß ich Blut und Was­ser schwit­ze, um sie glück­lich zu ma­chen – aus­ge­rech­net hält mich ge­ra­de die für einen Dumm­kopf.«

Ob­wohl die­se Phra­sen durch be­red­te Pau­sen un­ter­bro­chen und wie Ku­geln ab­ge­schos­sen wur­den, wie es von all de­nen ge­schieht, die sich in die Brust wer­fen, um ih­ren Geg­ner zu be­schul­di­gen, drück­ten sie doch gleich­zei­tig eine so tie­fe, so un­er­schüt­ter­li­che Zu­nei­gung aus, daß sich Frau Bi­rot­teau im In­ners­ten be­wegt fühl­te; aber wie alle Frau­en be­nütz­te sie die Lie­be, die sie ein­flö­ßte, um die Sa­che zu ih­ren Guns­ten zu ent­schei­den.

»Nun also, Bi­rot­teau,« sag­te sie, »dann laß mich doch auf mei­ne Wei­se glück­lich wer­den. We­der du noch ich ha­ben eine Er­zie­hung ge­nos­sen, wir kön­nen we­der uns un­ter­hal­ten noch einen Die­ner ma­chen, wie die Leu­te der fei­nen Ge­sell­schaft: und wie sol­len wir da in ei­ner öf­fent­li­chen Stel­lung Er­folg ha­ben? Und ich, ich wür­de so glück­lich in Tré­so­rières sein! Im­mer habe ich die Tie­re und die klei­nen Vö­gel gern ge­habt, und ich wür­de so gern mein Le­ben da­mit ver­brin­gen, für die Hüh­ner zu sor­gen und eine Land­frau zu sein. Wir wol­len un­ser Ge­schäft ver­kau­fen, Cäsa­ri­ne ver­hei­ra­ten und du laß dei­nen Grö­ßen­wahn fah­ren. Wir wer­den den Win­ter in Pa­ris le­ben, bei un­serm Schwie­ger­sohn, wir wer­den so glück­lich sein, und nichts, was in der Po­li­tik oder im Han­del pas­siert, wird uns­re Le­bens­wei­se be­ein­flus­sen kön­nen. Wa­rum wol­len wir denn die an­dern tot ma­chen? Ge­nügt un­ser jet­zi­ges Ver­mö­gen nicht für uns? Wenn du Mil­lio­när sein wirst, kannst du dann zwei­mal Mit­tag­brot es­sen? Wünschst du dir noch eine an­de­re Frau als mich? Denk doch an mei­nen On­kel Pil­ler­ault! Der hat sich ver­stän­di­ger­wei­se mit sei­nem klei­nen Ver­mö­gen be­gnügt und ver­bringt sein Le­ben da­mit, an­dern Gu­tes zu tun. Braucht der etwa schö­ne Mö­bel? Na­tür­lich hast du schon die Mö­bel für mich be­stellt: ich habe Bra­schon hier ge­se­hen, und er ist si­cher nicht her­ge­kom­men, um Par­füms zu kau­fen.«

»Ja­wohl, mein Herz, dei­ne Mö­bel sind schon be­stellt und mit den Ar­bei­ten hier wird mor­gen an­ge­fan­gen; ge­lei­tet wer­den sie von ei­nem Archi­tek­ten, den mir Herr von La Bil­lar­diè­re emp­foh­len hat.«

»Mein Gott,« rief sie aus, »er­bar­me dich un­ser!«

»Aber so sei doch ver­nünf­tig, lie­bes Kind. Willst du dich denn mit sie­ben­und­drei­ßig Jah­ren, so frisch und hübsch, wie du bist, in Chi­non be­gra­ben? Ich bin ja auch erst, Gott­lob, neun­und­drei­ßig. Das Glück er­öff­net mir eine neue Lauf­bahn, soll ich sie nicht be­tre­ten? Wenn ich mich hier mit der ge­bo­te­nen Vor­sicht be­we­ge, dann kann ich ein Haus be­grün­den, das un­ter der Pa­ri­ser Bour­geoi­sie eh­ren­voll ge­nannt wird, wie das frü­her ge­sche­hen ist; dann kann ich die Bi­rot­te­aus be­grün­den, wie es die Kel­lers gibt, die Ju­les Des­ma­rets, die Ro­gu­ins, die Guil­lau­mes, die Le­bas, die Nu­cin­gens, die Sail­lards, die Po­pi­nots, die Ma­ti­fats, die in ih­rem Vier­tel et­was be­deu­ten oder be­deu­tet ha­ben. Und wenn noch die­se Sa­che nicht so si­cher wie Gold wäre …«

»Si­cher?«

»Ja­wohl, si­cher. Seit zwei Mo­na­ten habe ich es mir aus­ge­rech­net. Ohne daß je­mand et­was ge­merkt hat, habe ich über die Bau­ten im Stadt­hau­se und bei den Archi­tek­ten und Un­ter­neh­mern Er­kun­di­gun­gen ein­ge­zo­gen. Herr Grin­dot, der jun­ge Archi­tekt, der un­se­re Woh­nung um­än­dern soll, ist un­glück­lich, daß ihm das Geld fehlt, um sich an un­se­rer Spe­ku­la­ti­on zu be­tei­li­gen.«

»Weil er die Bau­ten aus­füh­ren will, des­halb drängt er euch dazu und will euch aus­nut­zen.«

»Las­sen sich Leu­te wie Pil­ler­ault, Karl Cla­paron und Ro­guin aus­nut­zen? Nein, der Ge­winn ist so si­cher wie bei der Sul­tan­in­nen-Pas­te.«

»Aber, Liebs­ter, was hat Ro­guin denn nö­tig, zu spe­ku­lie­ren, wenn er auf sein No­ta­ri­at nichts mehr schul­dig ist und ein Ver­mö­gen ge­macht hat? Ich sehe ihn manch­mal vor­bei­ge­hen, sor­gen­vol­ler als ein Staats­mi­nis­ter, mit et­was Ver­steck­tem in sei­nem Blick, was mir nicht ge­fällt; als ob er Sor­gen ver­ber­gen woll­te. Seit fünf Jah­ren hat er ein Ge­sicht wie ein al­ter Bumm­ler be­kom­men. Wer sagt dir, ob er nicht aus­rückt, wenn er euer Geld in der Ta­sche hat? So was ist schon vor­ge­kom­men. Ken­nen wir ihn denn wirk­lich ge­nau? Mag er sich im­mer seit fünf­zehn Jah­ren un­sern Freund nen­nen, ich möch­te nicht mei­ne Hand für ihn ins Feu­er le­gen. Den­ke dar­an, daß er eine Stin­kna­se hat und nicht mit sei­ner Frau zu­sam­men­lebt; si­cher hat er Mätres­sen, die ihn rui­nie­ren; ich kann mir kei­nen an­dern Grund für sei­ne trüb­se­li­ge Mie­ne den­ken. Wenn ich beim An­klei­den durch die Gar­di­nen gu­cke, sehe ich ihn mor­gens zu Fuß nach Hau­se gehn; nie­mand weiß, wo er da her­kommt. Ich habe den Ein­druck, daß er noch einen zwei­ten Haus­halt führt, er be­zahlt einen und sei­ne Frau einen. Ist das ein Le­ben, wie es sonst ein No­tar führt? Wenn man fünf­zig­tau­send Fran­ken ein­nimmt und sech­zig­tau­send aus­gibt, dann ist das Ver­mö­gen in zwan­zig Jah­ren auf­ge­braucht und man steht nackt da wie ein neu­ge­bo­re­nes Kind; weil man aber dar­an ge­wöhnt ist, groß auf­zu­tre­ten, plün­dert man ohne Er­bar­men sei­ne Freun­de aus; je­der ist sich selbst der Nächs­te. Er ist in­tim mit dem klei­nen du Til­let, die­sem Lum­pen, un­serm frü­he­ren Kom­mis; mir ahnt nichts Gu­tes bei die­ser Freund­schaft. Wenn er sich über du Til­let nicht klar ist, dann muß er sehr blind sein; wenn er es aber ist, warum ist er so ver­traut mit ihm? Du wirst mir ant­wor­ten, daß sei­ne Frau du Til­let liebt. Nun, ich hal­te nichts von ei­nem Man­ne, der in be­zug auf sei­ne Frau kein Ehr­ge­fühl hat. Und schließ­lich, sind die jet­zi­gen Be­sit­zer die­ser Ter­rains wirk­lich so dumm, daß sie für hun­dert Sous her­ge­ben, was hun­dert Fran­ken wert ist? Wenn dir ein Kind be­geg­net, das nicht weiß, wie­viel ein Louis­dor wert ist, wirst du ihm nicht sa­gen, wie­viel er gilt? Eure Sa­che kommt mir, ohne euch be­lei­di­gen zu wol­len, wie ein Schwin­del vor.«

»Mein Gott, wie ko­misch seid ihr Wei­ber manch­mal, und wie bringt ihr alle Ge­dan­ken durch­ein­an­der! Wenn ein Ro­guin nicht bei der Sa­che be­tei­ligt wäre, dann wür­dest du sa­gen: du willst dich auf et­was ein­las­sen, Cäsar, wo Ro­guin nicht da­bei ist? dann ist die Sa­che nichts wert. Jetzt tritt er da­bei als Ga­rant auf, und nun sagst du …«

»Ich den­ke, das ist Herr Cla­paron?«

»Aber ein No­tar kann doch nicht mit sei­nem Na­men bei ei­nem Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäft her­vor­tre­ten.«

»Wes­halb macht er denn dann et­was, was das Ge­setz ver­bie­tet? Was denkst du denn dar­über, du, der du doch im­mer nur nach dem Ge­set­ze han­delst?«

»Laß mich doch aus­re­den. Weil Ro­guin da­bei ist, soll die Sa­che nicht gut sein. Hat das einen Sinn? Dann sagst du, er macht et­was Ge­setz­wid­ri­ges. Aber er wird schon of­fen her­vor­tre­ten, wenn es nö­tig ist. Fer­ner sagst du: er ist aber doch schon reich. Kann man nicht von mir das­sel­be sa­gen? Wür­den viel­leicht Ra­gon und Pil­ler­ault zu mir ge­kom­men sein und ge­sagt ha­ben: Wes­halb be­tei­ligst du dich denn, wo du Geld hast wie ein Schwei­ne­händ­ler?«

»Kauf­leu­te und No­ta­re ha­ben nicht die glei­che Po­si­ti­on«, sag­te Frau Bi­rot­teau.

»Mein Ge­wis­sen ist hier­bei ganz ru­hig«, fuhr Cäsar fort. »Die Leu­te, die ver­kau­fen, tun das, weil sie dazu ge­zwun­gen sind; wir be­trü­gen sie eben­so­we­nig, wie man die be­trügt, von de­nen man Ren­ten zu fünf­und­sieb­zig kauft. Heu­te kauft man die Ter­rains für den Preis, den sie heu­te wert sind; in zwei Jah­ren ist er ein an­de­rer, wie bei den Ren­ten. Und das soll­test du wis­sen, Kon­stan­ze Bar­ba­ra Jo­se­fi­ne Pil­ler­ault, daß du Cäsar Bi­rot­teau nie­mals auf ei­ner Tat er­tap­pen wirst, die auch nur im ge­rings­ten der strengs­ten Recht­lich­keit, dem Ge­setz, dem Ge­wis­sen oder dem Zart­ge­fühl wi­der­spricht. Wie kann man je­man­dem, der seit acht­zehn Jah­ren eta­bliert ist, in sei­ner ei­ge­nen Fa­mi­lie Un­red­lich­keit vor­wer­fen!«

»Nein, Cäsar, nein. Be­ru­hi­ge dich nur. Eine Frau, die so lan­ge an dei­ner Sei­te ge­lebt hat, die kennt dich doch durch und durch. Und schließ­lich bist du ja der Herr. Du hast doch das Ver­mö­gen ver­dient, also kannst du auch dar­über ver­fü­gen. Und wenn wir ins äu­ßers­te Elend ge­rie­ten, we­der von mir, noch von dei­ner Toch­ter wür­dest du auch nur ein vor­wurfs­vol­les Wort hö­ren. Aber eins gebe ich dir zu be­den­ken: als du dei­ne Sul­tan­in­nen-Pas­te und dei­ne Eau Car­mi­na­ti­ve ein­führ­test, wie­viel hast du da ris­kiert? Fünf- bis sechs­tau­send Fran­ken. Heu­te willst du dein gan­zes Ver­mö­gen auf eine Kar­te set­zen, und das ist ein Spiel, wo du nicht al­lein be­tei­ligt bist, son­dern wo du Teil­ha­ber hast, die sich als ge­ris­se­ner er­wei­sen kön­nen, als du bist. Mei­net­we­gen gib dei­nen Ball, kauf neue Mö­bel, das ist zwar über­flüs­sig, das kann uns aber nicht rui­nie­ren. Aber ge­gen die Sa­che mit den Ter­rains an der Ma­de­lei­ne leh­ne ich mich di­rekt auf. Du bist Par­fü­me­rie­händ­ler, blei­be das, aber wer­de nicht Ter­rain­händ­ler. Wir Frau­en, wir ha­ben für so et­was ein in­stink­ti­ves Ge­fühl, das uns nicht täuscht! Ich habe dich ge­warnt und nun kannst du ja nach dei­nem Kop­fe han­deln. Du bist Han­dels­rich­ter ge­we­sen, du kennst die Ge­set­ze, du hast dein Schiff gut ge­steu­ert und ich wer­de im­mer mit dir gehn, Cäsar! Aber ich zit­te­re so lan­ge, bis un­ser Ver­mö­gen si­cher an­ge­legt und Cäsa­ri­ne gut ver­hei­ra­tet ist. Gebe der Him­mel, daß mein Traum nicht eine War­nung war!«

Die­se Un­ter­wür­fig­keit war Bi­rot­teau pein­lich, und er ge­brauch­te eine un­schul­di­ge List, zu der er schon bei ähn­li­chen Ge­le­gen­hei­ten ge­grif­fen hat­te. »Höre, Kon­stan­ze, eine bin­den­de Er­klä­rung habe ich noch nicht ab­ge­ge­ben; aber ich habe so gut wie zu­ge­sagt.«

»Ach, Cäsar, dann ist es er­le­digt, re­den wir nicht wei­ter dar­über. Erst kommt die Ehre, dann das Ver­mö­gen. Und nun geh schla­fen, mein Lie­ber, wir ha­ben kein Holz mehr. Und im Bet­te wer­den wir bes­ser re­den kön­nen, wenn dir das Spaß macht. Ach, die­ser scheuß­li­che Traum! Mein Gott, wenn man sich so dop­pelt sieht! Es ist furcht­bar! Cäsa­ri­ne und ich, wir wer­den ge­hö­rig be­ten, daß die Ter­rain­sa­che glückt.«

»Ge­wiß wird die Hil­fe des Him­mels nichts scha­den«, sag­te Bi­rot­teau fei­er­lich. »Aber die Nu­ß­es­senz ist auch eine Macht, mein Kind. Ich habe die­se Er­fin­dung wie die der Sul­tan­in­nen-Dop­pel­pas­te ei­nem Zu­fall zu ver­dan­ken: das ers­te­mal, als ich ein Buch öff­ne­te, dies­mal, als ich den Stich von Hero und Le­an­der be­trach­te­te. Du er­in­nerst dich, wo eine Frau Öl auf das Haupt ih­res Ge­lieb­ten gießt; ist das nicht rei­zend? Die si­chers­ten Spe­ku­la­tio­nen sind die auf die Ei­tel­keit, die Ei­gen­lie­be und die Prah­le­rei. Die­se Ge­füh­le wer­den nie­mals aus­ster­ben.«

»Ach ja, das sehe ich.«

»In ei­nem ge­wis­sen Al­ter sind die Män­ner, die kein Haar mehr ha­ben, zu al­lem fä­hig, um wie­der wel­ches zu be­kom­men. Seit ei­ni­ger Zeit höre ich von den Fri­seu­ren, daß nicht nur das Ma­kassar­öl geht, son­dern alle Ar­ten von Haar­fär­be­mit­teln und von Mit­teln, bei de­ren An­wen­dung an­geb­lich die Haa­re wach­sen. Seit dem Frie­dens­schlus­se sind die Män­ner viel mehr hin­ter den Wei­bern her, und die ha­ben die Kahl­köp­fe nicht ger­ne, nicht wahr, mein Lieb­ling? Die Nach­fra­ge nach die­sem Ar­ti­kel er­klärt sich also aus der po­li­ti­schen Si­tua­ti­on. Ein Mit­tel, das die Haa­re ge­sund er­hält, wür­de ab­ge­hen wie war­me Sem­meln, und um so mehr, da die­se Es­senz si­cher von der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten ap­pro­biert wer­den wird. Mein lie­ber Herr Vau­que­lin wird mich wohl auch da­bei wie­der un­ter­stüt­zen. Mor­gen gehe ich hin und un­ter­brei­te ihm mei­ne Idee, und da­bei wer­de ich ihm den Stich ver­eh­ren, den ich nun end­lich, nach zwei­jäh­ri­gem Su­chen in Deutsch­land, er­hal­ten habe. Er be­faßt sich ge­ra­de mit der Haar­un­ter­su­chung. Chif­fre­ville, der Teil­ha­ber bei sei­ner Fa­brik che­mi­scher Pro­duk­te, hat es mir mit­ge­teilt. Wenn mei­ne Er­fin­dung mit sei­nen Re­sul­ta­ten über­ein­stimmt, wird mei­ne Es­senz von bei­den Ge­schlech­tern ge­kauft wer­den. In mei­ner Idee, ich wie­der­ho­le es, steckt ein Ver­mö­gen. Ich kann wahr­haf­tig des­halb nicht schla­fen. Glück­li­cher­wei­se hat der klei­ne Po­pi­not das schöns­te Haar, was man sich den­ken kann. Wenn man dann noch ein Kon­tor­fräu­lein nimmt, mit Haar, das bis auf die Erde fällt, die, wenn das gin­ge, ohne bei Gott und Men­schen An­stoß zu er­re­gen, sa­gen könn­te, daß das Co­ma­gen­öl (es wird je­den­falls ein Öl sein) das be­wirkt hat, dann wer­den sich alle Grau­köp­fe dar­auf stür­zen, wie das Elend auf die Welt. Sag mal, Klei­ne, und was wird mit un­serm Ball? Ich bin nicht bös­ar­tig, aber ich möch­te gern die­sen Kerl, den klei­nen du Til­let, da­bei se­hen, der mit sei­nem Ver­mö­gen groß­tut und mir auf der Bör­se im­mer aus­weicht. Er weiß, daß ich et­was, das er ge­macht hat, ken­ne, was nicht schön war. Vi­el­leicht bin ich doch zu gut zu ihm ge­we­sen. Ist es nicht ko­misch, mein Kind, daß man im­mer für sei­ne gu­ten Ta­ten be­straft wird, hier auf Er­den ver­steht sich! Ich habe wie ein Va­ter ge­gen ihn ge­han­delt, du weißt gar nicht, was ich al­les für ihn ge­tan habe.«

»Ich be­kom­me eine Gän­se­haut, wenn du nur sei­nen Na­men er­wähnst. Wenn du ge­wußt hät­test, was er aus dir ma­chen woll­te, hät­test du über die ge­stoh­le­nen drei­tau­send Fran­ken nicht ge­schwie­gen, denn ich habe er­ra­ten, wie die Sa­che ar­ran­giert wor­den ist. Hät­test du ihn der Po­li­zei an­ge­zeigt, dann hät­test du viel­leicht vie­len Leu­ten einen gu­ten Dienst er­wie­sen.«

»Was be­ab­sich­tig­te er denn aus mir zu ma­chen?«

»Ach, nichts. Wenn du heu­te auf mich hö­ren woll­test, dann wür­de ich dir den gu­ten Rat ge­ben, Bi­rot­teau, dei­nen du Til­let bei­sei­te zu las­sen.«

»Wür­de man es aber nicht merk­wür­dig fin­den, wenn ich einen Kom­mis, für den ich für die ers­ten zwan­zig­tau­send Fran­ken, mit de­nen er sein Ge­schäft an­ge­fan­gen hat, Bürg­schaft ge­leis­tet habe, nicht ein­la­de? Geh, laß uns gü­tig sein um des Gu­ten wil­len. Üb­ri­gens hat sich du Til­let auch viel­leicht ge­bes­sert.«

»Hier wird ja nun wohl al­les drun­ter und drü­ber ge­hen.«

»Was re­dest du da von drun­ter und drü­ber? Al­les wird hier wie am Schnür­chen gehn. Hast du denn schon ver­ges­sen, was ich dir über die Trep­pe und das Mie­ten der Räu­me im Nach­bar­hau­se, nach der Ab­ma­chung mit dem Schirm­händ­ler Cay­ron, ge­sagt habe? Wir müs­sen bei­de mor­gen zu Herrn Mo­li­neux, sei­nem Haus­wirt, gehn, und ich habe mor­gen so viel Ge­schäf­te wie ein Mi­nis­ter …«

»Du hast mir mit dei­nen Pro­jek­ten den Kopf ganz ver­wirrt,« sag­te Kon­stan­ze, »ich fin­de mich nicht mehr zu­recht. Und im üb­ri­gen will ich jetzt schla­fen, Bi­rot­teau.«

»Also gu­ten Mor­gen«, sag­te er. »Höre doch, ich sage dir gu­ten Mor­gen, denn es ist schon Mor­gen, mein Lieb­ling. Ach, sie schläft schon, das gute Herz. Ja, du sollst sehr reich wer­den, oder ich will nicht mehr Cäsar hei­ßen.«

Honoré de Balzac – Gesammelte Werke

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