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Das tapfere Schneiderlein“


Von Willy Hülsdünker

„Tragikkomödie geht zu Ende“, „Papierkrieg um Wohnbaracke“, „Sogar das Wiederaufbauministerium bemüht“, so oder ähnlich titelte die Zeitung „Nachrichten für Dorsten“ im Jahre 1952. Nach den Erzählungen jährte es sich bald zum dritten Male, dass sich erstmals die Behörden offiziell mit dem Behelfsheim - unserer Baracke - befassten, welches unser Vater, der Schneidermeister Willi Hülsdünker, in Lembeck-Endeln errichtet hatte. Weil unser „Behelfsheim“ nichts anderes als eine bessere Baracke sei, die den Ausblick auf eine wunderschöne Waldkulisse störe, müsse sie verschwinden - so die offizielle Begründung der Behörden.

Und es hatte den Anschein, dass der Zeitpunkt des Verschwindens jetzt in greifbare Nähe gerückt war. Unser Vater hatte die Baracke seinerzeit ohne Genehmigung der zuständigen Stellen auf einem Pachtgrundstück errichtet, das später von Bauer Hüls gekauft werden sollte. Als er der Aufforderung, sie abzureißen, nicht nachkam, begann jener Papierkrieg, der drei Jahre währte und zeitweilig den Ruhrsiedlungsverband, ja sogar das Wiederaufbauministerium beschäftigte. Parallel zu diesem Streitverfahren wurde ein Strafverfahren wegen eines unerlaubten Anbaus an die Baracke ausgefochten.


Unsere Baracke vor der wunderschönen Waldkulisse um 1960

Wiederholt wurde unser Vater, der Schneidermeister Willi Hülsdünker, von der Kreisverwaltung als Aufsichtsbehörde aufgefordert, sein Heim zu räumen. Als dies nicht geschah, beauftragte die Kreisverwaltung die Amtsverwaltung, die Entfernung der Baracke vorzunehmen. Doch wo nichts ist, hat sogar der Kaiser sein Recht verloren. Denn eine solche Entfernung kostet Geld. Das aber stand nicht zur Verfügung, da im Etat der Verwaltung keine Position für solche Maßnahmen vorhanden war, wie der Hauptausschuss bedauernd feststellte. Um jetzt die Angelegenheit endlich aus der Welt zu schaffen, hatte die Amtsverwaltung eine Ortsbesichtigung angeregt, an der die Vertreter folgender Ämter beteiligt waren:

der Baurat des Ruhrsiedlungsverbandes,

der Baudirektor der Kreisverwaltung Recklinghausen,

der Regierungsvermessungsrat vom Kulturamt Coesfeld,

der Kreislandwirt und ein Vertreter der Landwirtschaft,

der Rechtsamtsleiter und Vermessungsrat vom Rechts- und Vermessungsamt der Amtverwaltung,

der Amtsbürgermeister Hatkämper,

Bauer Hüls aus Lembeck als Interessierter am Grundstück und schließlich der Hauptinteressent, Schneidermeister Willi Hülsdünker.

Nachdem der Fall noch einmal von allen Seiten beleuchtet worden war, ging die einmütige Auffassung dahin, dass die Baracke einen anderen Platz erhalten müsse. Das Kulturamt Coesfeld erklärte sich bereit, im Zusammenhang mit der Umlegung Rhade – Endeln einen Bauplatz zur Verfügung zu stellen und zwar im Anschluss an die Bebauung der Kreisstraße östlich der Hochspannungsleitung. Dort wurde ein zur Kreisstraße rechtwinkliger Weg geplant, durch den das Gelände für Siedlungen erschlossen werden sollte. Mit diesem Platz erklärte sich auch der Ruhrsiedlungsverband einverstanden. Bis unser Vater, der Schneidermeister Hülsdünker, hier ein neues Heim errichtet hat, wurde ihm das Verbleiben in seinem jetzigen Behelfsheim gestattet.


Die „Baracke“ heute - 2021

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