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„Willy, de Dern mot ant Hues blieven!“


Von Maria Hochstrat, geb. Hülsdünker

Ich war noch keine vierzehn Jahre alt, als ich, Maria Hochstrat (geb. Hülsdünker.), meine Lehre am 01.04.1966 in der Schneiderei meines Vaters Willy Hülsdünker antrat. Zuhause eine Lehre zur Herrenschneiderin zu absolvieren, war aus der Sicht meiner Eltern selbstverständlich. Ich wurde nicht großartig gefragt, ob dies auch in meinem Sinne war. Nach bestandener Gesellenprüfung, einige Jahre älter und selbstbewusster, war mir klar, dass ich aus mir, der Herrenschneiderin etwas mehr machen musste.

Meine Cousinen Maria und Elisabeth Ljucovic erzählten mir, dass im Gudula - Kloster in Rhede im August 1969 eine private Berufsaufbauschule eröffnet werden sollte. Hier bewarb ich mich und meldete mich schließlich an, um über den zweiten Bildungsweg die Möglichkeit zu erhalten, ein Studium an einer Fachhochschule aufzunehmen. Es gab vieles zu organisieren, denn es war gar nicht so einfach, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Rhade nach Rhede zu kommen. In den ersten Tagen fuhr ich mit dem Zug bis Borken und mit einem Bus weiter bis Rhede. Es war schon eine Himmelfahrt. Dann erfuhr ich, dass Herr Harter vom ´Kalten Bach` täglich Richtung Erle fuhr. Er nahm mich und Marlies Wessling bis zur Erler Kreuzung mit. An der Kreuzung stiegen wir dann in den Renault R4 einer Schulkollegin aus Holsterhausen ein. In Raesfeld stiegen zwei weitere Mitschülerinnen ein. Die Raesfelder kannten sich in der Gegend aus, sodass wir einen optimal schnellen Schulweg nach Rhede fanden. Täglich wieder eine Schule zu besuchen, war für mich zunächst eine große Umstellung und verlangte mir viel Lerndisziplin ab – aber es bedeutete auch, die Enge des Elternhauses ein Stück hinter mir zu lassen. Am 7.1.1971 verstarb unsere Mutter während meiner Prüfungsphase.


Willi Hülsdünker

Es war eine traurige und schwere Zeit für unsere Familie. Durch meine Mitschülerinnen sowie Schwestern des Lehrkollegiums wurde ich in den Wochen nach Mutters Tod gut aufgefangen und auch darin bestärkt, an meinem weiteren Bildungsweg festzuhalten und zur Fachhochschule für Bekleidungstechnik nach Mönchengladbach zu gehen. Nur in der Verwandtschaft wurde durch die Geschwister meines Vaters meine Anmeldung zur Fachhochschule in Frage gestellt. Papa sollte mich in dieser Situation doch besser nicht gehen lassen, damit ich die Versorgung des Haushaltes übernehmen könne. „De Dern, de bliev te hus, Willy!“ Diesen Satz habe ich heute noch im Ohr.

Ich konnte aber trotz aller widrigen Umstände am 01.03. 1971 mein Studium beginnen. Mein Vater hat nicht gegengesteuert. Das rechne ich ihm in der Nachschau auf diese Zeit hoch an. Es war aber sicherlich auch meiner Mutter geschuldet, da Vater meiner Mutter auf ihrem Sterbebett versprochen hatte, dass er gut für uns sorgen und alle Kinder „etwas werden lassen sollte“.

Heute kann ich sagen, dass meine Eltern damals erkannt haben, wie wichtig es ist, dass auch Mädchen eine gute Ausbildung bekommen.

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