Читать книгу Gefährliche Verwandtschaft - Karin Feuerstein-Praßer - Страница 11

Eine verbotene Ehe

Оглавление

In Rouen allerdings geschah etwas völlig Unerwartetes: Brunhilde lernte Merowech kennen, Chilperichs Sohn aus der Ehe mit der unglücklichen „Klosterfrau“ Audovera. Nur kurze Zeit später waren die beiden verheiratet. Nach kanonischem Recht war eine Ehe zwischen Tante und Neffen zwar streng verboten, aber trotzdem fand sich ein Priester, der die beiden traute.

Über die Beweggründe lässt sich nur spekulieren. Liebe? Wohl kaum. Benutzte Brunhilde ihren Neffen, um seinem Vater zu schaden? Spielten für Merowech womöglich Rachemotive an seiner Stiefmutter Fredegunde eine Rolle? Oder verfolgte Brunhilde vielleicht sogar politisch langfristige Ziele – etwa die Vereinigung Austriens und Neustriens? War sie tatsächlich so weitsichtig, dass sie die Reichseinheit und die Stärkung der königlichen Zentralgewalt ins Auge fasste? Auszuschließen ist das nicht, denn in diesem Sinne hat sie auch später immer gehandelt.

Doch das Eheglück war nicht von langer Dauer. Chilperich, der Sohn und Schwiegertochter zunächst noch zur Hochzeit gratuliert hatte, nahm einen Aufstand im austrischen Soissons zum Anlass, Merowech, den er als Drahtzieher vermutete, gefangen zu setzen. Doch der junge Mann hatte einflussreiche Freunde, denen es in einer Nacht- und Nebelaktion gelang, den Königssohn zu befreien und ihm zur Flucht nach Metz zu verhelfen, wo sich inzwischen Brunhilde mit ihrem kleinen Sohn aufhielt. Was danach geschah, lässt sich aufgrund der schlechten Quellenlage kaum noch rekonstruieren. Vermutlich hatten die austrischen Adligen verlockende Zusagen von Chilperich erhalten, denn sie liefen in Scharen zum neustrischen König über. Brunhilde, ihr Sohn Childebert und Merowech fanden sich plötzlich völlig isoliert. Brunhilde und das Kind durften zwar in Metz bleiben, doch Merowech musste die Stadt umgehend verlassen. Wie es scheint, hat Fredegunde die Schutzlosigkeit ihres Stiefsohns ausgenutzt und ihm gedungene Mörder auf den Hals gehetzt, um ihren eigenen Söhnen Vorteile zu verschaffen. Kurze Zeit später jedenfalls war Merowech tot …

Damit hatte Fredegunde zwar einen wichtigen Widersacher aus dem Weg geräumt, doch jetzt schien es, als würden himmlische Mächte die Königin für ihre Freveltaten bestrafen. Von ihren vier unmündigen Kindern wurden innerhalb kürzester Zeit drei von einer Seuche dahingerafft. Nur ein Säugling namens Chlotar blieb am Leben. Auch Chilperich, selbst nicht zimperlich, hatte sich inzwischen von seiner rabiaten Gemahlin abgewandt. Diese, inzwischen vierzig, fand bald Ersatz und holte sich einen gewissen Landerich ins Lager, seines Zeichens Hausmeier am neustrischen Königshof.

Der Hausmeier oder Majordomus gehörte als „Hausmeister“ zu den höchsten Hofbeamten – neben dem Marschall, der die Marställe (Pferdeställe) beaufsichtigte, dem Kämmerer, der für den Hausrat – insbesondere für den Königsschatz – verantwortlich war, und dem Mundschenk, der für das leibliche Wohl der höfischen Gesellschaft zu sorgen hatte. Damit hatte Fredegunde einen ganz schön „dicken Fisch“ an Land gezogen.

Als Chilperich an einem schönen Maiabend 584 von der Jagd nach Hause kam, ereilte auch ihn das Schicksal: Kaum war er vom Pferd gestiegen, da stach ihm ein Unbekannter ein Messer in den Rücken und verschwand im Schutz der Dunkelheit. Weder der Mörder noch mögliche Hintermänner (beziehungsweise -frauen) konnten jemals überführt werden. Fredegunde beschuldigte ihre Rivalin Brunhilde, aus Rache gehandelt zu haben, die wiederum behauptete, die ehemalige Magd habe ihren Mann selbst auf dem Gewissen. Wie gesagt, das Verbrechen wurde niemals aufgeklärt. Doch es ist keineswegs unwahrscheinlich, dass Fredegunde Chilperich loswerden wollte, um künftig nach eigenem Gutdünken schalten und walten zu können und ihr Liebesglück mit Landerich ungestört zu genießen.

Gefährliche Verwandtschaft

Подняться наверх