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Der Krieg der Kinderkönige

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Weil das austrisch-neustrische Frankenreich jetzt keinen mündigen König mehr hatte – Chilperichs Sohn, der kleine Chlotar II., war erst vier Monate alt – übernahm Fredegunde kurzerhand selbst die Regentschaft. Welch ein Triumph über ihre Rivalin Brunhilde! Doch sie hatte sich zu früh gefreut. Zwar waren Sigibert und Chilperich tot, aber der dritte Bruder lebte noch: Gunthramm von Burgund, der sich bislang aus der Familienfehde herausgehalten hatte. Dass sich Fredegunde nun zur Königin der beiden Teilreiche aufgeschwungen hatte, das passte ihm überhaupt nicht. Und da seine eigenen Söhne frühzeitig gestorben waren, beschloss er nun, seinen austrischen Neffen zu adoptieren, Brunhildes Sohn Childebert. Der sollte ihn nach seinem Tod beerben.

Das war mehr, als Fredegunde ertragen konnte. Doch alle Pläne, Brunhilde und ihren Sohn hinterrücks umbringen zu lassen, liefen ins Leere. Tatenlos musste sie stattdessen mit ansehen, wie Childebert nach Gunthramms Tod 593 tatsächlich vom Adel Austriens und Burgunds auf den Schild gehoben und zum neuen König der beiden Teilreiche ausgerufen wurde. Nicht mehr erfahren sollte Fredegunde allerdings, ob Brunhilde am Ende gesiegt hatte. Sie starb nur drei Jahre später – ganz friedlich in ihrem Bett, vermutlich an den Folgen einer Krankheit. In der Pariser Kirche des hl. Germanus (heute St. Germain des Prés) fand sie ihre letzte Ruhestätte.

Etwas mehr als fünfzig Jahre währte Fredegundes Leben, ein Leben, das über Jahrzehnte von beispiellosem Hass und großem Aufstiegswillen geprägt war – und diesen Hass sollte sie ihrem inzwischen zwölfjährigen Sohn Chlotar II. weitervererbt haben. Der würde nun den Kampf seiner Mutter gegen Brunhilde fortsetzen und zu einem Ende bringen – zu einem blutigen Finale.

In Fredegundes Todesjahr 596 starb indessen auch Brunhildes Sohn Childebert II., König von Austrien und Burgund, im Alter von nur 26 Jahren. Er hinterließ zwei unmündige Söhne, die jetzt, zumindest nominell, seine Nachfolge antraten: Der zehnjährige Theudebert II. in der austrischen Moselstadt Metz und sein jüngerer Bruder Theuderich II. in Châlonssur Saône in Burgund. Damit war das erst vor wenigen Jahren geeinte Reich wieder auseinandergebrochen. Doch der gemeinsame Kampf gegen Neustrien ging weiter.

Unter der Vormundschaft ihrer Großmutter Brunhilde eröffneten die beiden Kinderkönige den Krieg gegen ihren neustrischen Onkel Chlotar II., der auch nur wenige Jahre älter war als sie selbst. Tatsächlich gelang es ihnen, das gegnerische Aufgebot in der Schlacht von Dormelles um 600 vernichtend zu schlagen und sich weite Teile Neustriens einzuverleiben.

Aber Theudebert und Theuderich wären wohl keine echten Merowinger gewesen, hätten sie sich dauerhaft vertragen. Die Gründe für das Zerwürfnis der Brüder sind nicht weiter bekannt. Brunhilde jedenfalls schlug sich auf die Seite des jüngeren Enkels Theuderich von Burgund. Die Entscheidung im Bruderkrieg fiel in der Schlacht von Zülpich bei Köln, einem höchst blutigen Gemetzel: „Es wurden, als die Heere aufeinanderprallten und miteinander kämpften, so viele getötet, dass die Leichen keine Möglichkeit hatten, umzusinken; die Toten blieben vielmehr dicht nebeneinander stehen, als ob sie lebten“, berichtet der Chronist Fredegar, der nach dem Tod Gregors die fränkische Geschichtsschreibung weiterführte. Als Sieger aus der Schlacht ging der Burgunder Theuderich hervor, dessen Truppen auch durch Angehörige des neustrischen Adels verstärkt waren. Der unterlegene Theudebert floh unterdessen nach Köln und hoffte, sich hier verstecken zu können. Das aber war keine gute Entscheidung! Die Bewohner der Stadt fürchteten nämlich nicht zu Unrecht, der siegreiche Burgunder könnte Rache nehmen, wenn sie seinem Bruder Asyl gewährten. Deshalb griffen sie selbst zum Schwert, töteten den König von Austrien (612) und schickten seinen Kopf als Trophäe an den siegreichen Theuderich. Der kam daraufhin unverzüglich nach Köln, riss sich den reichen Schatz seines Bruders unter den Nagel und ließ sich von den Bewohnern huldigen. Jetzt war Theuderich König von Austrien und Burgund. Allerdings gab es noch die Neffen, Söhne seines toten Bruders. Um ganz sicher zu gehen, machte er sich auf den Weg nach Metz, um auch diese legitimen Thronanwärter aus dem Weg zu räumen. Skrupel kannte Theuderich nicht. Wie es in der Fredegar-Chronik heißt, wurde der Jüngste, der noch das Taufkleid trug, „von einem Mann am Fuß gefasst und gegen einen Stein geschlagen. Das Hirn spritzte aus dem Kopf und er gab seinen Geist auf“.

Brunhilde mochte das grausame Schicksal ihrer Urenkel bedauern, doch politisch gesehen hatte sie allen Grund zur Freude. Ihr großes Ziel, die Wiedervereinigung aller drei Reichsteile, war in greifbare Nähe gerückt! Doch im Augenblick des Triumphes nahm das Familiendrama wieder einmal eine unverhoffte Wendung: Der siegreiche Theuderich starb völlig unerwartet in seiner neuen Königsstadt Metz. Wie sein Vater war auch er nur 26 Jahre alt geworden. Brunhilde aber, mittlerweile eine Greisin, gab nicht auf, auch wenn ihr nicht viel Zeit blieb.

Gefährliche Verwandtschaft

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