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Vorwort – „Das kommt in den besten Familien vor“

Dass Streit in den besten Familien vorkommt, ist eine Binsenweisheit. Da kann es passieren, dass die Beteiligten Jahre nicht mehr miteinander sprechen oder sich gegenseitig enterben, doch größere Dimensionen nehmen die Dinge im Normalfall selten an. Anders sieht es aus, wenn es sich bei den „besten Familien“ um Mitglieder eines Fürstenhauses handelt. In diesem Fall können Streit und Intrigen mitunter große politische Folgen haben. Bündnisse werden aufgekündigt und Kriege vom Zaun gebrochen. Nicht immer, aber auffallend oft heißt es in solchen Fällen cherchez la femme, was im Deutschen so viel heißt wie: Da steckt immer eine Frau dahinter. Das bedeutet keinesfalls, dass die Damen von Natur aus hinterhältiger wären als die Herren der Schöpfung. Da den meisten aber jahrhundertelang die direkte Beteiligung an politischen Entscheidungen versagt war, griffen sie schon gerne einmal zu Tricks und Intrigen.

Das fing bereits im frühen Mittelalter an, zu einer Zeit also, in der man dem weiblichen Geschlecht noch nicht mal das eigenständige Denken zutraute. Körperlich und geistig dem Mann unterlegen, galten Frauen in den Augen der Kirchenväter bestenfalls als „notwendiges Übel“. Denn schließlich waren sie nötig, damit die Menschheit nicht ausstarb. Die Wirklichkeit indes sah anders aus: Schon damals wussten die Frauen genau, was sie wollten, und ersannen alle möglichen Mittel, ans Ziel ihrer Wünsche zu kommen. Selbst vor Mord und Todschlag schreckten die Damen nicht zurück. Ein schlagendes Beispiel weiblichen Durchsetzungsvermögens ist der Streit der Merowingerköniginnen Brunhilde und Fredegunde, der letztlich sogar die ganze Dynastie in den Abgrund riss.

Aber nicht immer hatte ein Familienkrach derart nachteilige Folgen. Es kann wie bei Eleonore, der Erbin von Aquitanien, auch anders kommen. Als diese beschlossen hatte, sich von ihrem Mann Ludwig VII. von Frankreich zu trennen, um den späteren englischen König Heinrich II. aus dem Hause Anjou-Plantagenet zu heiraten, sollte sich die komplette europäische Machtkonstellation zugunsten Englands verschieben. Das reiche südfranzösische Aquitanien gehörte jetzt plötzlich zum Inselreich.

Glück im Unglück hatte auch die preußische Prinzessin Wilhelmine, bekannt als Lieblingsschwester Friedrichs des Großen. Um einen langwierigen Familienkrieg am Hohenzollernhof zu beenden, heiratete sie auf Wunsch ihres Vaters Friedrich Wilhelm I. den eher bedeutungslosen Erbprinzen von Bayreuth. Zunächst fiel es ihr schwer, sich in der fränkischen Provinz einzuleben. Als sie jedoch wenige Jahre später an der Seite ihres Gemahls zur Markgräfin aufstieg, bot sich der kunstsinnigen Wilhelmine ein reiches Betätigungsfeld. Noch heute sind die Bayreuther stolz auf die prachtvollen Bauten, die ihre Landesherrin einst errichten ließ, vor allem auf das berühmte Opernhaus, das zu den schönsten Hoftheatern Deutschlands gehört.

Weil die Erbfolge und der Zugang zur Macht in den „besten Familien“ die größte Quelle der Zwietracht bildeten, wurden gelegentlich krasse Methoden ersonnen, Nebenbuhler aus dem Feld zu räumen. Bis heute geheimnisvoll ist die Identität des jungen Mannes, der 1826 in Nürnberg auftauchte und sagte, er hieße Kaspar Hauser. War er womöglich der Erbprinz von Baden, den die ehrgeizige Witwe des Großherzogs kurz nach der Geburt beiseitegeschafft hatte, um ihren eigenen Söhnen den Weg zum Thron zu ebnen? Kränkung, Neid und politischer Ehrgeiz konnten als Motivation sehr viel bewirken. War das auch hier der Fall?

Doch auch die Herren bei Hofe scheuten keineswegs vor üblen Tricks zurück. Ein Opfer solcher Machenschaften wurde Bayernkönig Ludwig II., den Minister und Verwandtschaft kurzerhand zum bauwütigen Geisteskranken erklärten, in geradezu krimineller Weise entmündigen und absetzen ließen. Dass er durch seinen tragischen Tod im Starnberger See gleichsam „unsterblich“ wurde, konnten damals weder die Wittelsbacher noch die bayerischen Untertanen ahnen.

Mit einem „blauen Auge“ kam Deutschlands letzter Kaiser Wilhelm II. davon, als durch eine Intrige bekannt wurde, dass sich sein Beraterstab weitgehend aus Homosexuellen zusammensetzte. Um nicht selbst in den Verdacht zu geraten, homophile Neigungen zu haben, ließ Wilhelm damals sogar seinen besten Freund Philipp von Eulenburg auf unschöne Weise fallen. Der Skandal geriet allmählich in Vergessenheit, doch das Imageproblem blieb. Wilhelms Thron begann schon Jahre vor dem Untergang der Hohenzollernmonarchie bedenklich zu wackeln. Wer die Intrige gegen den Kaiser angezettelt hat? Möglicherweise seine eigene Schwester. So etwas soll vorkommen …

Gefährliche Verwandtschaft

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