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6. Levi

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Silvia

Ich ging lange nicht nach Hause, wie ich es geplant hatte, aber ich half auch nicht, wie es eigentlich von mir verlangt worden wäre. Ich stand da und betrachtete die beiden Penner, den Dicken, der nun den auf den Boden Gefallenen erstaunt anschaute. Dieser lag nun regungslos auf dem Gesicht, nachdem er kopfüber von der Parkbank gestürzt war. Der Dicke ließ die Zigarre fallen, als er sich verwundert vornüber beugte und diesen an der Schulter rüttelnd bewegen wollte, wieder aufzustehen. Der andere, der Gefallene, rührte sich nicht und zwischen seinen Beinen bildete sich eine Pfütze von Urin, nachdem sich seine Blase entleert hatte. Die Bierflasche war davongerollt und eine kleine Blutspur bildete sich dort, wo seine Nase auf das Gehsteigpflaster aufgeschlagen war. Der Dicke schaute sich Hilfe suchend um, ich sah weg. Irgendwer musste wohl den Notarzt verständigt haben, wie ich im Weggehen feststellte, denn von der Ferne hörte man ein Martinshorn nahen.

Ich ging durch den Park, den Kopf gesenkt. Natürlich hätte ich helfen müssen, hätte hingehen, den Puls fühlen müssen, Verletzungen begutachten, Hilfe organisieren, in geschäftigem und routiniertem, sozial akzeptiertem mitfühlendem Helfen aufgehen müssen. Aber dieser Gedanke fand keinen Boden, er sank in die unendliche Tiefe meiner verwirrten Abneigung gegen jede professionelle Anforderung. Im Gegenteil. Ich wollte, dass der Gefallene Tod sein sollte, erlöst aus seiner brüchigen Existenz. Außerdem hasse ich Situationen mit Herzmassage und anderen Wiederbelebungsversuchen bei Menschen, die eigentlich nicht existieren sollten, die nach Verwesung stanken, noch während sie lebten.

Wie lange ich dort herumgelaufen war im Park, kann ich gar nicht mehr sagen. Ich versuchte, mich krampfhaft zu erinnern, wie das Siegel eigentlich in mein Leben getreten war, wo der Anfang zu suchen ist und ich fand keinen. Immer wenn ich dachte, nun den Beginn der Ereignisse erfasst zu haben, dann fand der Gedanke ein logisches Schlupfloch, einen früheren Zeitpunkt, der mit bedacht werden musste, wollte man Ursache und Wirkung wirklich ergründen.

Aber immer wieder trat mir das Bild von Silvia vor Augen. Silvia, die damals ebenso wenig ahnte wie ich, welche Folgen unser Zusammentreffen später haben würde, Folgen für die ganze Welt, auch Deine Welt, weißt Du?

Ich erinnere mich an fürchterliche Kopfschmerzen, nachdem wir zum ersten mal Sex miteinander hatten. Ich hielt mir den schmerzenden Schädel und drehte mich von ihr weg. Sie schimpfte mich deshalb aus, weil sie mutmaßte, ich wolle mich ihr unter einem Vorwand entziehen.

Ich litt eigentlich niemals an Kopfschmerzen als Student. Noch kurz vorher war ich in sie eingedrungen, ein wenig neugierig und ängstlich, nachdem sie mich mit den Worten aufgefordert hatte: "Wollen wir es mal versuchen - miteinander?" Natürlich wollte ich, deshalb war ich ja mit auf ihr Zimmer gegangen. Allerdings hatte mich die Direktheit ihrer Frage schon ein wenig überrascht. Eigentlich sollte es wohl anders herum sein, so war mir jedenfalls eingeredet worden. Überhaupt war Silvia eine Erlösung aus meiner armseligen, spießbürgerlichen, lustfeindlichen Existenz. Die Erlösung von einer frustriert verklemmten Elternbevormundung voller unausgesprochener Erwartungen, voller kontrolliertem Hass auf den anderen, den Ehemann, meinen Vater, voller antrainierter christlicher Prüderie, die die Seele auffraß, anstatt sie zu kultivieren, voller Schrecken vor den Dämonen der Lust und Lebensfreude.

Silvia mit ihren grellrot geschminkten Lippen, ihren kurzgeschnittenen strohblonden Haaren und ihrem schwarzen Lackmantel. Das genaue Gegenteil meiner Kommilitoninnen und strebsamen, langweiligen Mitstudentinnen oder aber den Ökoschlampen in ihren rosafarbenen Latzhosen mit dem Emanzengetue.

Silvia nahm mich mit in ihr Appartement, welches sie alleine bewohnte und anstatt mit dem Fahrrad oder der Bahn, wie gewohnt, fuhren wir mit dem Taxi, welches sie bezahlte, aßen in Restaurants ausgefallene Gerichte, die sie ebenfalls bezahlte, anstatt in der Mensa eine Essensmarke für 1,50 Mark gegen todgekochten Fraß einzutauschen. Ich ließ es mir gefallen, obwohl es ein wenig weh tat, mich ein wenig demütigte, dass nicht ich es war, der sie einlud, sondern ich mich aushalten ließ, wo ich es doch so sehr wollte, sie zu besitzen, wie man einen interessanten Gegenstand besitzen möchte.

Ich will nicht sagen, dass Silvia besonders interessant war. Ihre Konversation beschränkte sich auf wenige sinnvolle oberflächliche Sätze, das nahm ich hin, denn sie trug das Geheimnis in sich, welches ich zu ergründen suchte, das Geheimnis der Muttergöttin, des Weibes und eben des exotischen Andersartigen, durch das ich wiedergeboren werden wollte.

Ich hatte es mir jedoch anders vorgestellt. Bereits das Entkleiden war ohne jede Spannung geschehen, die Kleider irgendwo über den Boden verstreut mit dem Ziel beieinander zu liegen, ohne jede Zärtlichkeit oder wahre Hingabe. Immerhin reagierte mein Penis programmgemäß und ich drang in sie ein, ohne Widerstand zu spüren.

Jetzt weiß ich, dass ich damit mehr tat, als mir damals bewusst war. Ich verband ihre Welt mit meiner Welt, verspeiste ihren Körper und sie den meinen. Dem gespielt lustvollen Beginn gab sie sich nach wenigen Minuten des gegenseitigen Spürens plötzlich mit einer Welle von Schreien hin, die aus einer verzweifelten Tiefe herrühren mussten und voller Schmerz waren. Ich hielt vor Schreck in meinen Bewegungen inne und beobachtete sie, wie sie den Kopf von einer Seite zur anderen warf, ganz von Sinnen und immer wieder schrie, ich solle von ihr lassen, solle weggehen. Meine unsichere Frage "Was ist los mit dir?", ging in ihrem Rasen unter und ich bemühte mich, sie durch Zureden und Streicheln zu beruhigen, was erst nach einer ganzen Weile gelang. Sie hörte auf zu hyperventilieren und ihre Hände und Lippen verloren allmählich den Krampf, der sie erfasst hatte.

Ich legte mich mit diesen plötzlichen, entsetzlichen Kopfschmerzen neben sie und rührte mich eine Weile nicht. Eine raue Bewegung ihrer Hand an meiner Schulter erschreckte mich und verwundert nahm ich wahr, dass sie zornig war, als ich ihr meine Kopfschmerzen erklären musste.

Die Aufklärung dieses Ereignisses kam etwas später in einem arabischen Restaurant, welches wir danach aufsuchten, um uns wieder zu finden. Sie berichtete mir von ihrem Vater, der sie als kleines Mädchen missbraucht hatte, und ihrer Mutter, die davon wusste, es jedoch verleugnete. Im Gegenteil, wie ich später erfuhr, war Silvia nicht etwa die Bürohilfe, die sie vorgab zu sein, sondern eine "freischaffende" Prostituierte, die ihre Eltern mit Geld und Geschenken überhäufte, was diese gerne geschehen ließen. Einfältige, geordnete Bürgerlinge ohne geistige Tiefe und ohne Würde.

Genau wie ich, der es sich gefallen ließ, durch die Aufnahme in der Unterwelt der Prostitution meinem Elternhaus entwachsen zu sein, Vater und Mutter mit jedem Beischlaf, der sehr willig gegeben wurde, zu ohrfeigen und zu töten.

Ihr schüchternes "Ich muss dir etwas sagen, weil ich nicht länger lügen kann!", und "Jetzt magst du mich bestimmt nicht mehr!", nachdem sie mich eingeweiht hatte, ging in meinem entrüsteten "Klar, mag ich dich noch!", unter, auch wenn es mir einen Knoten im Magen bescherte, gleichzeitig aber die Gewissheit aufkommen ließ, dass nun alle meine unerreichbar scheinenden sexuellen Träume mit einer Leichtigkeit Erfüllung finden würden, dass mir ein wenig schwindelte.

Überhaupt war und bin ich der Meinung, dass nur eine Prostituierte eine wirklich verehrenswerte Frau ist, eine Frau, die in der Lage ist, ihre Weiblichkeit zu jeder Zeit bereitwillig zu verschwenden an den Mann, im schöpferischen Akt der Liebe und des Aufgehens im Augenblick des ekstatischen Glückes. Die den Mann bereitwillig aufnimmt, auf dass er sich ihr hingebe. Ich habe nie verstanden, wieso die katholische Kirche so ein Geschrei um die "unbefleckte Empfängnis" Marias macht, als wenn der Sexualakt, also die Vereinigung zweier Körper und Seelen im Moment der sexuellen Ekstase, ein schmutziger, verabscheuungswürdiger Akt sei und nicht der Ausdruck der Schöpfergottheiten, wie auch immer sie genannt werden mögen, selbst.

Ich war also auf das höchste entzückt, wie die Dinge liefen und gleichzeitig beleidigt, dass sie nicht dem Standard entsprachen.

Die nachfolgende Zeit eröffnete sich mir eine ganz neue Welt. Da war einmal die Leichtigkeit, mit der Silvia unglaubliche Mengen Geld verdiente, indem sie jede Moral in den Wind schlug, wie sie von ihrer "Arbeit" sprach, wenn sie ihre Tätigkeit als Prostituierte meinte, wie sie die zudringlichen Zuhälter abhielt, ihr Gewalt anzutun, die Hausmeister der angemieteten Appartements beruhigte, die mit Beschwerden gutmenschlicher Anwohner zu ihr kamen und nicht zuletzt ihre ganz biedere, verzweifelte Sehnsucht nach einem Heim, einen normalen Freund und einem ganz bürgerlichen, spießigen Leben. In diesem ihrem Traum stellte ich Letzteres dar und als mir dies bewusst wurde, begann der Bruch zwischen uns. Sie wollte dahin, wo ich gerade herkam.

Ich begann, andere Frauen neben ihr zu haben, was zu derartigen explosiven und gewalttätigen Eifersuchtsszenen führte, dass ich kurzentschlossen all meine studentischen Habseligkeiten in einen VW-Bus packte und nach Italien floh.

Sizilien, wo ich der Vision eines Cannabisrausches folgend, nach einem weißen Haus mit ionischen Säulen suchen wollte.

Dies, glaube ich, war genau der Beginn, als das Siegel in mein Leben zu treten begann.

Derart in meinen Erinnerungen tastend, erreichte ich ein Café, bei welchem ich fast die Tür einrannte, da ich deren Glasscheibe übersah, jedoch mein Spiegelbild erkannte, kurz bevor ich schmerzhaft mit dem Kopf dagegen stieß.

Beim Zurücktaumeln kam mir schlagartig Stromboli in Erinnerung. So war es auf der Bergspitze des Vulkans, der in unsere Richtung explodierte.

Ich hatte mich in Vulkano, einer kleineren der aeolischen Inseln mit meinem VW-Bus eingerichtet und ein leidlich freundschaftliches Verhältnis zu einigen Insulanern gefunden, die mich zuerst misstrauisch beäugten, als ich länger blieb wie die übrigen Touristen zu der Jahreszeit. Es war November oder Dezember, glaube ich. Sie sahen mich zuerst offenbar irgendwie als Eindringling in ihre private Welt an, von der sie nach der Abreise der letzten Touristenmassen von der Insel wieder Besitz ergriffen. Der kleine, nach Schwefelgasen und faulen Eiern riechende Hafen beherbergte zwei Restaurants, ein größeres zur linken, das für die Touristenströme eingerichtet war, und ein kleines direkt am Hafenbecken, für die Angestellten der Fähren und die Einheimischen. Über das größere, dessen Namen mir entfallen war, herrschte Emilio, ein typischer sizilianischer Macho und über Emilio herrschte Josefina, seine Frau, von ihrem Haus aus, welches in Sichtweite der Restaurantbar lag. Dort lernte ich ein deutsches Studentenpärchen kennen. Sie waren auf dem Weg zum einzig ununterbrochen tätigen Vulkan Europas, dem Stromboli. Ich schloss mich ihnen an.

Dort angekommen, begannen wir am frühen Morgen, bewaffnet mit Schlafsack, Verpflegung und zwei Flaschen Marsalawein, den Aufstieg auf den 900 Meter hohen Vulkankegel. Dieser war nicht sehr beschwerlich, da ein gut ausgetretener Pfad den Weg zum Hügel markierte.

Je höher wir kamen, desto heftiger vernahmen wir das Fauchen und Brausen der Vulkanschlote, desto stärker wurde das Beben unter den Füßen, sobald diese ihre Dämpfe düsenstrahlähnlich in die Lüfte entließen. Wir überquerten kurz vor dem Gipfel einen Pass, durch den giftige Schwefeldämpfe zogen. Nur unserer jugendlichen Leichtfertigkeit war es zu verdanken, dass wir weitergingen und die Stelle unbeschadet passierten, indem wir einfach die Luft solange wie möglich anhielten. Hinterher lagen wir lachend auf dem Gipfel und genossen den wunderbaren Blick auf das aeolische Meer und die unregelmäßig verteilten zuckerhutartigen Erhebungen der anderen Vulkaninseln.

Zum eigentlichen Schlot ging es wieder ein wenig bergab und um den gewaltigen Krater führte ein schmaler Grat, der auf der einen Seite zum aschebedeckten Bergrücken und auf der anderen Seite in den tödlichen Schlund des Vulkanschlotes abfiel. Dort lagerten wir, wie auch einige andere Wagemutige übrigens, und warteten auf die Nacht.

Wir vertrieben uns die Zeit damit, zu raten, welcher der vier sichtbaren Schlote als Nächstes seinen Inhalt in Form gelbbrauner, weißer oder grauer Gaswolken, vermischt mit kleinen Bocken rotglühender Lava entlassen würde. Die meisten Eruptionen gingen in Richtung Meer, so dass wir uns relativ sicher fühlten. Auch tat der schwere Marsalawein ein Übriges. Nur dies kann erklären, warum wir es nächtens irgendwann einmal wagten, näher zum Kraterrand heranzugehen, denn von unserem Lagerpunkt aus konnten wir zwar den Dampf, nicht jedoch die rotglühende Lava auf dem Grund des Kessels erblicken.

Der Vulkan wurde auf einmal merkwürdig ruhig. Die vorher so eifrige, fast regelmäßige Aktivität, die Erschütterungen des Bodens ließen nach, das Düsenjetgeräusch der entlassenen Gase und Gesteinsbrocken verstummte. Als dies einige Minuten anhielt, machten wir uns auf, den Grat hinunter zu verfolgen, bis wir einen besseren Einblick in den Kessel erhalten würden.

Ich weiß nicht, was mich warnte. Ich weiß nur noch, wie sich ein Gedanke plötzlich wie ein Fremdkörper in meinem Gehirn formte, der mir wie eine fremde Stimme vorkam und mir das Bild eines explodierenden Dampfkessels eingab. Mir wurde plötzlich geradezu körperlich bewusst, welch ungeheurer Druck sich im Inneren des Vulkans aufbauen musste, wenn das Ventil, welches die vier rauchenden Schlote darstellten, verstopft wäre. Dies drang mit solcher unerwarteten Klarheit durch meinen Alkohol geschwängerten Geist, dass ich unvermittelt stehen blieb und schrie: "Weg, zurück, der explodiert gleich!", und mich zur Flucht umdrehte. Dies geschah keine Sekunde zu früh. Ich war noch keine 20 Schritte wieder den Pass hinauf geeilt, da erhob sich der Vulkan gegen uns mit einer derartigen Wucht, dass ich einige Meter weiter geschleudert wurde und zu Boden fiel, während kartoffeldicke rotglühende Lavabrocken um mich herum nieder stürzten. Meine Begleiter hatten nicht so viel Glück. Das Mädchen wurde von einen Brocken direkt hinter ihrem Ohr getroffen mit der Folge, dass sofort eine dicke Brandwunde entstand, sämtliche Haare im Umkreis von gut 5 cm verkohlt waren, und der junge Student hatte über und über Brandlöcher in seiner Kleidung zu beklagen. Auch von den anderen, noch dort verbliebenen Schaulustigen hörten wir Geschrei und Wehklagen. Wie durch ein Wunder kam niemand zu Tode. Der Vulkan hatte nur mit dem Finger gedroht.

Weshalb wir dennoch nicht, wie manche andere, den sofortigen Abstieg begannen, ist mir bis heute rätselhaft und mag nur unserer jugendlichen Naivität zuzuschreiben sein, aber irgendetwas fesselte uns an diesen Ort und so warteten wir den beginnenden Morgen hoch oben auf dem Grat ab. Der Vulkan hatte sein gemächliches Fauchen und Zischen wieder begonnen.

Meine Begleiter waren sogar trotz der Brandwunde des Mädchens, welches, glaube ich, Sabine hieß, ein wenig eingeschlummert und lagen einander in den Armen. Ich hingegen wartete den Sonnenaufgang ab.

Die Sonne begann ihre Bahn ganz weit hinten am Meereshorizont in meinem Rücken und ich blickte auf die Dampffontänen, die nun recht gleichmäßig und träge aus dem Schlot aufstiegen, so als habe auch der Vulkan geruht.

Dann entdeckte ich plötzlich meinen eigenen Schatten, angestrahlt durch die in meinem Rücken aufgegangene Sonne, auf einer großen, grauen, gemächlich entschwindenden Dampffontäne, sah den Schattenriss meines eigenen Körpers sich im Dampf des Vulkans auflösen, eine Allegorie der Flüchtigkeit meiner Existenz ... und verlor das Bewusstsein.

Ich erwachte davon, dass mich jemand an der Schulter schüttelte, wollte jedoch nur unwillig wieder zurückkommen, denn ich hatte wunderbare Träume, die mein Wiedererwachen begleiteten und meine Seele mit einem berauschenden Glücksgefühl durchfluteten.

Ich hatte die Pforte des Todes betreten und es war nicht Angst, die mich geschüttelt hatte, nicht Panik, es war im Gegenteil freudiges Einverstandensein, ja Sehnen, endlich diese Welt hinter mir zu lassen, Glücksgefühl und Freude. Dann fiel ein Schleier vor mir und ich stellte mit Bedauern fest, dass ich zurück musste. Eine so tiefe Enttäuschung ergriff mich, dass ich wohl weinend aufgewacht sein musste. "Wir müssen! Fehlt dir was?", fragte mich die besorgte Stimme meines Begleiters, in die sich Erleichterung mischte, als ich mich regte. "Mensch, hast du fest geschlafen! Sabine geht es nicht gut, sie hat große Schmerzen am Kopf." Wir machten uns auf, den Vulkan wieder hinabzusteigen. Dies jedoch einfach dadurch, dass wir den Aschehang 900 Meter hinunter schlidderten anstatt den längeren Fußweg zu nehmen. Unten angekommen suchten wir einen Insulaner, der bereit war, Sabines Wunde notdürftig zu säubern, bevor wir die nächste Fähre bestiegen, die uns zurück nach Vulcano brachte.

Von da an begannen die merkwürdigen Träume, die mir Visionen von filigranen Strukturen gaben, welche nicht zu beschreiben waren. Der Berg hatte zu mir gesprochen.

Da ich aufgrund meines langen Aufenthalts in Sizilien durch die Examensprüfung fiel, hatte ich in der Nachfolge genügend Zeit, die Träume zu analysieren, oder vielmehr, ihnen nachzuspüren. Denn sie waren auf eine unbeschreibliche Weise unkörperlich. Schließlich begann ich, einige der Strukturen, die ich wieder und wieder sah, aufzuzeichnen. Nein, so war es auch nicht, ich begann aufzuzeichnen, was von den Träumen an Form in meiner Erinnerung geblieben war, denn, was ich erlebte, war ganz und gar nicht von dieser Welt und konnte weder in Worte noch bekannte Formen übersetzt werden. So entstand das Siegel.

So in Erinnerungen versunken ertappte ich mich dabei, dass ich einen Kellner, der herbeigeeilt war, weil er meinen Unfall an der Tür gesehen hatte, verständnislos anstarrte, bis ich den Sinn der Frage, ob er einen Arzt rufen solle, verstand. Ich lächelte, verneinte, drehte mich um und durchstreifte ziellos die Stadt.

Der Tanz der Bienen

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