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23. Konvent

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Schlechte Nachrichten

Das Telefon klingelte zum wiederholten Male mit einer Penetranz, dass Meisner sich nun doch entschloss, seine Grübeleien einzustellen und den Anruf anzunehmen.

"Ja?"

Eine schnarrende Männerstimme antwortete mit:

"Nichts!"

"Nichts?"

"Aber es muss doch einen Hinweis geben!", beharrte Meisner.

Eine Weile war nur das Rauschen der Telefonleitung und das leise Atmen am anderen Ende zu hören.

"Nun, ich konnte nicht zu ende suchen, die Zielperson kam vorzeitig zurück!"

Meisner erstarrte.

"Was soll das heißen?"

"Das soll heißen, dass ich nicht alles durchsuchen konnte, weil die Zielperson vorzeitig zurückkehrte."

"Wurden Sie gesehen?"

Es trat eine kleine Pause ein.

"Ich fürchte, ja."

Das waren schlechte Nachrichten. Wieder eine Panne, die nicht hätte geschehen dürfen. Meisner trommelte nervös mit den Fingern auf den Schreibtisch.

"Wieso wurden Sie nicht rechtzeitig gewarnt?"

"Ich war allein!"

"Allein, zum Teufel, wo ist ihr Partner?"

"Ich fürchte, er ist ausgestiegen!"

Meisner schnaubte.

"Mann, sind Sie wahnsinnig geworden? Warum haben Sie mich nicht verständigt?"

Wieder Schweigen am anderen Ende.

Meisner kam ein übler Verdacht.

"Was hat man Euch gezahlt, dass ihr so einen Bockmist baut?"

"Ich muss doch sehr bitten!"

"Wie viel?", brüllte Meisner in den Telefonhörer.

Das Tuten im Hörer signalisierte, dass der Sprecher am anderen Ende der Leitung aufgelegt haben musste.

Er sprang so schnell von seinem massiven Schreibtisch auf, dass der Stuhl gegen die Wand krachte.

Das Herz krampfte sich ihm zusammen, als habe eine eiserne Faust es im Griff und presste es aus wie eine Zitrone.

Meisner schwankte und schnappte nach Luft.

Schnell entnahm er seiner Hosentasche das Notfallspray und gab sich einige Hübe in den Mund.

Das Zeug schmeckte bitter, aber der Krampf ließ wenig später ein wenig nach.

Er musste sich doch wohl wieder einer Herzkatheteruntersuchung unterziehen, um die Durchblutung in seinen Kranzarterien verbessern zu lassen.

Blass, nicht nur vom Herzschmerz, sondern auch aus Ratlosigkeit stützte er sich mühsam an der schulterhohen Stuhllehne seines altehrwürdigen Schreibtischstuhles ab. Eines kunstvoll gedrechselten Lehnstuhles, den schon mehrere Generation von Vorgängern benutzt hatten.

Die ganze Angelegenheit war ihm bereits seit einiger Zeit entglitten.

Dabei schien alles am Anfang so einfach zu sein. Herold hätte, als Katholik im protestantischen Norden, ein möglicher Aspirant als Verbindungsmann zum Vatikan sein können.

Nicht nur war ihm die Weiterarbeit in dieser Sache aus der Hand genommen worden, so dass der jetzige Fehlschlag das Fass zum Überlaufen bringen würde. Denn, auch wenn seine verzweifelte Intention, sich gegenüber dem Konvent durch einen Erfolg zu rehabilitieren, den Ausschlag gegeben hatte, genaugenommen durfte er den Auftrag, die Geliebte des ermordeten Professors auszuforschen, gar nicht mehr vergeben und schon gar nicht an die beiden Nullen, die schon einmal so kläglich versagt hatten.

Jetzt war Herold tot, was ganz sicher nicht in seiner Absicht stand, es gab Ermittlungen über Ermittlungen, eine Entführung, die auch nicht so geplant war, und die verpatzte Durchsuchung einer Wohnung. Die Folge einer Intrige, gewiss. Er war auf ganzer Linie gescheitert. Eine gescheiterte Existenz. Vernichtet.

Was noch schlimmer war als dieses Versagen, war die Tatsache, dass offensichtlich weitere Kräfte im Spiel waren, die skrupellos genug zu sein schienen, über Leichen zu gehen.

Unbekannte Interessengruppen, die verhindern wollten, dass die falschen Leute an die Schaltstellen der Bruderschaft gelangten.

Aber wer könnte ein solches Interesse an der Angelegenheit haben, dass er nicht einmal vor Mord zurück-

schrecken würde?

Er konnte niemanden mehr trauen!

Es war nicht einmal sicher, dass seine beiden Auftragnehmer nicht von Anfang an ein Doppelspiel gespielt hatten und der Mord sehr wohl auf ihre Rechnung ging, er mit den Fehlschlägen nur kompromittiert werden sollte.

Wenn dem so war, mussten ganz hohe Einflusssphären in die Angelegenheit involviert sein.

Aber warum nur?

Was war an der Tatwaffe nur so Besonderes und was an dem Posten des Vizegroßmeisters irgendeines zweitrangigen Ordens, der nicht einmal das Wohlwollen des Heiligen Stuhles besaß, sondern lediglich geduldet wurde?

Natürlich waren ihm die Intrigen der verschiedenen Lobbygruppen bekannt und er wusste sehr wohl, dass es oft nicht um konkrete Ergebnisse ging, sondern lediglich darum, bei allen Mitbewerbern um die Macht präsent zu sein, so wie ein Supermarkt die Nähe der Konkurrenz bevorzugte, auch wenn dies kurzfristig kein wirtschaftlicher Vorteil war.

Machtdenken folgt eigenen Gesetzen, die für den Außenstehenden oft nicht nachvollziehbar waren. Und oft genug war er Handelnder oder Beauftragter, wenn es darum ging, für die katholische Kirche Einflusssphären zu sichern.

Aber Morde standen eindeutig nicht auf seiner Agenda.

Aber auch nicht auf seiner Agenda stand, auf eine Mauer des Schweigens zu stoßen, wenn er mit einer Aufgabe wie dieser von höherer Stelle beauftragt wurde. Einfach abserviert zu werden!

Er musste in irgendein Fettnäpfchen getreten sein, ohne es zu bemerken oder er war jemandem ganz oben nur lästig geworden und konnte abtreten.

Ergebnislos grübelnd ließ er sich wieder in seinen Sessel sinken, aus dem er sich nie wieder erheben sollte. Das letzte, was er sah, war das Muster auf seiner Schreibtischunterlage, ein Muster, ein Ornament von unendlicher Schönheit, voller Lebendigkeit, voller Bewegung, voller nie gekannter Anmut und er sich danach sehnte, nie wieder den Blick von dieser Erscheinung nehmen zu müssen. Dann erlag sein Herz dem Infarkt.

Der Tanz der Bienen

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