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16. Seetraum

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Das leichte Schaukeln machte ihn schläfrig. Ralph Hofkrampe trieb im Ruderboot über den See. Er hatte sich auf den Boden gelegt, sein Badehandtuch zu einer Rolle geformt und sich unter den Kopf gelegt. Die Ruder lagen lose im Kahn und er kam sich vor wie ein Kleinkind in der Wiege.

Das Valuron in seinem Körper entspannte ihn zusätzlich und verhalf ihm zu einer angenehmen Trance. Er durfte das, sagte er sich, es war Sonntagnachmittag und er hatte endlich Wochenende.

Der Bereitschaftsdienst am Sonnabend war langweilig, bis auf einen Anruf aus dem Haus des alten Eulend, der einen akuten Bluthochdruckanfall hatte. Am Telefon klang es, als ginge es um Leben und Tod, aber es war wie immer nur halb so wild. Der alte Eulend liebte dramatische Auftritte. Nach dem Blutdruckmessen, einer Isosorbitdinitrat-Nitro-Tablette und einem Rezept später wurde es interessant. Eulend erzählte von den Seewiesen. Er hatte große Pläne. Richtig große. Schöne Pläne. Wenn sie sich umsetzen ließen. Einen Horse and Rider Wellness Park. Für "Horse and Rider" war Eulend zuständig. Aber für das Thema "Wellness" suchte er noch einen geeigneten Partner. Ob ihm vielleicht etwas einfiele? Ralph Hofkrampe fiel etwas ein, natürlich. "Geht auch ‚Beauty‘?" hatte Hofkrampe gefragt und der Landwirt hatte geantwortet: "Klar, Beauty passt auch."

Ein Surfer passierte seinen Kahn langsam in geringer Entfernung und das Segel verschattete für einen Moment sein Boot, das leicht schaukelte.

Er reckte sich kurz und checkte, wohin er trieb. Beide Ufer gleich weit weg, nirgendwo ein anderes Boot und die Badestelle war auch außer Hörweite. Er ließ sich wieder auf den Bootsboden sinken. Eigentlich ging es ihm nicht schlecht. Gut, die Ex-Frau nervte und halb Deutschland versank unter einer Flüchtlingswelle, aber hier an diesem netten Flecken war die Welt noch in Ordnung. Und er hatte jetzt eine Perspektive. Er träumte, machte luftleichte Pläne, die für die Dauer eines Flügelschlags durch sein Bewusstsein zogen, um dann im Uferlosen aufzugehen.

Er würde mit seinem alten Freund und Studienkollegen Klaus Sommerfeldt reden. Der war als Student zwar keine Leuchte gewesen und auch an der Universitätsklinik machte er keine besondere Karriere. Aber er konnte ausgezeichnet mit einer wohlhabenden und elitären Klientel umgehen, zu der Ralph Hofkrampe keinerlei Draht hatte. Klaus Sommerfeldt erkannte schon früh die Zeichen der Zeit. Anfangs - als junger Arzt gleich nach dem Studium - korrigierte er Nasen spät abends in der Praxis seines Schwiegervaters. Inzwischen hatte er es zu einer kleinen aber feinen Schönheitsklinik gebracht, mit deren Erfolg er bei ihrem Telefongespräch vor ein paar Tagen mächtig prahlte.

"Vielleicht lässt sich das Konzept ausbauen. Ich kann ja mal mit dem Bürgermeister reden", antwortete Hofkrampe vage auf den Vorschlag des alten Eulend. Ließe sich die Idee durchsetzen, hatte sich der Samstag-Notdienst gelohnt. Wenn er es richtig anging, konnte es seine Rente bedeuten.

Er beobachtete ein paar barocke Kumuluswolken über ihm, genoss das wohlige Schaukeln des Bootes und die Wirkung des Valurons und fand das Leben plötzlich wieder schön. Die sanfte Schaukelei trug ihn weit zurück in seine Zeit auf der Cap Anamur, wo er kurz nach dem Studium Mitte der achtziger Jahre im Chinesischen Meer "Boat People" aus dem Meer gefischt hatte. Er erinnerte sich an das Gefühl, wirklich helfen zu können. Eigentlich, stellte er fest, war es das letzte Mal, dass er etwas wirklich Befriedigendes tat. Er verscheuchte die Gedanken aus dieser Richtung, das lag alles weit zurück und die Zukunft schien Perlen für ihn parat zu haben. Sein Gespräch mit Klaus Sommerfeldt war wichtiger als alte Erinnerungen. "Kennen Sie einen, der Häuser bauen will?", hatte Eulend ihn am Ende des Gesprächs gefragt, aber Ralph Hofkrampe konnte nur mit den Achseln zucken.

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