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17. Alpenglühn

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" Ja, ja, so blau, blau, blau blüht der Enzian,

wenn beim Alpenglühn wir uns wiedersehn", summte Katharina und Wulf Lindau gab seiner betrunkenen Frau einen Kuss. Katharina stolperte in der Mitte des Klassenzimmers und drehte ein paar torkelnde Pirouetten. Die Kerzen flackerten und warfen zuckende Schatten auf die alte Kreidetafel. Das Feuer im Kamin leckte und der Geruch von Rauch mischte sich mit dem Mief von Moder und Staub. Katharina drehte das alte Kofferradio lauter und sang: "Mit ihren ro-ro-ro-roten Lippen fing es an, die ich nie vergessen kann."

"Nüchtern ist sie schüchtern, aber voll ist sie toll." Wulf Lindau goss sich zur Feier des Tages noch einen achtzehn Jahre alten Laphroaig-Malt-Whiskey hinter die Binde und schauderte, als sich der Hochprozentige seinen Weg den Rachen hinunter brannte. "Wieso betrinkt sie sich?", fragte er sich. Sie redete pausenlos nur davon, wie schön es mal werden würde, die Küche, der Garten, das Klassenzimmer, das einmal Wohnzimmer werden sollte, und immer wieder vom Garten. Sie feierte bereits den Bezug eines Gebäudes, das ausschließlich in ihrer Fantasie existierte. Überhaupt, seit wann hörte sie Schlager?

"In der ersten Hütte, da hab'n wir zusammen gesessen, in der zweiten Hütte, da hab'n wir zusammen gegessen, in der dritten Hütte hab' ich sie geküsst, keiner weiß, was dann geschehen ist!", sang sie und fiel ihm lachend um den Hals. Er nahm noch einen Schluck, einen kräftigen, denn den brauchte er. Heute war der Tag der Übergabe des Hauses, ein Grund zu feiern. Mit ein paar Kerzen und dem Feuer im Kamin hatte er versucht, ein wenig Glanz in die Bruchbude zu zaubern, die vielleicht einmal ihr neues Heim werden sollte. Doch schon der Weg bis hierher war steinig. Er hatte den Kaufpreis zwar ein wenig drücken können, aber das brachte nicht viel. Er war zu seiner Steuerberaterin gelaufen und hatte sie dazu gebracht, eine positive Zwischenbilanz zu erstellen, eine, die den aktuellen Auftragsbestand sehr optimistisch beurteilte und alle wirtschaftlichen Wagnisse diskret unter den Tisch fallen ließ. Das Risiko "Teichmann" verschwieg er geflissentlich, dafür waren sein Warenlager und die Summe seiner "geldwerten Vorleistungen" erheblich angewachsen. Das Ergebnis seiner kleinen Bilanzmaniküre konnte sich zwar sehen lassen, aber überzeugte den Kreditberater der Sparkasse Bahlenbrede dennoch nicht vollends. Mit seiner herablassenden Art gab er ihm zu verstehen, wie wenig er von kleinen, kreativen Selbständigen hielt. Für ihn waren sie nur ein Unsicherheitsfaktor, einer, der viel Arbeit und Aufwand kostete und er forderte - natürlich - zusätzliche Sicherheiten.

Katharina und er mussten bei seinen Schwiegereltern antreten und um Geld betteln. Obwohl der Schwiegervater der Sache positiv gegenüber stand, blieb ein schaler Beigeschmack. Er war Bittsteller. Die Arroganz des Finanzberaters machte die Situation nicht besser und als der Finanzierungsvertrag unterschrieben war und sie den Kauf abwickeln konnten, war er schon ziemlich runter auf der Bereifung. Trotz der Kreditzusage waren sie vom Start weg völlig unterfinanziert. Wie die Kosten für den Umbau aufgebracht werden konnten stand in den Sternen. Aber vielleicht geschahen ja noch Wunder. "Wunda gibt es imma wieda, heute oda morgen ..." lallte seine Frau in sein Ohr und das Radio plärrte die passende Schlagerschnulze dazu.

Ach was, es würde schon gehen, irgendwie. Er hatte sie, ihren Optimismus und zur Not noch den Laphroaig.

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